Erstellt am: 25. 10. 2012 - 18:05 Uhr
Klimawandel Mythbusting
Das Elevate Festival auf FM4
Seit der Industrialisierung vor ca. 100 Jahren ist die mittlere Oberflächentemperatur der Erde um 0,8°C gestiegen, wobei die Landmassen sich schneller und die Ozeane sich langsamer erwärmen. 0,6°C dieser Erwärmung sind allein in den letzten dreißig Jahren passiert. Natürlich gibt es dazwischen auch Schwankungen, abhängig von El Niño, Vulkanausbrüchen und Sonnenzyklen. Der allgemeine Trend geht aber in Richtung ansteigender Temperaturen. Und das, obwohl die Sonnenaktivität seit Mitte des 20. Jahrhunderts etwas abgenommen hat. 2010 war die Sonne laut Stefan Rahmstorf so schwach wie nie zuvor, seit Beginn der Satellitenmessungen in den 1970er Jahren. Trotzdem war 2010 das wärmste Jahr weltweit, so weit die Aufzeichnungen zurückreichen.
- Stefan Rahmstorf ist Leiter des Forschungsberreichs Erdsystemanalyse am Potsdam-Institut für Klimaforschung und einer der renommiertesten Klimaforscher im deutschsprachigen Raum. Er wurde zumElevate Festival eingeladen, um einen Vortragüber die neuesten Forschungsergebnisse zu Temperatur,Eis und Wetterextremen zu halten.
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Die stattfindenden klimatischen Veränderungen lassen sich also nicht von der Hand weisen. Dass die Menschen daran schuld sind, wollen so manche allerdings nicht wahrhaben.
Mythos I: Alles ganz natürlich
"Der Klimawandel ist nicht vom Menschen verursacht, sondern wir befinden uns immer noch im Ausklingen der letzten Eiszeit. Deshalb wird es wärmer."
Wir haben bereits vor 5000 Jahren den Temperaturhöhepunkt nach der letzten Eiszeit überschritten. Paläoklimatologische Daten weisen sogar auf ein langsames Abkühlen über die letzten Jahrtausende hin. Aber über die kommende Eiszeit, so Stefan Rahmstorf, brauchen wir uns auch noch keine Sorgen zu machen, denn die lässt sich astronomisch präzise berechnen und steht uns erst in etwa 50 000 Jahren ins Haus. Wenn also überhaupt, dann bewegen wir uns auf die nächste Eiszeit zu. Aber statt kälter wird es wärmer. Was sagt uns das?
Mythos II: Die Kuh wars!
"Das Methan, das von den Rindern ausgefurzt und -rülpst wird, ist viel schlimmer für den Klimawandel als die Auto- und Fabriksabgase."
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Vor allem durch die intensive Rinderzucht werden große Mengen an Methan erzeugt (zur Info: das meiste Methan geben die Kühe nicht via Butschi sondern via Rülpsen ab). Und Methan ist tatsächlich ein wesentlich potenteres Treibhausgas als CO2. Insgesamt ist es aber für die globale Erwärmung weniger relevant als das CO2, da es in der Luft in geringerer Menge vorkommt und außerdem die Lebensdauer von Methan kürzer ist als die von CO2. Nach acht bis zehn Jahren ist das Methan oxidiert, so Stefan Rahmstorf, während das CO2 viele Jahrhunderte in der Luft bleibt. Das Methan ist auch ein Problem, doch Hauptursache für den Klimawandel sind die CO2-Emissionen.
Mythos III: Ist doch alles sinnlos
"Selbst wenn wir es schafften, nicht mehr so viel CO2 zu produzieren - jetzt lässt sich der Klimawandel doch sowieso nicht mehr aufhalten. Wir werden alle sterben."
Das mit dem Sterben stimmt zwar, steht aber in keinem Zusammenhang mit der Abwendbarkeit des Klimawandels. Laut Klimaforscher Stefan Rahmstorf kann die Decarbonisierung unserer Weltwirtschaft natürlich nicht von heute auf morgen passieren, sondern würde zirka 50 Jahre in Anspruch nehmen. Würden wir das tatsächlich schaffen, dann haben wir gute Chancen, die globale Erwärmung unter 2°C zu halten. Das wäre zwar das zweieinhalbfache der Erwärmung, die wir bis jetzt schon verursacht haben, aber es wäre eine Erwärmung, an die wir uns anpassen können. Diese Erwärmung von 2°C würde allerdings den Untergang mehrerer Inselstaaten bedeuten und hätte auch sonst noch gravierende Folgen für das weltweite Klima: Beispielsweise ein erhöhtes Auftreten von Extremereignissen wie Hitzewellen oder Überflutungen. Trotzdem wäre diese Erwärmung gerade noch erträglich für uns Menschen, so Rahmstorf.
Mythos IV: Künstliche Bäume sind die Lösung
"Installieren wir doch überall Luftfilter, die mit Hilfe eines Katalysators das CO2 aus der Luft filtern."
Das CO2, das in die Atmosphäre gelangt, wird dort extrem verdünnt und über den ganzen Globus verteilt. Seine Konzentration in der Luft ist sehr gering, was den Vorgang des Filterns wahnsinnig aufwändig macht, sowohl in Hinblick auf die aufzubringende Energie als auch auf die dadurch entstehenden Kosten. Unmengen von CO2 hinauszublasen, um es dann mühsam wieder herauszufiltern - kann man zwar machen, ist aber nicht gerade effizient.
Fazit
Wir Menschen beeinflussen das Klima unserer Erde durch die enorme Menge CO2, die wir produzieren. Jeder einzelne kann und sollte versuchen, seinen privaten CO2-Ausstoß soweit wie möglich zu reduzieren. Wie das geht, ist hinlänglich bekannt.Weniger Auto fahren und fliegen, regional einkaufen et cetera, et cetera. Um das Problem allerdings effektiv zu bekämpfen, braucht es politische Maßnahmen, um gleiche Spielregeln für alle zu schaffen, meint Klimaforscher Stefan Rahmstorf. Damit sind wir als Einzelpersonen allerdings nicht unserer Verantwortung enthoben, denn wer wenn nicht wir Menschen können auf die Politik Einfluss nehmen...
Wenn es um Klimawandel geht und man wieder einmal mit neuen Meldungen konfrontiert wird, die versuchen, vom Problem des Klimawandles abzulenken oder zu beschwichtigen, dann sollte man versuchen, herauszufinden, welche Lobby hinter der jeweiligen Meldung steht.