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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

7. 9. 2012 - 19:48

Fußball-Journal '12-30.

Die letzte Chance in der U 21-Qualifikation - ordentlich vergregoritscht.

Auch in der aktuellen Saison begleitet das Fußball-Journal '12 (wie schon in den Vorjahren) die heimische Bundesliga, den Cup, Nationalteam und ÖFB, den Nachwuchs, das europäische Geschäft und das mediale Umfeld.

Heute: Anmerkungen zur U21-Quali-Partie von Österreichs Junioren in den Niederlanden.

Tor: Siebenhandl.
Abwehr: Mally, Dibon (C), Windbichler, Dilaver.
Mittelfeld: Sabitzer, Hinteregger, Holzhauser, Schwab, Klem.
Angriff: Weimann.
Eingewechselt: Djuricin (13. f Weimann), Meilinger (35. f Windbichler), Prietl (46. f Mally).
Subs not used: Strebinger; Wimmer, Grozurek, Michael Gregoritsch.

Am Montag spielte Österreich daheim gegen Schottland und zwar so:

Tor: Siebenhandl.
Abwehr: Sollbauer, Kapitän Dibon, Kevin Wimmer, Klem.
Mittelfeld: Lukas Grozurek, Prietl, Schwab, Meilinger.
Angriff: Michael Gregoritsch, Weimann.
Eingewechselt: Marcel Ritzmaier (60. f Schwab), Sabitzer (68. f Grego-ritsch), Holzhauser (85 f Meilinger).
Subs not used: Riegler; Mally, Tobias Kainz, Wernitznig.

Der Kader:

Tor: Jörg Siebenhandl (Neustadt), Richard Strebinger (Werder/D), Christoph Riegler (St.Pölten), der für den angesclagenen Samuel Radlinger (Hannover/D) nachnominiert wurde.

Abwehr: Emir Dilaver, Remo Mally (Austria), Kevin Wimmer (Köln/D), Richard Windbichler (Admira), Christopher Dibon, Martin Hinteregger (Salzburg), Christian Klem (Sturm). Nachnominiert: Michael Sollbauer (WAC). Auf Abruf: Matthias Maak (Neustadt). Patrick Farkas (Mattersburg) ist verletzt.

Mittelfeld: Tobias Kainz (Heerenveen/NED), Raphael Holzhauser (Stuttgart/D), Manuel Prietl (Mattersburg), Stefan Schwab (Admira), Marco Meilinger (Ried), Lukas Grozurek (Rapid), Marco Djuricin (Regensburg/D), Marcel Sabitzer (Admira). Nachnominiert: Marcel Ritzmaier (PSV/NED), Christopher Wernitznig (Innsbruck). Auf Abruf: Marcel Ziegl (Ried), Daniel Schütz, (Innsbruck), Christoph Kröpfl (Sturm). Abgemeldet: Daniel Royer (Köln/D).

Angriff: Deni Alar (Rapid), Andreas Weimann (Aston Villa/ENG), Michael Gregoritsch (Hoffen-heim/D). Auf Abruf: Dario Tadic (Neustadt).

U21 spielberechtigt wären die ins A-Team berufenen Lindner, Dragovic, sowie der verletzte Alaba. Verletzt sind/waren Florian Kainz (Sturm), Michael Schimpelsberger und Christopher Drazan (Rapid).

Es fehlen ua: Kevin Stöger (Stuttgart/D), Christoph Knasmüllner (Ingolstadt/ D), Moritz Moser und Alexander Aschauer (Burghausen/D), Manuel Sutter (St. Gallen/SUI), Dejan Stojanovic (Bologna/ITA), Lukas Spendlhofer (Inter/ITA), Robert Gucher (Frosinone/ ITA), Florian Hart (Sönder-jyskE/ DEN), Philipp Prosenik (Milan/ ITA), Georg Teigl, Stefan Hierländer (Salzburg), Dieter Elsneg (KSV), Lukas Rath (Mattersburg), Momo Ildiz (Rapid), Lukas Rotpuller (Austria), Daniel Offenbacher (Neustadt), Robert Zulj (Ried)...

Die Situation hat etwas Absurdes: ich sitze auf einem Hotelbalkon in einem außereuropäischen Land und sehe einen schlecht ausbalancierten Live-Stream einer englischsprachigen Übertragung des EM-Qualifikationsspiels der U21-Teams der Niederlande und Österreichs; in bescheiden abgefilmter Aufnahmequalität.
Und trotzdem bricht sofort ein guter Teil Österreichertum auf mich herein.

Es ist gerade Halbzeit, während ich diese Worte tippe, und es steht 3:0 für Jong Holland. Um eine Chance auf eine EM-Quali-Chance zu haben, hätte Österreich einen Sieg gebraucht (und einen am Montag gegen Schottland; und andere Resultate hätten auch passen müssen) - alles andere ist völlig nutz- und sinnlos.

Coach Werner Gregoritsch hatte sein Team in einer Art 4-1-4-1 aufs Feld geschickt. Mit Martin Hinteregger, dem Salzburger Defensiv-Bolzen, im defensiven Mittelfeld. Mit Christian Klem, bei Sturm Links-Verteidiger, im Mittelfeld. Dass auf der Rechtsverteidiger-Position kein Rechtsverteidiger, sondern der Innenverteidiger Remo Mally spielt, weil sich der einzige Kandidat (Patrick Farkas) verletzt hat, nehme ich als Folklore, als traditionelle Normalität innerhalb des ÖFB.
Aber: in ein Entscheidungs-Match, in dem nur der zählt, mit vier Innenverteidigern und insgesamt sieben oder acht (kommt drauf an wie man Holzhauser rechnet) Defensiv-Akteuren zu gehen, halte ich für pervers. Es hat was von der Vier-Pfosten-Idiotie, mit der uns der unselige Constantini (erinnert sich noch jemand?) vor einiger Zeit gequält hat.

Gregoritsch' Grundformation: vier Pfosten, acht Defensive

Nach dem zweiten wundervoll herausgespielten Gegentor von Zeefuik in der 28. Minute brachte Gregoritsch immerhin Marco Meilinger für einen der vier Innenverteidiger und kann seitdem auf sowas wie eine Flügelzange (Sabitzer-Meilinger) zurückgreifen. Vorne ist der für den frühzeitig verletzten Andi Weimann eingewechselte Marco Djuricin, der bei Regensburg auf der Flanke spielt, verloren, weil zentral hinter ihm Stefan Schwab spielt, der von seinem Klubtrainer Dietmar Kühbauer für einen Stürmer gehalten wird, aber eben ein Achter ist; wie auch Holzhauser.

Dass sich Österreich in der gesamten ersten Halbzeit keine einzige echte Torchance erarbeiten konnte, liegt nicht nur an diesem allzu offensichtlichen Loch in der Offensiv-Zentrale, an der Pfosten-Abwehr oder an der mangelnden Offensiv-Aufstellung, sondern auch an der Tatsache, dass es praktisch kein Pressing gibt, dass man die eifrig kombinierenden Niederländer (die mit Stars wie Wijnaldum, John, Maher oder Bruma aufgelaufen sind; Barazite ist gar nicht dabei) bis zehn Meter hinter der Mittellinie nicht attackiert und sich danach als recht wehrlos gegen die Doppelpassereien erweist.

Das 4-1-4-1 ist/war Gregoritsch' Lieblings-System bei Kapfenberg, es aber derart hirnlos auf die U21 zu übertragen und so viele Akteure wie möglich nicht auf ihren Ideal-Positionen spielen zu lassen, versaut allerdings die bestgemeinte Idee.

Schuhplattler mit Nachzipf

Anfang der 2. Halbzeit bringt Gregoritsch den Mattersburger Prietl und hat dann, mit seiner bereits letzten Wechsel-Option endlich ein 4-1-4-1, das auch passt.

Halt erst im Nachzipf, am letzten Drücker.
Und zu spät.

Jetzt spielen Dilaver rechts und Klem links in der Abwehr, gibt es mit Prietl einen echten Sechser, mit Holzhauser-Schwab zwei Achter davor, mit Meilinger-Sabitzer eine Flügelzange.
Ich will nicht behaupten, dass das ein gut aufgestelltes U21-Team ist. Ich will auch nicht behaupten, dass das das Beste ist, was man aus Österreichs aktueller U21 machen kann. Es ist in fact nicht einmal das Beste, was man aus dem nach Tilburg mitgereitsten Kader machen kann.

Aber es ist eine Aufstellung, bei der man sich zumindest nicht aufs Hirn greifen muss.
Wie es zu Beginn der 1. Halbzeit noch eindeutig der Fall war.

Das alles nützt leider nichts.
Auch nicht Sabitzers Anschlusstor.
Zu daneben ist Martin Hinteregger, der sein zweites ganz klares Gelb-Foul begeht. Und zu stark ist Jong Holland, das problemlos einen Zahn zulegt und dann eben ein viertes Tor macht.

Und so spüre ich, hier am Hotel-Balkon in der Ferne, inmitten einer gänzlich unösterreichischen Umgebung, ganz deutlich die heimische Folklore. Absurd. Ich kann Werner Gregoritsch und seinen unsensiblen Schuhplattler, sein grässlich vercoachtes Match körperlich herüberspüren. Und es riecht verdammt heimatlich.

Die Mär vom durchgängigen Spielsystem

In diesem Zusammenhang ist die eben getätigte Aussage von Marcel Koller interessant, dass er sich nämlich dann bald, demnächst, vielleicht, nicht sehr, aber doch, irgendwie auch um sowas wie eine einheitliche Spielkultur bei den Junioren-Nationalmannschaften kümmern wird. Oder so.

Im benachbarten Ausland, in Deutschland oder der Schweiz etwa (auch wenn das Herr Ruttensteiner gar nicht gerne hört) ist so etwas wie ein durchgängiges Spielsystem erste Bürgerpflicht, wenn ein Verband nachhaltig und langfristig handelt. Aktuell ist das für Österreichs U21 (und dem Vernehmen nach auch Herafs U18) reines Wunschdenken.

Denn in Österreich macht Herr Gregoritisch halt, wie immer, was er will und tappt in einen Fettnapf nach dem anderen; in guter Tradition von Vorläufern wie Andreas Heraf; auch im entscheidenden Spiel der ihm überantworteten Generation.
Als ob es wurscht wäre.
Weil es den Entscheidungsträgern nämlich wirklich wurscht ist.

So, Abpfiff, 1:4 verloren, klar und verdient.
Und auch die Entscheidung, nicht dieses entscheidende Match live auf Sport plus zu übertragen, sondern das Heimspiel am Montag, das Match gegen Schottland, in dem es - nicht unvermutet - um die blecherne Ananas geht: wurscht.