Erstellt am: 1. 9. 2012 - 12:12 Uhr
Hasta La Vista, Arnie!
Ich kann mich noch gut erinnern. Während ich bei Pressekonferenzen meist Distanz wahre, setzte ich mich damals extra in die erste Reihe, um ein bisschen von diesem speziellen Charisma zu erhaschen. Von dieser Aura aus Macht und Besessenheit und gleichzeitiger Selbstironie.
"Terminator 3: Rise Of The Machines" war damals der Anlass gewesen, der den Superstar der Sci-Fi-Saga, einen gewissen Arnold Schwarzenegger, nach Berlin geführt hatte. Die Fragen der anwesenden JournalistInnen drehten sich im Juli 2003 aber hauptsächlich um die politischen Ambitionen der Hollywood-Ikone. Auf dem Podium scherzte ein gut gelaunter T-850, dass man diesbezüglich nichts Ernsthaftes zu erwarten habe. Und er dem Kino ganz sicher erhalten bleibe.
Columbia
So recht wollte ihm das niemand abnehmen, aber wer widerspricht schon einer unzerstörbaren Killermaschine mit steirischem Akzent? Bereits Anfang August gab Schwarzenegger dann seine Kandidatur für das Amt des Gouverneurs von Kalifornien bekannt. Der Rest ist kontrovers diskutierte Polit-Geschichte.
"I'm back" ertönte es nun im üblichen Tonfall bereits aus dem Trailer zu "The Expendables 2". Und tatsächlich: Er ist wieder zurück. Gestern noch verhandelte er über Budgeteinsparungen, heute schießt er mit der Pumpgun bereits wieder alles in Fetzen. Der Gouvernator verwandelt sich wieder in den Terminator, beinahe zumindest. Es mag B-Movie-Schauspieler wie Ronald Reagan gegeben haben, die es zum US-Präsidenten schafften. Aber noch nie hat ein hochrangiger Politiker so schnell sein Büro gegen Filmkulissen getauscht.
Centfox
Back in Äkschn
Ein irrwitziges Phänomen war der heute 65-Jährige aber von Anfang an. Ein steirischer Provinz-Bodybuilder, der es nach Hollywood schafft, in den Kennedyclan einheiratet und zum Spitzenpolitiker mutiert, das soll ihm erst mal wer nachmachen. Auch Schwarzenegger-Kritiker und Gegner müssen eingestehen: Der Mann verfügt über eine faszinierende Antriebskraft, die ihn zu einer Ausnahmepersönlichkeit macht.
Der allerwichtigste Punkt für meine Wenigkeit ist allerdings: Er hat in absoluten Klassikern des modernen Actionkinos gespielt. "Total Recall", "Predator" oder "Red Heat" beispielsweise. Grandios brachiales Genre-Entertainment, inszeniert von diesbezüglichen Großmeistern wie Paul Verhoeven, John McTiernan und Walter Hill, die das Maximum aus der steirischen Physiognomie herausholten. Gar nicht zu reden von James Camerons "Terminator"-Streifen, die mit futuristischer Action die Sinne betäubten, aber mit ihren Erzählungen von Teamwork, Rebellion und Patchworkfamilien auch die reaktionären Limitierungen des Kraftlackel-Genres aushebelten.
Lionsgate
Ob die kommenden Arnie-Filme in dieser Liga mitspielen, darf vorsichtig bezweifelt werden. "The Last Stand" zeigt ihn als alternden Provinzsheriff, der mit einem mexikanischen Drogenkartell aufräumen muss, der Trailer weckt Erinnerungen an jene dürftigen Filme (erinnert sich noch wer an "Collateral Damage" oder "The 6th Day"?), mit denen der last action hero seine Karriere vorläufig beendet hatte.
In "Breacher", bei dem immerhin David Ayers, der unberechenbare Spezialist für toughe Polizistendramen, im Regiestuhl sitzt, gehört Schwarzenegger zu einer Elite-Task-Force, die ebenfalls gegen Dealerbanden antritt. "The Tomb" präsentiert ihn als Sidekick seines einstigen großen Box-Office-Gegenspielers Silvester Stallone. Jim Caviezel, 50 Cent und Sam Neill ergänzen die Geschichte rund um einen Spezialisten für ausbruchssichere Hochsicherheits-Gefängnisse, der in einem ebensolchen eingesperrt wird.
Telemünchen Group
Rabiate Frührentner greifen an
Gemeinsame Sache machen Arnie und Sly bekanntlicherweise aber bereits im eben angelaufenen Action-Allstar-Vehikel "The Expendables 2". Nach einem echten Bubentraum hörte sich ja schon der erste Teil an, aber leider war die Vorfreude zu groß. Das Comeback der ausrangierten Actionhelden erwies sich als halbherzige und bruchstückhafte Angelegenheit, der überzogene pathetische Momente ebenso fehlten wie sarkastischer Humor.
Weil "The Expendables" aber dennoch an der Kinokasse blendend funktionierte, heißt es nun Vorhang auf für Teil 2. Regisseur Simon West, ein Profi in Sachen Testosteron-Kino, hat den Massenauflauf der Botox- und Protein-Ikonen besser im Griff als sein Vorgänger Stallone. Das Zusammenspiel der rabiaten Frührentner versprüht diesmal Witz, auch das Non-Stop-Geballer aus allen Rohren, inklusive herumspritzendem CGI-Blut, ist fesselnder inszeniert als im Erstling.
Centfox
Ein wirklich furioser Action-Knaller ist "The Expendables 2" deshalb noch lange nicht. Aber alleine der durchgeknallte Jean-Claude Van Damme als Overacting-Oberbösewicht ist das Eintrittsgeld wert. Und wenn beispielsweise Stallone, Schwarzenegger und Bruce Willis gemeinsam in den Kampf ziehen, dann drückt das dazugehörige Bild für Veteranen im Zuschauersaal wohl unvermeidliche Knöpfe. Weitere Pluspunkte in der nach oben offenen 80ies-Action-Skala: Die vermehrten Auftritte des wunderbaren Dolph Lundgren und die treuherzigen Momente, in denen Chuck Norris seine Vergangenheit als einsamer Rächerwolf zitiert.
Von seiner grob skizzierten Figur in dieser nostalgischen Nummernrevue auf zukünftige Schwarzenegger-Charaktere zu schließen, wäre unfair. Auffällig ist aber nicht nur, dass sich der Mann allzu eitel auf alten Oneliner-Klassikern ausruht. Dadurch, dass Arnie die schmissigen Sätze auch für diverse Wahlkampagnen missbrauchte, wirken sie nur mehr wie ein leerer Nachhall aus der Vergangenheit. Um mit Jarvis Cocker zu sprechen: "The irony is over." Der Ex-Gouverneur muss sich als Action-Entertainer wohl neu erfinden, damit es nicht demnächst heißt: You've been back enough.
Centfox