Erstellt am: 14. 9. 2012 - 14:08 Uhr
Die soziale Lage von Studierenden
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Studierende an den österreichischen Universitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen werden immer älter und immer mehr von ihnen sind neben dem Studium auch erwerbstätig, im Jahr 2011 waren es 63 Prozent.
Das sind zentrale Ergebnisse des neuen Studierenden Sozialberichts, der am Freitag präsentiert wurde. Insgesamt 320.000 Studierende gab es in Österreich im Jahr 2011. 44.000 haben bei der Sozialstudie mitgemacht, indem sie einen Online-Fragebogen ausgefüllt haben. Seit 2009 ist die Zahl der StudienanfägerInnen kontinuierlich gestiegen. Dabei fällt auf, dass mehr Studierende aus so genannten bildungsfernen Schichten ein Studium begonnen haben und dass es viele RückkehrerInnen gibt. Also Studierende, die ein Studium abgebrochen haben und auf die Uni zurückkehren, um dieses abzuschließen.
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Vor allem durch diese zwei Faktoren steigt das Durchschnittsalter an den Unis und FHs, denn viele beginnen ein Studium, nachdem sie einige Jahre gearbeitet haben oder eine andere Berufsausbildung absolviert haben. Das Durchschnittsalter an den Unis in Österreich beträgt zum Beispiel 26,9 Jahre, das an den FHs 25,4 Jahre.
Studienautor Martin Unger von IHS betont hier, dass die Gruppe der Studierenden immer unterschiedlicher wird. Das Bild des/der 18-jährigen StudienanfängerIn, der/die von Eltern und Beihilfen finanziert wird und sich Vollzeit dem Studium widmet, entspricht kaum den aktuellen Zahlen. Vor allem so genannte „Lifelong Learner“, meint der Studienautor, kommen zu den klassischen Studierenden dazu.
Viele müssen arbeiten gehen
Der Trend der letzten Jahre zeigt: Immer mehr Studierende müssen neben dem Büffeln auf der Uni auch arbeiten gehen. 2011 waren das insgesamt 63 Prozent, manche nur in den Ferien, aber fast die Hälfte aller StudentInnen gehen während des Semesters regelmäßig arbeiten. Hier zeigen sich große Unterschiede beim Alter: Die Jüngeren gehen weniger arbeiten, je älter die StudentInnen sind, desto häufiger und desto mehr Wochenstunden arbeiten sie. Die Erwerbsquote unterscheidet sich nicht nach der sozialen Herkunft. Aber Studierende aus niedrigeren sozialen Schichten arbeiten mehr Stunden in der Woche und sie sind finanziell stärker auf dieses Einkommen angewiesen.
Durchschnittlich arbeiten die Studierenden 20 Wochenstunden neben der Uni. Man weiß, betont Martin Unger, dass sich bei 10 Wochenstunden das Studieren und das Arbeiten gut miteinander verbinden lassen. Sobald man mehr als 10 Wochenstunden arbeitet, leidet der Studienfortschritt darunter. Daraus ergibt sich für viele Studierende ein Teufelskreis: Wer viel arbeiten muss, kommt langsamer im Studium voran und verliert dadurch möglicherweise Beihilfen, die sehr oft an Alter und Mindeststudienzeiten gekoppelt sind. Wer Beihilfen verliert, muss umso mehr arbeiten. So rutschen viele Studierende nach und nach in die Erwerbstätigkeit hinein und schließen unter Umständen ihr Studium nicht mehr ab.
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In der Studie wurde auch gefragt, ob sich StudentInnen hauptsächlich als studierend oder als arbeitend sehen. Interessanterweise waren es 19 Prozent, die sich als hauptsächlich arbeitend und nebenbei studierend bezeichnen. Es gibt also immer mehr Teilzeit-Studierende. Ein Trend, auf den sich die österreichischen Unis bisher kaum bis wenig eingestellt haben. Hier geht man immer noch von einem Idealbild des/der Vollzeit-StudentIn aus, während man Teilzeitstudierende oder „prüfungsruhende“ Studierende, also solche, die inskribiert sind, aber wenige Prüfungen absolvieren, eher loswerden möchte.
Durchschnittliches Einkommen: 1.000 Euro
Im Zuge der Studie wurde auch gefragt, wie viel Geld die Studierenden durchschnittlich zur Verfügung haben. Das Ergebnis: rund 1.000 Euro hat ein/eine Student/in im Monat durchschnittlich zur Verfügung. Das beinhaltet aber nicht nur Bargeld, sondern auch so genannte Naturalleistungen, das heißt, wenn einem/einer die Eltern die Miete, die Handyrechnung oder das Öffiticket bezahlen oder man zuhause wohnt oder isst.
Auch beim Einkommen gibt es aber große Unterschiede unter den Studierenden: Ein Drittel von ihnen muss mit weniger als 700 Euro im Monat auskommen. Und es gilt: Je älter, desto mehr Geld auf dem Konto, da mehr von ihnen arbeiten gehen und sie meistens auch mehr Wochenstunden arbeiten.
Einkommensquellen sind neben der Arbeit vor allem die Familie, das heißt die Unterstützung von den Eltern. Nur 8% des Durchschnittsbudgets kommen aus öffentlichen Förderungen. Das liegt daran, dass nur 14,7% aller Studierenden überhaupt eine Studienbeihilfe bekommen und dass diese meist sehr niedrig ist: Im Durchschnitt bekommt man 272 Euro im Monat. Die Anträge auf Studienbeihilfe sind seit 2006 auch zurückgegangen. Das liegt einerseits daran, dass es seit 2009 keine Studiengebühren mehr gibt, und die Befreiung von den Studiengebühren an den Bezug von Beihilfen gekoppelt war. Andererseits, so Gottfried Schlöglhofer, der Leiter der Studienbeihilfenbehörde, wollen sich viele Studierende die komplizierte Antragstellung wegen 20 Euro gar nicht antun. Dabei sind viele weitere Förderungen oder Befreiungen an die Studienbeihilfe gekoppelt, so z.B. die Beifreiung von GIS-Gebühren oder die Wohnbeihilfe.
Ausgegeben wird das Budget hauptsächlich für Wohnen und Ernährung, dazu kommen Mobilität und Kommunikation. Die Erhebung zeigt auch, dass den Studierenden nach Abzug aller Ausgaben nichts von ihrem Budget übrig bleibt. Auf die Frage eines Journalisten, wo der Wissenschaftsminister denn bei diesem Budget noch Spielraum für Studiengebühren sehe, schweigt Wissenschaftsminister Töchterle auf der heutigen Pressekonferenz zunächst eine Minute, danach meint er sehr allgemein, man müsse sich überlegen, wer da befreit sein könnte und wer nicht.
Änderungen wären nötig
Die Sozialerhebung zeigt: Das Bild vom klassischen Studierenden, der mit 18 oder 19 das Studium beginnt, sich Vollzeit auf die Uni konzentriert und von Eltern und Beihilfen lebt, ist so nicht mehr haltbar. Vielmehr differenziert sich die Gruppe der Studierenden immer mehr aus, sie werden zunehmend älter und viele gehen neben dem Studium arbeiten. Ein Fünftel sieht sich sogar als nebenbei studierend, während sie hauptsächlich arbeiten gehen.
Auf diese Realitäten sind die Unis und die Beihilfensysteme nicht ausgerichtet: Studienbeihilfen und die Familienbeihilfe sind ans Alter gekoppelt und an ein Absolvieren des Studiums in der Mindeststudienzeit.
Die meisten Studienrichtungen sind noch immer auf Vollzeitstudierende eingerichtet, die zu allen Tageszeiten Vorlesungen oder Seminare besuchen können und unter der Woche zusätzlich Zeit für Übungen und Seminararbeiten haben.
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Im Studio zu Gast
Im Connected Studio war Martin Schott vom ÖH Vorsitzteam zu Gast. Mit ihm sprechen wir darüber, wie es den Studierenden geht, wo sie finanzielle Probleme haben und auch, was sich aus Sicht der ÖH ändern muss, damit möglichst viele Studierenden es auch schaffen, ein Studium abzuschließen.