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Conny Lee

Prokrastinative Hinterstübchen des Alltags

26. 10. 2012 - 20:00

There once was an island: Te henua e nnoho

Eine Insel versinkt langsam im Ozean und ihre Bewohner sind nicht Schuld daran.

Die kleine Insel Takuu liegt im pazifischen Ozean, nordöstlich von Bougainville. Sie ist die Heimat von zirka 500 Menschen und deren Kultur. Ein Boot vom Festland kommt nur ein paar Mal pro Jahr nach Takuu, und das unregelmäßig und mit nur kurzfristiger Ankündigung. Dadurch sind die Inselbewohner vom Rest der Welt abgeschottet, was ihre Kultur und ihre Traditionen stark konserviert hat.

Die Insel Takuu

Nasa

Durch den Anstieg des Meeresspiegels wird Takuu allerdings zunehmend bedroht. Das Meer nimmt immer mehr Land ein, spült den Sand weg und das Salzwasser verdirbt die Gärten der Inselbewohner. Dadurch können sie nicht mehr genug Nahrung selbst herstellen und sind auf zusätzlíche Essens-Lieferungen von der Regierung angewiesen. Diese Lieferungen kommen allerdings mit dem Boot, das wie gesagt unregelmäßg kommt. Das bedeutet die Menschen auf Takuu wissen oft nicht, wann Nachschub kommen wird.

Über die Situation auf Takuu hat die junge Neuseeländerin Briar March einen Film gemacht - "There once was an island: Te henua e nnoho". Darin schildert sie anschaulich den Zweispalt der Menschen von Takuu. Die einen sehen den einzigen Ausweg darin, die Insel zu verlassen, die anderen wollen ihre Heimat auf keinen Fall aufgeben und lieber versuchen, die Insel gegen das Meer zu verteidigen.

Welle bei der Insel Takuu

thereoncewasanisland.com

Die Regierung von Bougainville hat den Plan, die Menschen von Takuu umzusiedeln, ihnen ein Stück Land zur Bewirtschaftung zur Verfügung zu stellen. Allerdings ist das bis zur Fertigstellung des Films und selbst bis heute nicht passiert. Außerdem sind sich die Inselbewohner schmerzhaft bewusst, was sie am Festland für Probleme erwarten würden. Sie wären plötzlich unter Druck, Geld verdienen zu müssen und das bei mangelnder Ausbildung. Außerdem wissen sie, dass ihre Kultur nicht einfach transportfähig ist. Ihre Bräuche, Feste und Religion würden am Festland sehr bald in Vergessenheit geraten. Die meisten Inselbewohner kennen tatsächlich keinen anderen Ort als die Insel. Sie ist ihre ganze Welt. Andererseits - wie lange kann die Insel noch genug Nahrung und Schutz vor dem Meer gewährleisten?

In "There once was an island" begleitet Briar March drei der Inselbewohner beim Prozess ihrer Entscheidungsfindung, jedoch ohne dabei einen der Lösungsansätze zu favorisieren. Als Dokumentations-Filmerin greift sie dabei aber insofern ins Geschehen ein, als dass sie zwei Wissenschaftler mit auf die Insel nimmt, einen Ozeanographen und einen Geomorphologen, die sich freiwillig dazu bereit erklärt haben mitzukommen, um die Sachlage zu untersuchen und eine wissenschaftliche Einschätzung abzugeben.

Der Film begegnet den Menschen von Takuu auf Augenhöhe. Briar March erzählt von den Schwierigkeiten, macht sie allerdings nicht zu hilflosen Opfern. Die Ínselbewohner beratschlagen gemeinsam und sachlich, welche Möglichkeiten sie haben, was dafür und dagegen spricht, die Insel zu verlassen. Es ist keine ethnologische Außenperspektive, die uns hier ein fremdes Volk präsentiert, sondern der Film zeigt uns Menschen, mit denen wir uns identifizieren können. Als Zuschauerin stelle ich mir selbst unentwegt die Frage - was würde ich tun?

Schäden an einer Hütte nach Überschwemmung

thereoncewasanisland.com

Die beiden Wissenschaftler meinen, es dauere noch Jahre, bis die Insel tatsächlich ganz vom Meer geschluckt wird, aber das Salzwasser erschwert die Nahrungsproduktion. Während der Filmaufnahmen kommt es außerdem zu einer ungewöhnlich hohen Flut, die einige der Häuser auf Takuu zerstört. Danach können die Menschen einige Tage lang nicht fischen fahren oder hinüber zur Insel, wo sich ihr Garten befindet. Die Lebensmittel werden knapp und von der Regierung kommt keine Hilfe. Die Insel Takuu wird einfach vergessen und einer der Einwohner bemerkt im Film:

Satty, Inselbewohner in Takuu

thereoncewasanisland.com

Satty

"Maybe one day, when they finally come here, they'll find nobody on this island. We'll all be gone."

Und niemand im Zuschauerraum bleibt unberührt wenn Satty, eine andere Hauptfigur im Film, darüber spricht, dass er zwar nur ein kleiner Mensch sei, aber trotzdem wichtig:

"If you loose something small in the worl, you loose a lot."

In Briar Marchs Film werden die Diskussionen rund um Klimawandel, Erderwärmung und Ansteigen der Meeresspiegel von Fakten, Zahlen und Grafiken zu einem realen Problem transformiert, mit dem Menschen zu kämpfen haben. Es ist nicht ein Problem, das auftreten könnte, wenn wir uns jetzt nicht langsam einmal am Riemen reißen, sondern eines, dass schon seit langem die Lebensumstände dieser und vieler anderer Menschen bedroht.

Trailer for There Once was an Island: Te Henua e Nnoho from On The Level Productions on Vimeo.

Und so fühlt man sich nach dem Film aufgeladen mit Tatendrang. Man will etwas ändern an diesen Umständen. Man will helfen, verhindern, eingreifen, aufrufen, rückgängig machen. Doch die Regierung von Bougainville hat immer noch nichts getan. Es mangelt zu allererst an Geld. Und diese eine Hürde reicht in den allermeisten Fällen, um jede weitere Bemühung abzustellen.