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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

2. 10. 2012 - 15:50

Fußball-Journal '12-37.

Wiederholung einer Dienstreise. Ist das ÖFB-Team auf das ferne Kasachstan vorbereitet?

Auch in der aktuellen Saison begleitet das Fußball-Journal '12 (wie schon in den Vorjahren) die heimische Bundesliga, den Cup, Nationalteam und ÖFB, den Nachwuchs, das europäische Geschäft und das mediale Umfeld.

Heute mit dem schon traditionellen Bericht von der Kader-Bekanntgabe-Pressekonferenz des ÖFB mit Marcel Koller für die beiden WM-Qualifikations-spiele gegen Kasachstan am Freitag, den 12. 10 (auswärts in Astana) und 16.10. in Wien.

Tor: Robert Almer (Düsseldorf/D), Christian Gratzei (Sturm), Heinz Lindner (Austria). Auf Abruf: Lukas Königshofer (Rapid).

Abwehr: György Garics (Bologna/ITA), Florian Klein, Franz Schiemer (Salzburg), Aleksandar Dragovic (Basel/SUI), Emanuel Pogatetz (Wolfs-burg/D), Sebastian Prödl (Werder/D), Christian Fuchs (Schalke/D), Markus Suttner (Austria). Auf Abruf: Andreas Ulmer, Martin Hinteregger(Salzburg), Manuel Ortlechner (Austria).

Mittelfeld: Yasin Pehlivan (Gaziantepspor/TUR), Veli Kavlak (Besiktas/TUR), Julian Baumgartlinger, Andreas Ivanschitz (Mainz/D), Christoph Leitgeb (Salzburg), Guido Burgstaller (Rapid), Jakob Jantscher (Dyn. Moskau/ RUS), Zlatko Junuzovic (Werder/D). Auf Abruf: Thomas Hinum (Ried), Stefan Kulovits (Rapid), Marcel Sabitzer (Admira).

Angriff: Marko Arnautovic (Werder/D), Martin Harnik (Stuttgart/D), Marc Janko (Trabzonspor/TUR), Andreas Weimann (Aston Villa/ENG). Auf Abruf: Deni Alar (Rapid), Patrick Bürger (Mattersburg), Erwin Hoffer (Frankfurt/D), Philipp Hosiner (Austria).

David Alaba (Bayern/D) wird, sofern er dann fit ist, eventuell fürs Rückspiel dazunominiert.

Bei der U21 sind die abrufnominierten Hinteregger und Sabitzer sowie Raphael Holzhauser (Stuttgart/D).

Rücktritt: Martin Stranzl (Gladbach/D), Paul Scharner (HSV/D).
Kein ÖFB-Interesse besteht an Jonathan Schmid (Freiburg/D).

Verletzt: Christopher Drazan, Michael Schimpelsberger (Rapid), Jürgen Säumel (Sturm), Ramazan Özcan (Ingolstadt/D), Daniel Beichler (Hertha/D), Stefan Hierländer (Salzburg), Marko Stankovic (Austria).

Unbeachtet: Georg Margreitter (Wolves/ENG), Ekrem Dag (Gaziantep-spor/TUR), Markus Berger (Odessa/UKR), Michael Gspurning (Seattle/US), Tanju Kayhan (Besiktas/ TUR), Daniel Royer (Köln/D), Atdhe Nuhiu (Eskisehirspor/TUR), Ümit Korkmaz (Ingolstadt/D), Florian Hart (Sönder-jyskE/DEN), Christopher Dibon, Georg Teigl, Stefan Maierhofer (Salzburg), Mario Sonnleitner, Christopher Trimmel, Muhammed Ildiz, Thomas Schrammel (Rapid), Christian Klem, Manuel Weber, Andreas Hölzl, Haris Bukva, Michael Madl, Darko Bodul (Sturm), Pascal Grünwald, Emir Dilaver, Tomas Simkovic, Alexander Gorgon, Roland Linz, Roman Kienast (Austria), Thomas Reifelts-hammer, Anel Hadzic, Marco Meilinger (Ried), Richard Windbichler, Stefan Schwab (Admira), Manuel Seidl, Manuel Prietl (Mattersburg), Michael Sollbauer (WAC), Jörg Siebenhandl (Neustadt) uvam

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Der U21 testet gegen die Demokratische Republik Congo am 12. 10. in Melk und am 15. 10. gegen Ungarn in Parndorf. Der nach dem EM-Out neu strukturierte Kader umfasst nur noch die Jahrgänge 92 und 93.

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Die U 17 (Jahrgang 96) spielt seine EM-Quali in Schwaz/Hall (Tirol): am 10.10. gegen Zypern, am 12.10. gegen die Färöer und am 15.10. gegen die Schweiz.

Die U19 (Jahrgang 94) testet am 10.10. in Montenegro ehe sie im November in ihre EM-Quali in Ungarn (Gegner: die Hausherren, Bulgarien und Andorra) geht.

Die U18 (Jahrgang 95) testet am 15. 10. in den Niederlanden.

Die U16 spielt am 5. und 8. 10. zwei Tests gegen Deutschland und am 30. 10. und 1.11. zweimal in Belgien.

Man könnte meinen, dass der Trip nach Astana für die ÖFB-Truppe eine recht vertraute Angelegenheit sein wird; eine Art flüchtiges Déjà-Vu, ein Schatten aus dem Vorjahr. Und insofern keine Anstrengung des Unerwarteten, sondern für vertiefende Beschäftigung nutzbare Routine.

Ist es nicht.
Über die Hälfte der Delegation, die am Donnerstag in die vier Stunden entfernte Zeitzone aufbrechen wird, betritt Neuland.
Von wegen Konstanz.
Das hat natürlich auch mit den vielen Wechseln dieses letzten Jahres zu tun.

Wie war das im vorigen Oktober in Kasachstan?

Am 4. Oktober 2011 wurde Marcel Koller als neuer ÖFB-Teamchef präsentiert; am 11. Oktober sah er sich das Qualfikationsspiel gegen Kasachstan an. Aus der Ferne. Seinen Job trat er erst im November an.

Seit Juli 2011 wusste man dass Kasachstan auch in der WM-Qualifikation für Brasilien 2014 wieder ein Gegner sein würde.

Von der Delegation, die damals nach Astana fuhr, sind Team-Administrator Schramm, Fitness-Coach Spry, die Physios Vettorazzi und Steverding sowie Sportdirektor Ruttensteiner, damals Interims-Coach, mit dabei. Der Rest, das gesamte Coaching-Team, vor allem die Assis, samt medizinischer und Presse-Abteilung, ist neu.

Vom heute nominierten Kader sind nur zehn Spieler (Almer, Klein, Dragovic, Prödl, Fuchs, Ivanschitz, Junuzovic, Kavlak, Arnautovic, Janko) dabei, die sich wieder auf den Sechs-Stunden-Trip begeben werden. Ein paar Stammspieler waren damals verletzt oder "verletzt" oder gesperrt, andere haben sich seither aus dem Team gespielt oder werden nicht mehr beachtet.

Der leise und unbemerkte Schnitt des Marcel Koller

Mir zeigt das, dass die allgemeine Annahme, es habe sich (auch personell) nichts groß geändert seit der Constantini-Ära (der rühmt sich ja gerne die junge Mannschaft von heute "erfunden" zu haben) nichts als Bullshit ist. Und auch der Unterschied zu Ruttensteiners Truppe von vor einem Jahr ist ganz schön groß.

Das nur deswegen, weil dem heute präsentierten 23er-Kader wieder der Odem des Ewigselben und Faden entströmt (das Problem der geschlossenen Gesellschaft habe ich ja bereits angesprochen). In bestimmten Bereichen (vor allem dort, wo man nicht lösungsorientiert agiert, im Bereich des Rechtsverteidigers etwa) trifft das zu, in anderen traut sich Marcel Koller aber durchaus Risiko zu nehmen.

Und so greift er auf einen neuen, aber logischen Stürmer zurück: Andreas Weimann, der als Angreifer Nummer 4 bei Aston Villa (auch weil man dort meist mit zwei Spitzen spielt) auf viele Einsätze in der immer noch forderndsten Liga der Welt kommt.

Der Neue (Andreas Weimann) und die Philosophie dahinter

Mit Weimann könnte das österreichische Spiel "taktisch ein anderes Element bekommen" orakelt Koller und bemüht sich den vormaligen Rapid-Jugend-Spieler nicht mit seiner direkten Konkurrenz (Hosiner, Okotie, Alar, Hoffer) zu vergleichen, sondern hebt die Unterschiede zu den Stoßstürmern Janko und Bürger heraus. Weimann ist einer, der mit Anlauf zum Tor kommt, sich nicht mit dem Rücken zum Tor stehend als Prellbock anspielen lassen möchte. Weimann ist ein Harnik, der sich auch ganz vorne wohlfühlt und somit ziemlich genau jener Spieler, der zuletzt noch gefehlt hat im Koller-System.

Koller hat zwar ein 4-2-3-1 mit klaren Aufgaben konstruiert, mit Weimann erweitert er das Offensiv-Repertoire um eine weitere Variante. Endziel könnte eine Spielanlage sein, in der sich vor einer Viererabwehr (mit durchaus offensivstarken Außen) und einer Zweier-Mittelfeldzentrale (mit spielstarken Box-to-Box-Akteuren vier völlig unberechenbare Offensivkräfte tummeln. Mit Harnik, Arnautovic, Junuzovic, Jantscher, Burgstaller, zuletzt auch Ivanschitz und jetzt eben Weimann verfügt Koller über eine ganze Latte solcher Spieler. Alar, Bodul, Okotie oder Sabitzer haben auch die Fähigkeiten dazu.
Peter Hyballa lässt bei Sturm etwas Vergleichbares spielen - manchmal sogar mit fünf völlig losgelassenen Vorwärtspreschern.

Unausgesprochene Nicht-Themen

Wie in diesem Licht die Zukunft von Mark Janko aussieht, das wird ein interessantes Thema sein - für 2013 dann.

Weimann ist also das große Thema des heutigen Tages.
Dass Koller im Abwehrbereich gar keine Experimente mehr eingehen will (was ihm noch auf den Kopf fallen könnte) ist als Nicht-Geschehnis eher keine große Nachricht. Dass die klassischen Stoßstürmer wie Linz, Kienast und Maierhofer abgehängt wurden, geht als schleichende Entwicklung ebenfalls unter. Und Kleinigkeiten wie die zunehmende ÖFB-Abwesenheit von Daniel Royer (der wie einige andere jetzt auch nicht mehr U21 spielt) oder die befremdliche Tatsache, dass Kulovits vor Manuel Weber steht, mögen nur Insider beschäftigen.

Der nach Weimann potentiell nächste junge Nachrücker, Raphael Holzhauser, wurde ausführlich und durchaus positiv durchbesprochen, das Tormann-Almer-ist-nur-Reservist-Mantra kam nur am Rande vor. Spricht alles fßür die These, dass Koller die Medien aktuell im Griff hat wie kaum ein Vorgänger.

David Alaba ist auf der Abrufliste - aber eher nur symbolisch, damit er sich freut und angespornt fühlt.

Spannung, Engagement und Konzentration. Hochhalten!

Der Rest der Vorbereitung wird sich einem ganz anderen Thema widmen: wie schafft es das ÖFB-Team die Konzentration, das Engagement, die Spannung in den beiden Matches gegen den Underdog hochzuhalten. Denn den werden vielleicht jene, die sich gegen Deutschland auf Augenhöhebefunden haben, in den hinteren Kammern ihres Mental-Zentrums leichter nehmen als sie de facto sind.

Obwohl man es besser wissen müsste.

In der EM-Quali gab es 4 Punkte aus den beiden Matches, mit einem mehr als glücklichen, unverdienten Heimsieg und einem recht ermattetem Auswärts-Remis.

In der WM-Gruppe könnte das schon zu wenig sein. Vor allem angesichts der Tatsache dass Traps Irland sein Astana-Spiel mit einem in letzter Sekunde erzwungenen Auswärtssieg begann und Schweden einen durchaus anständigen Heimsieg folgen ließ.

Andererseits hält Koller den Ball flach, spricht nicht von Sechs-Muss-Punkten oder gar Pflichtsiegen, sondern wassert vage herum. Er will keinen Druck aufbauen; vielleicht im Wissen dass das die Medien ohnehin tun werden.

Willkommen im stimmungslosen Astana

Koller ist - zweithändig - gut präpriert. Man bereitet sich ausschließlich auf den harten kasachischen Kunstrasen vor, will erst nach der Rückkunft wieder Gras sehen. Man stellt - wie letzten Oktober - die Uhren erst gar nicht um, sondern bleibt in der MEZ. Was zu Abendessen nach Mitternacht führt.

Beim Gegner hat sich seit dem letzten Aufeinandertreffern wenig geändert: Miroslav Beránek ist immer noch Coach, er war 2011 gekommen und hatte das Team ordentlich umgerührt. Nach Schmidtgal hat man jetzt mit Konstantin Engel einen weiteren "Deutschen" im Team, der Rest kommt aus der heimischen Liga. Das viel zu große Stadion in der künstlichen Hauptstadt wird wieder recht stimmungslos befüllt sein. Die brauchbar eingespielte Mannschaft ist das allerdings gewohnt.

Der Unterschied zum Heimspiel gegen Deutschland könnte also nicht größer sein. Alles nicht unerwartet. Hoffentlich auch für Marcel Koller.