Erstellt am: 28. 8. 2012 - 16:53 Uhr
A Popstar Fairytale
Es war einmal eine junge Frau, die eigentlich nie ins Rampenlicht wollte. Doch jetzt, eine Woche nach der Veröffentlichung ihres Debüt-Albums "Devotion" rangiert Jessie Ware bereits auf Platz Fünf der britischen Albumcharts.
Wie ist das passiert?

https://www.facebook.com/jessiewaremusic
Neben ihrem stimmlichen Talent, das mit dem von Sade, Whitney Houston und Aaliyah verglichen wird, ist dafür der Besuch einer der künstlerischen Talenteschmieden Londons verantwortlich. Auf der Alleyn's School, die auch Schauspieler wie Jude Law und Musiker wie Ed Simons von den Chemical Brothers hervorgebracht hat, hat Jessie Ware die richtigen Freunde und Bekannten gefunden.
Zum Beispiel Florence Welsh von Florence and the Machine, Felix White, den Gitarrist der Maccabees und den Singer/Songwriter Jack Peñate, der ihr auch das Angebot gemacht hat, ihn als Background-Sängerin zu unterstützen und somit den Stein ins Rollen gebracht hat.
Denn trotz ihrer Ausbildung an der Alleyn´s School wollte Jessie Ware nie Sängerin werden. Sie studierte Englische Literatur in Sussex und hat danach als Journalistin gearbeitet: "I didn't have the guts. You've got to have a real confidence in yourself to be like: 'I'm gonna be a singer and write songs.' I never thought it would go anywhere because it's so unattainable to be a singer. I'd watch 'Top of the Pops' and think I could never do that. And I didn't look like a pop star compared to the people I used to watch on MTV like J.Lo or Destiny's Child", gesteht sie im Pitchfork-Interview. "So I went to university and studied English literature and I forgot about music. I was gonna be a journalist. But then I decided to try and be a backing singer, and my mum was like, 'Go for it.' If that didn't work, I was gonna go to law school. I was just being boringly sensible; trying to be a singer felt a bit indulgent."

https://www.facebook.com/jessiewaremusic
Nach dem Angebot, als Background-Sängerin zu arbeiten, hat sie ihren Job als Journalistin an den Nagel gehängt und war mit ihrer neuen Rolle vollauf zufrieden: "Being a backing singer was my idea of heaven", zitiert sie der Guardian. Jessie Ware ist offensichtlich eine bescheidene Persönlichkeit, im Gegensatz zu ihrer Stimme: als "malleable", also dehnbar und geschmeidig beschreibt sie selbst in einem Interview ihre Stimme: "If they want a big vocal, I can do a big vocal. If they want smooth, I can do smooth. I'll do what they want."
2010 ist sie durch Kollaborationen mit dem Post-Dubstep-Maskenmann SBTRKT einer größeren Zuhörerschaft aufgefallen und die Aufmerksamkeitsspirale drehte sich weiter, als sie ihre Stimme dem Grime-Grandeur Joker und dem SBTRKT-Homie Sampha lieh, mit dem sie im Auskenner-Internet-Stream des Boiler-Room-TVs einen Klassiker von Bobby Caldwell gecovert hat:
In ihrem Solo-Debüt "Devotion" verbindet die 27-Jährige die Stimmung zeitloser Soul-Klassiker der Sechziger und Siebziger mit Pop-Appeal aus den Achtzigern. Ihre Produzenten Dave Okumu, Sänger und Gitarrist der Band The Invisible und der Singer/Songwriter Kid Harpoon sorgen allerdings dafür, dass die Produktionen nicht vintage wie Jessies Klamotten, sondern so brandheiß wie der Londoner Dance-Underground klingen, auch wenn es bei Jessie Ware weit weniger basslastig zugeht.
Kid Harpoon hat aber nicht nur für Jessie Ware die Ballade "Wildest Moments" komponiert, sondern auch Songs für ihre ehemalige Schulkollegin Florence Welsh. Cliquenwirtschaft!
"Baby in our wildest moments.
We could be the greatest, we could be the greatest.
Baby in our wildest moments.
We could be the worst of all."
"Devotion" ist ein romantisches Album mit Groove, das nach den ersten Single-Veröffentlichungen doch ruhiger ausfällt, als erwartet: Die Downtempo-Nummern sind eingängig, vermissen gelegentlich einen klaren Höhepunkt in der Songstruktur. Abgesehen davon, ist "Devotion" wahrscheinlich eines der gelungensten Debüt-Alben des Jahres.
Von einigen Songs sind schon vielversprechende Remixes in Umlauf - Dancefloorgranada spielts etwa beim Disclosure-Remix von "Running" oder auch bei der aktuellen Single "110%", die von dem UK-Funky-House-DJ Julio Bashmore produziert worden ist, der letztes Jahr mit "Battle for Middle you" einen ziemlich großen Club-Hit gelandet hat.
Jessie Ware ist also in guten Händen. Mit der Streetcredibility des Londoner Underground schielt sie Richtung Pop-Mainstream, wo sie wie ihre Freundin Adele eindeutig hingehört. In Blogs wird sie zurecht als neue Sade und ihre Musik als "pop as it should be" gefeiert.
Der Vergleich mit Sade, der sich nicht nur musikalisch, sondern auch optisch anbietet, stört Jessie Ware keineswegs. In einem Interview sagt sie: "I want to be as feminine and classic as possible. I like how strong Sade is, and how she doesn’t give away too much."