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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

5. 9. 2012 - 11:01

Yeah mon, NYC!

Der West Indian Carnival 2012, ein knallbunter Menschenzug in Crown Heights, Brooklyn.

Crown Heights, du dunkel schlagendes, manchmal blutendes Herz von Brooklyn! Eingebettet zwischen den Hoods Bed Stuy im Norden, dem notorischen Brownsville im Osten, East Flatbush im Süden und Prospect Heights im Westen, beheimatet Crown Heights vorwiegend Einwanderer aus den West Indies. Es ist auch das weltweite Zentrum des mächtigen Chassiden-Zweigs Chabad-Lubavitch. Alljährlich am ersten Montag im September findet hier der West Indian Carnival statt. Dutzende Soundsystems, Steel-Drum-Bands und kostümierte Tanzgruppen ziehen über den Eastern Parkway, die Hauptstraße des Viertels. Heiß geht es her zwischen Jerk-Chicken-Grills, Soca und Calypso-Sounds, dem Wining der Tanzenden und einem Großaufgebot der Polizei, das sich manchmal von den karibischen Klängen mitreißen lässt, in erster Linie aber für die Eindämmung der am Rande des Carnivals leider immer wieder ausbrechenden Gewalt zuständig ist. Genaue Angaben gibt es nicht, aber die Veranstalter schätzen die Zahl der Paradeteilnehmer auf über eine Million. Dreimal so viele dürften sich an den ergänzenden Feierlichkeiten beteiligen, die sich über das gesamte Wochenende ziehen. Wer hier eintaucht, kann schon mal verloren gehen. Von den Schlagzeilen der Chronikseiten sollte man sich dennoch nicht abhalten lassen. Millionen Menschen feiern bei dem auch "Labor Day Carnival" genannten Umzug ausgelassen und friedlich miteinander ein Fest der Kulturen und Communities. NYC at it’s best.

Der besuchende Spezi aus München mit lokalem Anschluss aus Trinidad hat sich bereits die Nacht davor auf die Piste begeben. Der "Umzug vor dem Umzug" wird J'ouvert genannt. Er geht auf eine westindische Karnevalstradition zurück, wonach die Sklaven ihre geheimen Feiern im Schutz der Dunkelheit abhielten. Der Legende nach soll sich beim J'ouvert auch immer wieder der Geist der Rebellion manifestiert haben. Die Teilnehmer beschmierten sich gegenseitig mit Farbe, Öl und Kreide, um im Fall des Auffliegens unerkannt die Flucht ergreifen zu können. Andere Quellen gehen davon aus, dass man mit der Farbenschlacht die Maskenbälle der Sklavenhalter imitieren und verhöhnen wollte. Die "Jab Jabs" genannten Dämonendarsteller tragen wohl nicht zufällig Teufelshörner. Mit Ende der Sklaverei wurden die Feierlichkeiten bis in den Tag hinein ausgedehnt. Die Geschichte des Raves muss also wohl noch einmal überdacht werden. Am Ende des J’ouvert war der Spezi jedenfalls ein ziemlich bunter Hund.