Erstellt am: 30. 9. 2012 - 11:30 Uhr
Heinrich Hoffmann revised
Nach dem globalen Erfolg des Smash-Hits Die Geschichte vom Suppenkaspar, 2. Teil gebot mir die Verbundenheit mit der nach einer Fortsetzung gierenden Leserschaft, ein weiteres Hoffmann-Gedicht aus dem Struwwelpeter mittels eines zeitgemäßeren Krankheitsbildes zu adaptieren:
Der ADHS-Philipp
"Ob der Philipp heute still
wohl bei Tische sitzen will?",
fragten Philipps Eltern sich
sieben Tage wöchentlich.
Doch ihr Fragen war rhetorisch,
alles Hoffen illusorisch,
statt gehorsam zu dinieren,
fing er an, sich prompt zu rühren.
marc carnal
Und er schlenkerte und zuckte,
wippte, wackelte und ruckte,
hörte nicht mehr auf zu hampeln,
wild zu schunkeln und zu strampeln,
mit dem Essbesteck zu klappern,
und ein unentwegtes Plappern
samt Gesang in schrillem Ton
untermalten die Aktion.
Und zerbrach dabei ein Teller,
machte er sodann mit heller
Freude weiter, bis danach
noch ein weiterer zerbrach.
Gleich darauf auch noch ein dritter,
schließlich landete ein Liter
feinster Suppe auf den Fliesen,
dann noch Fanta nachzugießen,
amüsierte Philipp sehr,
und schon wieder wippte er.
Seine Eltern warn seit Wochen
tief betrübt, beinah gebrochen,
weil sie, was sie auch versuchten,
keinerlei Erfolg verbuchten.
Gegen Philipps wilde Praktik
probten sie so manche Taktik:
marc carnal
Erst versuchten sie mit Prügeln
den Bewegungsdrang zu zügeln.
Doch die allerderbsten Schellen
konnten noch so schmerzhaft gellen -
diese kleine Nervensäge
machte weiter trotz der Schläge.
Dann probierten sie, durch Sprechen
seine Willenskraft zu brechen,
aber langes Schwadronieren
schien ihn erst zu motivieren.
Sprachen sie ein strenges Wort,
rührte Philipp sich sofort.
Als sie dann den jungen Herren
in sein Zimmer einzusperren
schon halb resigniert beschlossen,
sie nur Öl ins Feuer gossen.
Er zerstörte unzähmbar
das gesamte Mobiliar.
Dann besorgte man Tabletten
um den Filius zu retten.
Doch so ließ er sich nicht zähmen,
denn er wollte sie nicht nehmen
und er schaffte, die Arzneien
immer wieder auszuspeien.
Schließlich schleppte Philipps Vater
ihn zu einem Fachpsychiater,
dieser Doktor sollte ihren
Philipp diagnostizieren.
Bald schon kam der Arztbefund,
Phillips Eltern bangten und
harrten des Ergebnisses:
Klarer Fall - ADHS.
Heute schicken Philipp sie
in die Psychotherapie.
Doch das fette Honorar
ihres Doktors sprengt fürwahr
grad in solchen klammen Zeiten
die bescheidnen Möglichkeiten.
Beide sind gar zornig sehr,
haben nichts zu essen mehr.
marc carnal