Erstellt am: 18. 10. 2012 - 18:23 Uhr
Leigh Bowery, Gesamtkunstwerk
Am Samstag, 20. Oktober, kannst du im Rahmen von FM4 Kultur unter Freunden die Austellung "Xtravaganza - Staging Leigh Bowery" gratis besuchen: Du brauchst nur mit einer gelben Kluppe am Revers zur Kassa der Kunsthalle Wien kommen! Um 17 Uhr gibt es für die FM4-Klup-Mitglieder auch eine Führung mit Co-Kurator Martin Walkner!
Hätte ich heute bei der Pressekonferenz zur Ausstellung "Xtravaganza - Staging Leigh Bowery" Bullshit-Bingo gespielt, hätte ich ziemlich schnell gewonnen: "Entfant Terrible" - check. "schrill" - check. "Ikone" – check. "Zeit voraus" – check. Innerhalb der ersten Minuten fallen die Begriffe, die immer fallen, wenn einer wie Bowery in einem KunstkuratorInnen-Kontext beschrieben wird.
Werner Pawlok
Scheinbar gibt es keine anderen Worte für solche, die nicht im klassischen Sinne Kunst produzieren, sondern die zu Lebzeiten Teil einer Subkultur sind und nach ihrem Tod gleich als Ganzes zu einem Kunstwerk erklärt werden. Die neue Ausstellung in der Wiener Kunsthalle versucht jedenfalls, Leigh Bowery (1961-1994) als Gesamtkunstwerk beizukommen, mit Fotos, Bildern und Videos über ihn und mit ausgewählten Kostümen und Looks von Leigh Bowery selbst.
Wandelndes Kunstwerk
"Leigh Bowery ist einmal von Boy George als 'Walking Work of Art' bezeichnet worden", erklärt Ausstellungs-Kuratorin Angela Stief. "Selbst dieser Begriff ist wahrscheinlich zu kurz gegriffen, weil die Kunst etwas sehr vom Alltag abgehobenes ist. Im Leben und Werk von Bowery gibt es eigentlich diese Distanz zum Alltag nicht. Es ist vielmehr eine Art von Alltagsperformance, die er ständig aufgeführt hat." Leigh Bowery ist also kein Künstler im klassischen Sinne, der Werke hinterlässt, sondern er als Person ist das Kunstwerk. Am ehesten ist er an der Schnittstelle zwischen Mode, Kunst, Musik, Performance und Tanz anzusiedeln.
Charles Atlas, Courtesy Vilma Gold, London
Geboren 1961 in Sunshine, Australien ist er in einem Vorort von Melbourne aufgewachsen. Als sensibles Kind mit Interesse für Mode und die Musik der New Romantics hat er dort nicht wirklich hinein gepasst, wie er selbst sagt. 1981 schließlich geht Leigh Bowery nach London, um dort Mode zu machen "Aber auch um bekannte Leute zu treffen oder unter Umständen selbst bekannt zu werden", sagt Kuratorin Stief.
Heute wird im Anschluss an die Ausstellungseröffnung in Wien auch noch Leigh-Bowery-Style abgefeiert: ab 22 Uhr gibt es ein Rhinoplasty-Special zu Leigh Bowery unter dem Motto G.O.D.M.O.T.H.E.R.!
In London mischt sich Leigh Bowery zunächst einmal unter die schwule Clubszene, wo er mit seinen extravaganten Outfits und schrägen Performances Aufmerksamkeit auf sich zieht und nach und nach zu einer fixen Größe im Nachtleben wird. Leigh Bowery operiert mit seinen Verwandlungen und seiner Körper(de)formierung dabei permanent an den Grenzen zwischen männlich und weiblich, zwischen Trash und Schick, zwischen schwuler Subkultur und Kunstwelt. Als Künstler hat sich Leigh Bowery selbst allerdings wohl nicht bezeichnet, lange sprach er von sich selbst als Club Promoter oder Mode-Designer.
Wie ausstellen?
Fergus Greer
Einer Figur wie Leigh Bowery mit den Mitteln einer klassischen Kunstausstellung beizukommen, ist schwierig. Viele der gezeigten Werke sind daher Foto- oder Videoarbeiten anderer KünstlerInnen, in denen Leigh Bowery sich in Szene setzt - oder in Szene gesetzt wird.
Zum Beispiel die Dia-Installation "Looks" von Fergus Greer, gleich am Beginn der Ausstellung: Fergus Greer hat in ca. 40 Fotosessions über sechs Jahre hinweg Bowery in den unterschiedlichsten Outfits fotografiert: Da gibt es Bowery in einer schwarzen Latexhaut, im knappen Paillettenhöschen oder Bowery und der Körper einer Frau verschlungen und zusammengebunden, sodass nicht mehr ganz klar ist, welches Körperteil zu wem gehört.
Von Bowery selber stammen in der Ausstellung nur Kostümkreationen, ausgewählte Looks und einige Accessoires, die man von Bildern kennt und auch in den Fotos und Videos in der Ausstellung wiederfindet. Dazu sagt Angela Stief: "Wir haben die Kostüme so ausgewählt, dass es einerseits diese ornamentalen, bunten, glitzernden Stoffe und Materialien gibt und auf der anderen Seite Kostüme, die sich auf die Formierung und Deformierung des Körpers und des Gewands konzentrieren."
Stephan Wyckoff
Die Kostüme nehmen das Zentrum der Ausstellung ein, sie stehen über die Halle verteilt und springen mit ihrer Opulenz, ihrem Glitzer sofort ins Auge. Da gibt es eine Latzhose genäht aus Stoff-Puzzleteilen in Neonfarben, ein Riesen-Tutu aus blauem Tüll oder ein dramatisch-rotes Samtcape. Die Kostüme sind so auf Puppen drapiert, dass sie typische Posen und Gesten Leigh Bowerys nachahmen und den 1994 an AIDS verstorbenen Künstler so wieder zum Leben erwecken.
An Accessoires finden sich in Glasvitrinen zum Beispiel die künstlichen Plastiklippen, an zwei Sicherheitsnadeln in der Wange zu befestigen, die man auch auf dem Ausstellungsplakat sieht. Oder der Brillen-Kopfschmuck - den Bowery über der weißgeschminkten Glatze trägt.
Ausstellungsansicht: XTRAVAGANZA. Staging Leigh Bowery, Kunsthalle Wien, Foto: Stephan Wyckoff: Kostüme Leigh Bowery, Kostümpräsentation: Klaus Mayr, Courtesy Estate of Leigh Bowery
Diese Kostümteile sollen gemeinsam mit den Videos und Fotos ein Bild von Leigh Bowery, dem Rundum-Kunstwerk, ergeben. Sofern das in einer Ausstellung überhaupt zu erfassen ist.
"Xtravaganza - Staging Leigh Bowery"
"Xtravaganza - Staging Leigh Bowery" ist noch bis 03. Februar 2013 in der Kunsthalle Wien zu sehen. Rund um die Ausstellung gibt es ein aufwändiges Rahmenprogramm, aus Film, Performance und Party.