Erstellt am: 24. 10. 2012 - 15:13 Uhr
Flüchtlingskinder nur halb so viel wert?
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Bundesregierung und Politiker aus den Bundesländern diskutierten gestern über die Unterbringung der Asylwerber in Österreich. Bisher erfüllen nur Wien und Niederösterreich die eigentlich vorgegebenen Quoten. Beim "Asylgipfel" wurde endlich beschlossen, dass das völlig überbelegte Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen deutlich entlastet wird. Anstatt 1500 Asylwerbern sollen dort in Zukunft höchstens 500 Asylwerber untergebracht sein, dafür werden in allen Bundesländern insgesamt 1000 neue Plätze für Flüchtlinge geschaffen. Die Hilfsorganisationen begrüßen das, kritisieren aber, dass sich für Kinder und Jugendliche, die alleine nach Österreich gekommen sind, wenig ändert. Eine der Organisationen, die schon lange auf die Nöte minderjähriger Asylwerber aufmerksam macht, ist die Caritas. Wir haben ihren Sprecher Klaus Schwertner, der sich auch in der Aktionsplattform "Gegen Unrecht - Kinder gehören nicht ins Gefängnis" engagiert, gefragt, was ihn am Ergebnis des Asylgipfels stört.
In der schriftlichen Vereinbarung des "Asylgipfels" ist der Satz zu lesen: „Die Bundesländer werden unbegleitete Minderjährige aus Traiskirchen ehestmöglich übernehmen“. Was kann man darunter verstehen?
Klaus Schwertner: Die Caritas und die Initiative "Gegen Unrecht" haben vor zwei Jahren aufgeschrien, weil Kinder in Schubgefängnisse gesteckt wurden. Und wir haben auch jetzt wieder aufgeschrien, weil die Situation in Traiskirchen so schwierig ist: Kinder gehören auch nicht in ein Großlager! Nun gab es beim gestrigen „Asylgipfel“ einige positive Beschlüsse – Kinder und Jugendliche sollen rasch den Bundesländern, die säumig sind, zugewiesen werden. Doch es wird zuwenig sein, sie aus dem Großlager einfach in einen Container oder eine Kaserne zu übersiedeln. Es geht um viel mehr. Es geht um kindgerechte Betreuung, um Versorgung, Schulbesuch – wenn das gewährleistet ist, dann sind wir zufrieden. Aber das wird erst die Praxis zeigen.
Hinsichtlich der Containerlösung sagt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, dass solche Container notfalls auch für Kindergärten und Schulen verwendet werden können. Ist diese Lösung adäquat?
Klaus Schwertner: Es wird zu wenig sein, den Kindern und Jugendlichen nur ein Dach zu bieten. Gewährleistet sein muss vor allem eine Tagesstruktur. Das heißt, die Kinder und Jugendlichen müssen ein Frühstück bekommen, warme Mahlzeiten, in die Schule gehen, und in vielen Fällen psychologische Betreuung erhalten. Sie sollen wie ein österreichisches Kind in einer Krisensituation betreut werden - und das ist derzeit nicht der Fall.
Derzeit werden aber für Unterkunft, Versorgung und Betreuung pro minderjährigem Asylwerber - je nach Alter - zwischen 1.110 und 2.250 Euro monatlich aufgewendet. Wenn man diesen Betrag so hört, klingt er recht hoch – die Mindestsicherung etwa beträgt in Österreich halb so viel. Was kostet bei der Betreuung eines Flüchtlingskindes so viel?
Klaus Schwertner: Natürlich ist es viel Geld. Aber man muss sich die Geschichten der Kinder und Jugendlichen ansehen, die allein aus ihrem Heimatland flüchten, die aufgrund kriegerischer Konflikte nach Österreich kommen und traumatisiert sind. Es ist teuer, die entsprechenden Therapien sicherzustellen. Derzeit werden für ein Flüchtlingskind nur halb so viele Mittel aufgewendet wie für ein österreichisches Kind in einer Notsituation – das Flüchtlingskind soll also anscheinend nur halb so viel Essen oder halb so viel Betreuung erhalten. Dazu sagen wir nein. Alle Kinder haben gleiche Rechte. Wir haben die Kinderrechtskonvention unterzeichnet, was uns sehr freut, aber wir müssen sie auch einhalten.