Erstellt am: 25. 9. 2012 - 17:40 Uhr
Piefke Connection
Ingo Pertramer
Am Anfang war - wie könnte es anders sein - der Fußball. Erfolge der Deutschen Mannschaft(en) lassen sich mit Österreichern zwecks Córdoba-Tourette nicht so gut feiern. Daher hat Jockel Weichert, selbst Exil-Deutscher, 2008 im Zuge der EM einen Stammtisch ins Leben gerufen. Sinn und Zweck: Organisiertes Fußball-Schauen in einer entspannten Atmosphäre.
Aus dem gemeinsamen Fußball-Genuss ist aber schnell mehr geworden. Heute ist die Piefke Connection eine Mischung aus mehreren Dingen: Selbsthilfegruppe mit Augenzwinkern, regelmäßige Stammtische in (fast) allen Bundesländern, bei denen man einfach Landsleute bei einem Bier kennenlernen kann. Auch verschiedene Kultur-Events bestreiten die Exil-Deutschen gemeinsam.
Die PCA, wie sich die Piefke Connection Austria gerne abkürzt, stellt außerdem ein nicht unwesentliches berufliches Networking-Angebot dar. Einen Zulauf erfährt die Gruppe gerade auch unter Studenten, aber die Mehrheit der Mitglieder sind immer noch Berufstätige aus den unterschiedlichsten Branchen. Viele von ihnen sind in Kreativberufen tätig - Kunst, Kultur, Medien. Aber auch Architekten, Finanz- und Versicherungs-Menschen sind unter den vernetzten Piefkes. Auch zahlreiche Selbstständige networken hier.
Gemeinsam mit der MA 17 für Integration und Diversität der Stadt Wien gab es im Rahmen der Piefke Connection sogar sogenannte "Integrationskurse" für Deutsche. "Das war eher so als Gag gemeint", meint Jockel Weichert aber dazu. Trotzdem war es gefundenes Fressen für alle, die gerne auf den vermeintlichen Unterschieden zwischen Deutschen und Österreichern herumreiten. Ach, die Deutschen!
Neben wiedergekäuten Klischees und reproduzierten Stereotypen über Deutsche und Österreicher gibt es laut Jockel Weichert doch einige kulturelle Unterschiede, die man nicht verleugnen kann. Das reicht - ganz diplomatisch Ausgedrückt - von der "anderen Effizienz", mit der in Österreich laut Jockel Weichert gearbeitet wird, über die zum geflügelten Wort gewordene "gemeinsame Sprache, die Deutsche und Österreicher trennt", bis hin zu gegenseitig rätselhaften Unternehmenskulturen und Umgangsformen. Die richtige Bedeutung von Vokabeln wie "Schau ma mal" ist beispielsweise bei den Treffen Diskussionsgegenstand - genauso wie die Warnung, den Österreichern mit übereifrigem Unternehmens-Optimierungswahnsinn "nicht mit dem Arsch ins Gesicht zu fahren". Als interkulturelles Training kann man die Piefke Connection laut Jockel Weichert also auch verstehen. Aber das Selbstverständnis der Gruppe ist unaufgeregtes, gemütliches Beisammensein fern des täglichen, festgefahrenen Bruderzwistes.
PCA
Die meisten Public Viewings - beispielsweise von WM-Qualis, aber auch Champions-League-Spielen - finden in einer lockeren Runde am Wiener Donaukanal statt. Dort hat auch diesen Sommer auch die "WurstBotschaft" eröffnet - der erste Würstelstand in Wien, an dem man original Berliner Currywurst genießen kann. Berlin in Wien - Stück für Stück.
Die Piefke Connection kann man über Facebook oder XING erreichen. In die sozialen Netzwerke werden nämlich wirklich nur in Österreich lebende Deutsche aufgenommen. Aber nicht traurig sein - zu den Offline-Public-Viewings sind alle Integrationswilligen herzlich eingeladen.