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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

10. 10. 2012 - 06:00

Vampirjagende Präsidenten & zeitreisende Killer

"Abraham Lincoln: Vampire Hunter" und "Looper" wollen das Genrekino revolutionieren. Gelingen tut das aber nur letzterem.

Die Sklaverei abschaffen. Die Demokratie predigen. Und dann noch einen Bürgerkrieg gewinnen, der am Ende die ganze Nation einigen soll. Man möchte meinen, dass der legendäre US-Präsident Abraham Lincoln während seiner kurzen Amtszeit mehr als beschäftigt war.

Aber Seth Grahame-Smith, der Bestsellerautor bizarrer Literatur-Mashups wie „Pride and Prejudice and Zombies“, klärt uns auf. „Honest Abe“ meint er, war noch viel mehr. In der als politisches Schlüsselwerk nicht ganz ernstzunehmenden Biografie „Abraham Lincoln: Vampire Hunter“ entpuppt er sich auch als fanatischer Vampirjäger, der die bösen Blutsaugern mit seiner scharfen Axt dezimiert.

Am Angang steht wieder einmal ein traumatisches Kindheitserlebnis: Als kleiner Bub muss Lincoln in dem Buch mitansehen, wie seine Mutter von einem Untoten abgeschlachtet wird. Geschult von einem erfahrenen Vampirjäger macht er sich als junger Mann dann auf, das Grauen zu vernichten. Bald kommt der zukünftige Präsident einer ganzen Nachtmahr-Verschwörung auf die Spur, die das Land bedroht.

Abraham Lincoln: Vampire Hunter

Centfox

Unentschlossener und aalglatter Blockbuster

Zugegeben, so eine herrlich blödsinnige Geschichte schreit schon irgendwie nach einer Verfilmung, erst recht in Zeiten, wo auch Filme wie „Hansel & Gretel: Witch Hunters“ in den Startlöchern stehen.

Der russische Fantasy- und Actionregisseur Timur Bekmambetov („Night Watch“, „Wanted“) bekam den Zuschlag für die Leinwand-Adaption. Autor Grahame-Smith verfasste selber das Drehbuch, ein gewisser Tim Burton setzte sich in den Produzentensessel.

Irgendwie konnte man ahnen, dass Bekmambetov, ein Mann, der im Grunde seine ganze Karriere dem abgedroschenen Bullet-Time-Effekt der längst vergangenen „Matrix“-Ära verdankt, das Projekt in den Sand setzen würde. Tatsächlich findet der Russe nie den richtigen Tonfall für den Film. Während die Story an augenzwinkernde Schundspektakel aus der goldenen Ära der C-Movies erinnert und nach einer irrlichernden Umsetzung á la Robert Rodriguez („Machete“) schreit, verwandelt Bekmambetov die groteske Vorlage in einen aalglatten und unentschlossenen Blockbuster.

Anstatt etwa an den grimmigen Humor der nicht unverwandten TV-Serie „True Blood“ anzuschließen, nimmt sich „Abraham Lincoln: Vampire Hunter“ viel zu ernst und punktet eher mit Momenten unfreiwilliger Komik. Der uncharismatische Newcomer Benjamin Walker, der sich mit seiner Axt durch sterile CGI-Szenarien hackt, kann dabei ebenso wenig retten wie der Rest der Besetzung. Und vom umschwärmten Tim Burton, der mit seinen letzten Filmen auch schon seinen Bonus verspielt hat, ist kein nennenswerter Einfluss zu bemerken.

Abraham Lincoln: Vampire Hunter

Centfox

Zurück in die Zukunft der Science-Fiction

Wer das Genrekino wirklich revolutionieren will, das konnte man auch beim heurigen /slash Festival beobachten, dem wird das weder mit pseudotrashigen Mashups gelingen noch mit offensichtlichen Referenz-Sammlungen, die einfach die Geschichte des fantastischen Films durchzitieren.

Es braucht Visionen, die mehr als einen Hauch Originalität besitzen und sich auch trauen, mit Fanerwartungen und starren Regeln zu brechen. Radikale Entschleunigung an den richtigen Stellen - statt der längst sterbenslangweiligen Reizüberforderung - kann dabei auch nie schaden. Genauso wie eine Bildsprache essentiell ist, die statt den billigen Weg tagesaktueller Wackelkamera-Trends oder abgedroschener Flashiness zu gehen, auf Reduktion und Eleganz setzt.

Während der Franzose Pascal Laugier mit seinem meisterlichen Streifen „The Tall Man“ (leider kein Starttermin bekannt) diese Kriterien für das Horror- und Mysterykino erfüllt, beamt sein US-Kollege Rian Johnson auf diese Weise den Science-Fiction-Film (zurück) in die Zukunft. „Looper“ heißt sein großartiger Streifen, der endlich wieder einmal Neues im Bereich der neonflackernden Dystopien zu bieten hat.

Oder beinahe. Denn natürlich greift auch Johnson auf einen Fundus an Ideen und Atmosphären zurück, der an moderne Klassiker wie „Terminator“, „12 Monkeys“ und den unvermeidlichen „Blade Runner“ denken lässt. Aber der aus der Indieszene kommende Regisseur holt sich nur vage Inspirationen aus diesen Werken, augenscheinlich Geklautes versucht er glücklicherweise zu vermeiden.

Looper

Concorde Verleih

Die Zeit anhalten

„Looper“ ist auch wieder einmal der Fall eines Films, bei dem man vorab möglichst wenig über die brillante Geschichte wissen sollte. Nur soviel: Im Jahr 2072 wurden Zeitmaschinen erfunden und sofort wieder aus dem Verkehr gezogen – nur um von einer Mafiagang rund um einen ominösen Supergangster missbraucht zu werden. Der Verbrecher-Zar lässt sämtliche unliebsamen Personen in die Vergangenheit beamen, ins Jahr 2044, wo in Kansas City eine Schar von Killern bereit steht.

Diese sogenannten Looper, junge Dandytypen mit hohem Drogenverbrauch und Hang zur exzessiven Promiskuität, stehen auf einem Weizenfeld im Nirgendwo bereit, um das aus der Zukunft ankommende Opfer prompt zu exekutieren. Der lässige Joseph Gordon-Levitt spielt einen dieser eiskalten Todesschützen, dem sein Hochglanz-Leben eines Tages brutal entgleitet.

Looper

Concorde Verleih

Warum und was Bruce Willis damit zu tun hat, habt ihr wahrscheinlich schon dem Trailer oder einschlägigen Magazinen entnommen. Von meiner Seite sei bloß angefügt: Wie "Looper" dem Zeitreise-Thema ebenso erfrischende Aspekte abzwingt wie dem Tech- Noir-Genre, wie dieser Film rhythmisch auch selbst immer wieder die Zeit anhält und die schwebenden Ruhemomente vor der finalen Explosion sogar an bestes 70ies-Kino erinnern, all das ist schon ziemlich grandios. Addiert noch Bruce Willis in seiner besten Rolle seit Ewigkeiten, die famose Emily Blunt und die gespenstischsten Spezialeffekte des Jahres – und hier ist er, der Pflichtfilm derzeit. Viel Vergnügen.