Erstellt am: 28. 10. 2012 - 17:28 Uhr
Ein französisches Hipster-Label feiert 10. Geburtstag
Ständig im Spannungsfeld der Metropolen Paris und London steht das Label von Beginn an für interessante Neuentdeckungen - oft aus dem weiten Feld Indierock-meets-Electropop - und clubtaugliche Remixes. "Wir haben mit Kitsuné von Anfang an langfristig gedacht", sagt Gildas Loaec, der Kitsune-Labelchef. Ein Hipster-Label und Langfristigkeit, schließt sich das nicht aus?
Nein, es kommen ja ständig neue Bands und der moderne Klassik-Stil der Kitsuné-Kleidung, nennen wir ihn ruhig nouveau classique, wird immer hip bleiben. Die drei "E" können also mit etwas Glück weit mehr als dieses erste Kitsune-Jahrzehnt überdauern: Eines steht für Energie, das andere für Euphorie und das dritte für Eleganz. Und dass letzteres Wort ins Kitsuné-Universum passt, da haben wir doch gleich den Beweis: Tom Burke, Sänger der britischen Kitsune-Band Citizens!, hier in der Sommerkollektion des Labels von diesem Jahr.
KItsune
From Electro to Nu-Disco and beyond
Kitsuné feiert also zehnten Geburtstag, da muss natürlich eine Kitsuné-Compilation her. Es handelt sich um Nummer 14, und wenn schon gefeiert wird, dann gleich mit Hochprozentigem: eine Flasche Absinth wurde extra zum Birthday designt, zusammen mit einem französischen Schnapsbrenner, und sie heißt "The Absinthe Edition". Absinth, jenes grüne Wermutgetränk, das lange verboten war. In Frankreich nennt man es liebevoll "fee verte", die grüne Fee.
2005 erschien das erste Beispiel dieser so lebendigen Momentaufnahmen, die die Kitsuné Compilations sind: "Maison Kitsuné Compilation". Da gab es das nach dem japanischen Fuchs benannte Label bereits drei Jahre lang, samt den Compilations "Kitsuné Love", "Kitsuné Midnight" und "Kitsuné X". Gildas Loaec sammelte wie ein Wilder Tracks, die ihm gefielen, die oft aus dem Gitarrenpop kamen, aber mit elektronischen Beats angereichert waren, und veröffentlichte sie auf seinem Kitsuné-Label. So wurden Namen wie die Klaxons aus England, Boys Noize aus Deutschland oder die britischen Simian Mobile Disco erst richtig bekannt. Aber auch an die Veröffentlichung kompletter Alben wagte sich Gildas Loaec heran: 2005 das "Coming On Strong"-Album der Briten Hot Chip, zwei Jahre später das Digitalism-Album, oder dann "Down And Out In Paris & London" von autokratz und 2010 das Debutalbum der nordirischen Indierock-Boys Two Door Cinema Club. Auch das Debutalbum der Citizens! aus London heuer ließen sich Kitsuné nicht entgehen. Citizens! und Kitsuné, a true romance.
Kitsune
Die magischen Kräfte des Fuchses
Ein kitsune ist in Japan nicht einfach ein Fuchs, sondern ein magisches Tier, oft von heller Farbe und nicht wie in den meisten Fabeln der Welt ein ausschließlich listiges Tier, sondern ein Lebewesen mit übernatürlichen Kräften. Der kitsune spielt in der japanischen Mythologie eine große Rolle. Kitsune haben, je älter sie sind, umso mehr Schwänze, insgesamt bis zu neun, und sie können menschliche Gestalt annehmen. Kitsune können Menschen besessen machen, sich in einen unendlich hohen Baum verwandeln, oder als zweiter Mond am Firmament stehen. Oft endet ihre Interaktion mit Menschen tragisch. Eines ist dem kitsune jedoch gewiss: unendliche Weisheit. Die Seele des kitsune ist von schier unbegreiflicher Tiefe.
KItsune
Kitsuné, das ist also der richtige Labelname, dachten Gildas Loaec und Masaya Kuroki, als sie vor elf Jahren mit Daft Punk nach Japan reisten. Loaec war damas der Manager von Daft Punk, und Kuroki kam zu Übersetzer-Zwecken mit. Masaya Kuroki und Gildas Loaec trafen sich bereits in den 1990er Jahren. Gildas, ein Sprachenstudent aus der Bretagne, eröffnete in Paris ein Plattengeschäft, das nach einem Jahr Pleite ging. Allerdings hatte der Musik-Freak eine Freundschaft mit einem seiner Kunden entwickelt, mit dem Architekturstudenten Masaya, der als Kind mit seinen Eltern von Japan nach Paris gekommen war. Außerdem waren zwei Typen namens Thomas Bangalter und Guy-Manuel de Homem-Christo Kunden im Laden gewesen - neben Phoenix und anderen heutigen französischen Stars. Als Daft Punk wurden Thomas und Guy dann bekannt und brauchten jemanden, der sich um ihre Geschäfte kümmerte: Gildas Loaec sperrte seinen Laden zu und übernahm diese Tätigkeit. Auf dieser Japan-Reise mit Daft Punk, 2001, beschlossen Gildas und Masaya dann ein Label zu gründen, der eine ein Musiklabel und der andere ein Modelabel, aber gemeinsam, unter einem Dach und Namen: Kitsuné war geboren. Und eigene Grafiker holte man auch gleich an Bord - die in London agierende Design-Company Abäke, bestehend aus einer Schwedin, einem Japaner und zwei Franzosen. Sie waren es, die fortan die Kitsune-Compilation-Plattencover zeichnen sollten, diese Köpfe, die die Sampler zierten: Menschen aus dem Freundeskreis von Gildas und Masaya.
KItsune
Und hier kommen wir wieder zurück zum Fuchs der japanischen Mythologie: So wie der kitsune unterschiedliche Gestalt annehmen kann, ist auch Kitsuné nicht ein einziges Ding, sondern hat zwei Facetten: die Musik und die Mode. "Ja, und?", könnte man jetzt sagen. Pop und Mode, das war immer wieder stark miteinander verknüpft, etwa in London: Punk und Malcolm Mc Laren und Vivienne Westwood. Etablierte Modehäuser wie etwa Dior holten sich vor einigen Jahren junge Musiker - in diesem Fall die Londoner Band The Rakes - um etwas Rock-n-Roll Glamour zu aquirieren. Aber was haben nun, sagen wir mal, die Crystal Fighters mit dem - in Schottland gefertigten - Kashmir-Pulli aus dem Maison Kitsuné zu tun? Nein, nicht wirklich etwas. Naja, wenn er schon etwas abgetragen ist, passt er ihnen durchaus, aber besser steht er schon Tom von den Citizens! Gildas Loaec und Masaya Kuroki sind eben Mod(ernist)s im Paul Wellerschen Stil, wo alles den Style Betreffende auf die Sixties zurückgeht, obwohl Gildas Loaec in der 90er-Jahre Housemusic-Nation, die Frankreich damals war, groß geworden ist.
KItsune
Während Architekt Masaya zum 10. Geburtstag von Kitsuné von einem Kitsuné-Cafe in Los Angeles träumt, oder gar von einem Kitsuné-Hotel irgendwo in der Welt, erweitert Musikfreak Gildas Loaec das Label-Spektrum mit US-KünstlerInnen mit der "Kitsuné America"-Compilation, die heuer erschienen ist, samt dem Dark-Pop-Mädchen-Duo FrancesRose oder Computer Magic, einer Amerikanerin in Paris, und mit der Kitsune-Clubnight, die auch in den Staaten tourt. Dass Kitsuné aber fest mit beiden Beinen in Paris steht, lässt uns Gildas Loaec auch nicht vergessen, mit den beiden "Kitsune Parisien"-Compilations. Die Fühler hat man aber längst noch viel weiter ausgestreckt, etwa nach Russland: Ein Küpnstler namens Tesla Boy war auf der letzten Kitsuné-Compilation, die ebenfalls eine herrlich bunte Auswahl an Indie-Dance-Tracks bot. Ach ja, was wurde übrigens aus den Kitsuné-Duftkerzen? Gibt´s die noch?
kitsune
Die Geburtstagscompilation von Kitsuné gibt es jedenfalls, und die bietet 17 feine Indie-Pop-Electro-House-Tracks - vom Gigamesh Remix von "True Romance" der Citizens! über den Holländer Thomas Azier mit "Red Eyes" - einem dringenden Rock-Song im Electropop-Gewand, bis zum nicht minder dringlichen, aber doch so zarten "Friends" vom Duo Saint Michel aus Versailes, die hier schon mal zu den neuen Air erklärt werden dürfen. Saint Michel werden auf Kitsuné-14 gefolgt vom wunderschönen "Future Waits" von Monde Ideale, dem orchestralen Zauber eines schwedischen Duos auf Kitsuné. Außerdem toll: Wildkat! Wildkat! aus Los Angeles mit ihren sexy Beats und der beautiful thoughtfulness im Song "Please And Thank You" - die Kitsune-Beach-Boys. Auch sehr lyrisch ist der Synth-Pop der Dänin Rebecca Molina, die mit "Fall Right" auf dem Kitsuné-Geburtstagssampler vertreten ist. Die allergrößten Lieblinge von Gildas Loaec dürften zur Zeit aber die Boys vom Two Door Cinema Club sein, über die er - auf Englisch - sagt: "I listened to two seconds of their music and instantly knew that we should sign them. They are incredibly talented and have this magical way of writing classic songs. They have so much spontaneity and freshness."
Also, Bon Anniversaire, Kitsuné!