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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

29. 8. 2012 - 07:42

Afropunk Fest 2012

Zwischen Individualität und Community: Eindrücke vom besten Sommerfestival New Yorks.

James Spooner und Matthew Morgen trugen in ihren Teenagerjahren dicke Boots statt fette Sneakers und Irokesen-Bürsten statt Do-Rags. Eine Rarität In ihren Communities. Die beiden waren nämlich schwarze Kids. Sie hörten Hardcore, Punk und Metal. Die Bad Brains gingen ihnen näher als die Säulenheiligen des 90s Hip Hop, Biggie Smalls und Tupac Shakur. Selbst unter Außenseitern waren sie Outcasts. Also machten sie sich auf die Suche nach Gleichgesinnten im ganzen Land. Mit dabei eine Kamera. Am Ende stand die Musikdoku Afro-Punk (2003). Im Netz bildete sich schnell eine Community. 2005 traf man sich beim ersten Afro Punk Fest im BAM. Beim diesjährigen SXSW-Festival in Austin wurde die DVD-Version der Rockdoc präsentiert.

Von der Selbstermächtigung zum Hybriden

Was als self-empowerment-Projekt des Punk startete, ist mittlerweile zum Festival der stilistischen Vielfalt geworden, das in NYC mit seiner gelungenen Balance zwischen Individualität und Community-Appeal seinesgleichen sucht. In diesem Jahr kam die Musik von der göttlichen Erykah Badu, den supersonischen TV On The Radio, dem sweetest man alive Reggie Watts, den lokalen Mosh-Pit-Helden Flatbush Zombies, der schwarzen Prinzessin vom anderen Stern Janelle Monae, dem Chillmeister Toro Y Moi und vielen anderen.

Der wahre Star war jedoch das Publikum. Beim Afropunk Fest werden sie sichtbar, die digitalen Tribes und urbanen Subkulturen. Hier kommen sie zusammen, die Black Bikers und Latino Goths, die Schnurrbartträger und Kettensäger, die LGBTs und die Afrozentristen, die Neo-Hippies und Young Pros, die jungen Blipsters und alten Funk Soul Brothers, die Skater, BMX-Freaks und Punks, um sich auszutauschen, sich zu zeigen, sich aneinander zu reiben, miteinander zu feiern und zu diskutieren.

Und so war sie erfahrbar am Gelände, die popkulturell codierte Idee eines modernen Zusammenlebens in der Großstadt, die im Fall Brooklyns weder leicht, noch unmöglich scheint, jedenfalls aber vor großen Herausforderungen zwischen Gentrification, DIY-Boom und Stop-And-Frisk-Policy steht. Und wie immer, wenn sich etwas Neues abzeichnet, ist das Gefühl erhebend und verunsichernd zugleich.

Am Festival gibt es (sehr zurückhaltendes) Corporate Sponsoring, viele soziale On-Site-Projekte und trotz Alkkäfig keine Schnapsleichen. Das Afropunk Fest 2012 wurde am vergangenen Wochenende im Commodore Barry Park in Fort Greene, Brooklyn gehosted. Laut Veranstalter fanden insgesamt 40.000 Besucher den Weg zum Gelände nahe der Navy Yards am East River. Der Eintritt ist übrigens frei.

Next Stop: West Indian Carnival am 3. September.