Erstellt am: 7. 10. 2012 - 17:05 Uhr
Waves Vienna Festival 2012
Es ist schön, wenn sich was bewegt. Das hat man schon am ersten Tag gemerkt, als einem Menschengruppen am Donaukanal mit den "no camping" Jutebeuteln begegnet sind, die mit den schönen Waves-Programmen und der Waves-App ins Handy starrend schlangenlinienförmig von Venue zu Venue gepilgert sind.
ondrusova
Mal hier stehenbleiben und reinschnuppern, mal dort einfach mitgehen und schauen, was passiert. Das ist der Grundgedanke. Die zweite Ausgabe vom Waves Vienna Festival hat ein schönes Stadtzentrum-Festival-Feeling verbreitet. Internationale Gäste von Plattenfirmen, Agenturen, JournalistInnen und MusikliebhaberInnen haben das Waves Vienna Festival mit ihrer Anwesenheit zu dem lebendigen Ding gemacht, was es schon letztes Jahr sein wollte: musikalische Entdeckungsreise! Der geschäftlichen und privaten Art.
Und nächstes Jahr dann wieder: diesmal mit den beiden Fokus-Ländern Belgien und Slowenien.
Wie nämlich der Herr Ebbot Lundberg, nun also ehemaliger Frontman von "The Soundtrack of Our Lives" im FM4 Interview meinte: Musik ist ein Schlüssel, der Türen öffnet.
"It´s magic!"
Und recht hat er, denke ich, während ich in der ersten Reihe vom "A Thousand Fuegos" Konzert hocke. In einer der schönsten und neuesten Locations vom Waves Festival, nämlich dem Odeon Theater, wo mich später "Gravenhurst" aus dem Hocker reißen wird, nämlich im wortwörtlichen Sinn, weil ich sehr bald aufsteh und Richtung Kanal laufe, um sehr sehr spät zu einem der gestrigen Highlight-Performances zu kommen: nämlich dem Konzert von "DENA", die uns mit "Cash, Diamond Rings, Swimming Pool" den Hipster-Hit des Sommers beschert hat.
richard taylor
patrick münnich
dan taylor photography
Alle Geschichten vom Waves Festival
Gute Nacht und schön war´s galt es gestern in Richtung "Bunny Lake" zu sagen, die auf dem Waves Festival ihr letztes Konzert vor der Auflösung gespielt haben und auch ein "Servus, baba!" an Matthias und Stephanie von "Konea Ra". Die werden sich natürlich nicht auflösen, sondern sind gerade dabei, ihre Koffer zu packen, weil sie nächste Woche zu einer dreiwöchigen Mexiko-Tour aufbrechen. Im Rahmen vom sound:frame-Projekt "Vienna Visuals" werden "Konea Ra" gemeinsam mit DJ Phekt und luma.launisch genau das in die praktische Tat umsetzen, was auch bei jeder Musikkonferenz Thema ist: Musik ins Ausland exportieren. Vor einem Publikum spielen, das andere Szenen, andere Codes, andere Musiktradition hat, aber nicht weniger anders Partys feiert. Aus diesem Anlass ist auch ihr Cover von "Oh Vienna" entstanden, das man sich hier übrigens im Video anschauen kann.
ondrusova
mona hermann
Rangleklods! Rangleklods!
Heimlicher Headliner des gestrigen Abends, jener Act, dessen Name schon am Anfang des Festivals als krönender Abschluss genannt wurde, war dann ein dänischer Produzent und DJ mit dem klingelnden Namen "Rangleklods". Was genau der macht und wie sein größter Fanboy ausschaut, kann man sich auch schön in diesem Video hier anschauen:
Vienna, I love you, but you´re bringing me down!
Die Becher sind leergetrunken, das Eintrittsband vom Arm wieder runtergenommen, die eingesammelten Visitenkarten gut verstaut und der Kopf mit Erinnerungen zum Bersten gefüllt.
waves vienna
Aber es bleibt noch ein Gedankenspiel zum Schluss. Ein Gedankenspiel, mit dem ich mich mindestens bis zur nächsten Ausgabe noch beschäftigen werde: Ich würde nämlich gerne wissen, wie man mit dem Überangebot in der Stadt umgehen soll. Als Medium und als Konsument. Natürlich lebt ein Showcase-Festival von der Vielfalt, aber neben dem Waves Vienna hätte ich am Wochenende noch genug Möglichkeiten gehabt, mich fortgehtechnisch anderwertig zu beschäftigen (oder Geldsparen für die kommenden Hardcore-Konzert-Wochen)
Jetzt ist der Oktober und November traditionell die Hauptzeit für Konzerte und Touren, aber, was sich in der Hauptstadt an Veranstaltungen, sei es Clubs mit DJ-Schienen, Liveprogramm klein und groß, tut, verlangt beim Blick in den Terminkalender schon multiple Persönlichkeitsspaltungen und Zeitreisen in Paralleluniversen.
waves vienna
Wenn (nicht nur) das schöne Internet nämlich für die Schrankenbeseitigung von Genre-Grenzen gesorgt hat und es heutzutage kaum mehr vorstellbar ist, dass junge KonzertgeherInnen nur an einer Art von Musik interessiert sind und sich die musikalische Vielfalt eben auch in der Ausgehkultur mit handfesten Gigs und Parties präsentiert - wer und wie und wann soll man diese Vielfalt überhaupt konsumieren, so dass sich das "ausgeht"? Für ein Venue, das bei Konkurrenz-Programm keine Umsätze macht und nicht kalkulieren kann, für die Bands, die vor halbleerem Saal spielen (und bei den nächsten Tourplanungen lieber in eine andere Stadt fahren), für die KonzertgeherInnen, die nicht wissen, wie man das alles bezahlen soll und für MusikjournalistInnen, die nicht mehr wissen, welchen Gig sie zuerst empfehlen sollen. ("Alle! Alle!")
Es ist kein Jammern wegen der Unfähigkeit, eine Entscheidung zu treffen, es ist kein Hoffen auf Konzert-Ebbe oder gar eine Verabschiedung der top10-Stammlokal-Präferenzen. Ganz und gar nicht. Aber ich frage mich bei aller Sonntags-Übermüdungs-Erscheinungen ganz nüchtern: Wann ist zuviel wirklich zuviel? Wohin geht die Reise? Und muss man sich Sorgen machen? Ich weiß es nicht.