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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

19. 9. 2012 - 12:14

Die Velovignette

In der Schweiz gab es bis vergangenen Dezember eine Versicherungsvignette für Fahrräder. Davor sogar eine Nummerntafel. Jetzt ist beides abgeschafft.

FM4 zur Europäischen Mobilitätswoche: Mittwoch 19.9. gehts in FM4 Connected ums Radfahren, am autofreien Tag (Samstag 22.9.) um das Sterben der Regionalbahnen.

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Nummertafeln für das Fahrrad, das war heuer zumindest in Wien ein beliebtes Sommerthema. Nicht nur die FPÖ oder Ursula Stenzel haben nach Radnummerntafeln gerufen, auch der Wiener Bürgermeister Michael Häupl hat laut darüber nachgedacht. Die Nummerntafeln - so hofft man - sollen Rowdytum von FahradfahrerInnen eindämmen. Außerdem könnte man sie so für mögliche Schäden oder Unfälle zur Verantwortung ziehen. Das Thema Fahrradnummerntafeln ist in Wien mittlerweile vom Tisch, wer weiß, ob es im nächsten Wahlkampf nicht wieder Thema wird.

In der Schweiz hat es schon einmal solche Radnummertafeln gegeben und bis vergangenen Juni auch eine so genannte Velovignette. Vielleicht kann man ja aus den Erfahrungen in der Schweiz Lehren für Österreich ziehen.

Velovignette am Fahrrad

Wikicommons/Ralf Roletschek

Velovignette auf einem Fahrrad

Tafel bzw. Vignette

In der Schweiz gab es bis Ende der 1980er eine richtige Fahrradnummerntafel, erklärt Christoph Merkli von der Schweizer Fahrradlobby provelo: "Das war so etwas wie eine Zulassung des Fahrrades. Mans musste das Fahrrad auf dem Polizeiposten vorbeibringen und zeigen, ob es richtig ausgestattet war." Dann bekam man eine rote Plakette, die wurde an das Fahrrad geschraubt und war dann für ein Jahr gültig. Die Nummerntafeln für das Fahrrad wurden 1989 abgeschafft. Einerseits weil der Polizei mit der Zeit der Verwaltungsaufwand zu viel wurde: "Die Registrierung der Fahrräder war mit einem erheblichen Papieraufwand verbunden." Andererseits wurde auch hinterfragt, ob durch die Schilder nicht zu viel Blech jährlich verbraucht wurde.

Das Schild wurde durch eine Vignette ersetzt. Diese war etwa drei mal fünf Zentimeter groß und wurde auf dem Schutzblech des Fahrrads angebracht. Um die Ausrüstung des Fahrrads ging es bei der Plakette eigentlich nicht mehr, sie war nur ein Versicherungsnachweis. Um fünf Schweizer Franken, das wären heute umgerechnet 4,10 Euro, konnte man sich für einen Schaden von bis zu 2000 Franken versichern.

Velovignette schweiz

Wikicommons/EventHorizon

Seit 2012 abgeschafft

Die Velovignette gab es bis vergangenen Dezember, mittlerweile wurde sie abgeschafft. "Man hat gefunden, das ist ein alter Zopf, das brauchen wir nicht mehr, denn 90 Prozent der Bevölkerung der Schweiz haben ohnehin bereits eine private Haftpflichtversicherung", sagt Christoph Merkli. Auch die Versicherungen hatten beklagt, die Vignette mache ihnen mehr Arbeit als sie Einnahmen bringe. Seit Juni dieses Jahres ist der Versicherungsschutz der alten Vignetten ausgelaufen, deswegen kann man noch nicht sagen, ob jetzt mehr Unfälle mit FahradfahrerInnen passieren, die nicht versichert sind.

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Weniger Radrowdys auf den Straßen, diesen Effekt konnte man in der Schweiz weder bei der Nummerntafel noch bei der Vignette bemerken. "Diese Rowdys gibt es und sie sind sicher ein Ärgernis, aber letztlich passieren doch relativ wenig Unfälle und so gesehen ist es auch kein wirkliches Mittel zur Unfallverhütung." Abgesehen davon war die Vignette auch viel zu klein, um die Nummer auf die Ferne lesen zu können. Man hätte also zur Blechtafel zurückkehren müssen und das wolle in der Schweiz niemand, meint Christoph Merkli.

Provelo hat sich aber immer gegen die Abschaffung der Schweizer Velovignette ausgesprochen. Grund dafür waren weniger Fahrradrowdys oder Unfallvermeidung, sagt Merkli. Vielmehr war die Velovignette eine recht günstige Möglichkeit, sich und das Fahrrad zu versichern. Und andererseits war die Vignettennummer neben Marke, Farbe und Rahmennummer ein viertes Merkmal, um gestohlene Fahrräder wieder zu finden. "Aber da sie nun mal weg ist, ist sie weg und wir wissen, die kommt nie wieder", lacht Merkli. "Wir werden uns auch mit der neuen Situation arrangieren. Meines Wissens war die Vignette ein Unikum, in Europa gab es sonst nirgendwo eine solche Vignette. Von dem her sind wir jetzt im gleichen Boot wie alle anderen Länder um uns herum."