Erstellt am: 9. 9. 2012 - 14:00 Uhr
Mögliches Verhalten im Falle des Lottogewinns

marc carnal
Marc Carnal, der schönste Mann von Wien, sammelt seit geraumer Zeit Einkaufslisten.
Unterstützt wird er dabei von einem stetig wachsenden Kreis an redlichen Helfern, die ihn regelmäßig mit am Wegesrand oder in Supermärkten aufgelesenen Zettelchen beliefern, auf denen Fremde seltsame, amüsante, wirre, ungesunde oder fragwürdige Gedankenstützen notiert haben.
Zu diesen teils zauberhaften Stichwortsammlungen verfasst Herr Carnal dann Texte und trägt diese zwischendurch auch öffentlich vor.
Lesungstermine erfährt man verlässlich, wenn man Eier, Butter, Bier auf Facebook befürwortet.

marc carnal
Die rechte Spalte dieser Liste bietet einen schönen Überblick über die Top-Laster der Bevölkerung - Rauchen, Glücksspiel und Fernsehen. Das Rauchen habe ich an dieser Stelle ja bereits in strengem Ton erörtert. Auch über TV Media wollte ich mal einen Aufsatz schreiben, schließlich besitze ich tatsächlich vier Einkaufslisten, auf denen diese Zeitschrift notiert ist. Aber leider habe ich zu dieser rätselhaften Publikation rein gar nichts zu sagen.
Bleibt also noch...
Lotto
Ein Gesprächs-Gassenhauer ist nach wie vor die Frage, wie man sich im Falle eines Lottogewinns verhalten würde. Die zahllosen Beispiele von neureichen Glücksspiel-Millionären, die sich im Rausche des jähen Reichtums in Boulevardblättern porträtieren lassen und zwei Jahre später das scheinbar segensreiche Vermögen so dermaßen gedankenlos verjuxt haben, dass sie sich erneut in Boulevardblättern porträtieren lassen können (als grandios Gescheiterte), schrecken die Diskutanten ab.

http://www.flickr.com/photos/booleansplit/
So bleiben die Antworten immer uninspiriert. Die einen würden in fürstliche Immobilien, andere in ausgedehnte Reisen, manche in das afrikanische Schulwesen investieren und einige Firmen gründen. Der Großteil wird natürlich unter Anleitung von Fachkräften angelegt.
Bedenkt man aber, wie unvernünftig und verschwenderisch die meisten mit ihrem wenigen Geld umgehen, ist es sehr unwahrscheinlich, dass im Falle eines gigantischen Kapitals plötzlich Besonnenheit einkehren würde.
"Aber die Freunde!", wenden viele mahnend ein, "Wie sollte man denn noch erkennen, wer die wahren Freunde sind?" Diese Befürchtung kann nur teilen, wer das auch vorher nicht wusste. Macht sich da vielleicht die rein prophylaktische Angst bemerkbar, jemanden am neuen Wohlstand beteiligen zu müssen? Die unvermeidbaren Schnorrer wird man wohl am besten los, indem man ihnen nichts gibt. Das spricht sich schon herum.
Damit wäre aber noch immer nicht die Frage beantwortet, was man denn nun mit den Zaster-Massen anfangen soll.
Am besten gehen wir gleich von einem ordentlichen Gewinn aus, sagen wir 120 Millionen Euro.
"Und was ist das in Schilling?", wollen jetzt natürlich wieder alle wissen.
Na gut: Das sind über 1,6 Milliarden Schilling. Auch wenn ich bis über unsere Landesgrenzen hinaus bekannt dafür bin, zu maßlosen Übertreibungen zu neigen, fließt mir doch reinen Gewissens aus der Feder, dass es sich dabei um scheißviel Kohle handelt.
Als kostenlose Serviceleistung für künftige Millionäre möchte ich nun also drei Ideen ausführen, wie man sich nach einem Lottogewinn verhalten könnte.
1.
Man investiert alles in die Vertuschung des Reichtums. Niemand wird eingeweiht. Rund um eine schäbige Schein-Wohnung lässt man ein Luxus-Anwesen einrichten, das ausschließlich durch Geheimtüren hinter Schränken zu betreten ist. Renommierte Designer bekommen Unsummen dafür, Kleidung zu entwerfen, die zwar aus erlesenen Stoffen gefertigt ist, aber nach Discounter-Wühltisch auszusehen hat. In einem weltweiten Contest wird ein möglichst detailgetreues Double gecastet, das täglich einer schlecht bezahlten Arbeit nachgeht, um lästige Fragen zu vermeiden. Ein stolzes Ensemble fürstlich entlohnter Schauspieler mimt regelmäßig Steuerprüfer, Exekutoren oder GIS-Mitarbeiter, die einem das scheinbar bescheidene Dasein noch zusätzlich vergällen. Photoshop-Koryphäen montieren monatelang Urlaubsfotos, die einen fingierten Rucksack-Trip dokumentieren sollen, der zu Gunsten eines luxuriösen Urlaubs natürlich nie stattgefunden hat. Ein ganzer Tross an Ghostwritern tüftelt permanent an möglichst authentischen Geschichten aus dem Alltag jenes kleinen Mannes, der man längst nicht mehr ist. Um die Fake-Armut zu untermauern, borgt man sich regelmäßig von Freunden Geld aus, das man erst nach langer Zeit und oftmaligem Nachfragen resigniert zurückzahlt.
Der Großteil des Gewinns wird also in das Bemühen investiert, zu verbergen, dass man in der Lage ist, soviel Geld zu investieren. Eine groteske, womöglich aber recht lustvolle Aufgabe.
2.
Man greift auf EU-weite Reserven zurück und lässt sich den Großteil des Vermögens in Münzen ausbezahlen. Mit dem Rest baut man eine Lagerhalle für die Tonnen an Metall und ein ausgeklügeltes Überwachungssystem.
Von nun an gönnt man sich vollen Zugriff auf den Reichtum, allerdings unter der Bedingung, nur mit den vielen Münzen zahlen zu dürfen. Theoretisch kann man sich alles kaufen, wird sich aber jede Anschaffung dreimal überlegen, weil alleine tausend Euro in Form von 1 Euro-Münzen sieben Kilo und in 1 Cent-Stücken ganze 230 Kilo wiegen, also so viel wie ein Löwe. Neben dem horrenden Gewicht muss man auch die unangenehme Situation am Radar haben, mit unzähligen schweren Säcken in einen Elektrofachmarkt zu pilgern und die Mitarbeiter zu nötigen, das ganze Geld zu zählen.
Mit dieser Methode setzt man sich zwar nie dem Gefühl aus, theoretisch auf etwas verzichten zu müssen, wird aber jede Ausgabe gründlich überlegen und so ein relativ unbeschwertes, aber bestimmt nicht übertrieben prunkvolles Dasein fristen.
3.
Laut WikiAnswers besteht ein Kilo Reis aus rund 80.000 Körnern. Der derzeitige Weltpreis für eine Tonne Reis liegt ungefähr bei 460 Euro. Mit 120 Millionen Euro könnte man also 260870 Tonnen Reis kaufen, das wären 260870000 Kilo und somit über 20 Billionen Reiskörner.
Nun kauft man sich ein Schachbrett, legt auf das erste Feld ein Reiskorn, auf das zweite zwei, auf das dritte vier, auf das vierte acht und so weiter. Um nach diesem Prinzip sämtliche Schachbretter zu füllen, fehlen zwar immer noch über 18 Trillionen Körner, mehr als der doofe König aus dem alten Gleichnis hätte man aber trotzdem zusammengebracht.