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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

26. 8. 2012 - 14:22

Es geht ans Eingemachte

Von "Total Recall" bis "Red Dawn": Die Welle der Remakes reißt in Hollywood nicht ab. Demnächst sind die echten Genreklassiker dran.

Er läuft also wieder um sein Leben, der Fabriksarbeiter Douglas Quaid. In Paul Verhoevens Sci-Fi-Thriller "Total Recall" spielte Arnold Schwarzenegger anno 1990 den Durchschnittsbürger, der in eine gewaltige futuristische Verschwörung gerät. Im eben angelaufenen Remake schlüpft Colin Farrell in die Rolle des Geheimagenten wider Willen.

Bereits Arnies charmante Verkörperung der Figur hatte mit der beklemmenden Romanverlage von Philip K. Dick nur mehr wenig zu tun. Aus dem unscheinbaren Niemand Douglas Quaid wurde ein grobklotziger Actionheld mit Bodybuilder-Physis und bauernschlauem Witz. In der "Total Recall" Version von Regisseur Len Wiseman, dem wir auch die sinnbefreiten "Underworld"-Filme verdanken, ist er nun überhaupt ein glatter Feschak, der durch ein CGI-Dauerfeuerwerk sprintet.

Das ist das wirkliche Drama rund um die Remake-Welle, die nicht aufhört über uns Filmfreaks hinwegzuschwappen: Eine spannende Neuauflage, die ganz andere und gewagte künstlerische Wege beschreitet, bekommt nur in den seltensten Fällen grünes Licht in Hollywood. Die aufgewärmten Erfolgsstoffe, so lautet das ungeschriebene Gesetz, müssen schneller und lauter inszeniert sein, die Bilder gelackter, die Darsteller jünger und schöner.

Total Recall

Sony

Postapokalypse Now

Eine Ausnahme könnte eine Comicverfilmung sein, die noch heuer in die Kinos kommen soll. Als Sylvester Stallone 1995 in die Rüstung des Brachial-Cops Judge Dredd stieg, floppte der gleichnamige Film zu Recht gewaltig an den Kassen. Völlig vorbei an den ultraharten britischen Comics inszeniert, die in dystopischer Hoffnungslosigkeit einen zukünftigen Polizeistaat beschworen haben, plätscherte da ein verwässerter Mainstreamabklatsch über die Leinwand.

Der Londoner Ausnahmeautor Alex Garland ("28 Days Later", "Sunshine") versucht nun der knochenharten Vorlage mit einem extrem rauen Drehbuch gerecht zu werden. "Dredd 3-D" zeigt (oder eben nicht, weil diesmal die Maskierung dominiert) Karl Urban als Sci-Fi-Version von Dirty Harry, der in der verwüsteten Mega City One mit Drogenbanden kämpft. Bleibt zu hoffen, dass Garlands Skript auch den beißend ironischen Subtext der Comics halbwegs durchblitzen lässt.

Thematisch nicht ganz unähnlich, aber noch vielversprechender wirkt der angekündigte Versuch des australischen Regiemeisters George Miller seine berühmt-berüchtigte "Mad-Max"-Saga zu revitalisieren. Mel Gibson schrieb Genregeschichte als ledergewandeter Vigilanten-Bulle, der in einer postapokalyptischen Welt Jagd auf Mörder und Plünderer machte. Und nahm selber die durchgeknallte Rächerfigur so ernst, dass er in politischen Abgründen versunken ist.

2013 wird der zu Recht gehypte Tom Hardy den kontroversen Charakter für die Gegenwart wiederbeleben. Wer nur sein Non-Stop-Röcheln als diabolischer Bane in "The Dark Knight Rises" kennt, muss sich sofort "Bronson", "Warrior" und "Inception" im Dreifachfachpaket anschauen, die Vorfreude auf "Mad Max: Fury Road" wird sofort steigen. Charlize Theron und Nicholas Hoult ergänzen die fantastische Besetzung, die Auto-Stunts sollen wieder mal alles schlagen, was das Blechschäden-Kino zu bieten hat.

Dredd 3-D

Universum Film

Chinesische Koreaner greifen an

Neben aalglatten Neuaufgüßen und ambitionierten Updates gibt es natürlich auch eine dritte Kategorie. Das sind jene Filme, die zu einem unnötigen Original ein noch überflüssigeres Remake addieren.

Willkommen in diesem Sinn zur 2012-Version von "Red Dawn". Als "Die rote Flut" wurde John Milius' Actionepos 1984 auch bei uns ein Renner in Provinzkinos und Außenbezirks-Videotheken. Der Regisseur, der anfangs zur New-Hollywood-Bewegung gehörte und durch falsch verstandene Nietzsche-Lektüre zum Kryptofaschisten mutierte, erzählte damals die Geschichte einer Invasion der USA durch kubanische, nicaraguanische und sowjetische Truppen, die eine Guerilla-Truppe amerikanischer Teenager auf den Plan ruft.

Entzückten im selten doofen Originalfilm Jennifer Grey und Patrick Swayze mit einem Prä-"Dirty-Dancing"-Zusammenspiel, greifen im Remake nun diverse Schnuckelchen wie Chris "Thor" Hemsworth, Josh "The Hunger Games" Hutcherson, Adrianne Palicki oder Isabel Lucas zu den Waffen. War zunächst geplant, dass die Vereinigten Staaten diesmal von der chinesischen Armee attackiert werden, wurden in der Postproduktion sämtliche Flaggen und Symbole (nicht die Gesichter) in Richtung Nordkorea verändert. Schließlich, so angeblich die Produzenten, sei China als Filmmarkt nicht zu verachten.

Wird "Red Dawn" zum Kassenknüller, erwarten uns möglicherweise verjüngte und faltenfreie Versionen sämtlicher Chuck-Norris-Abenteuer, das Reservoir an lustig-dumpfen 80ies-Action-Amokläufen ist bekanntlicherweise groß.

Red Dawn

Centfox

Back to Kansas

"Der Spieleinsatz ist eben erheblich geringer bei einem Remake", bringt Sam Raimi die Motivation der Studios auf den Punkt, in ökomischen Krisenzeiten vertraute Knöpfe zu drücken. Der "Spider-Man"-Regisseur selbst wagt sich gleich an einen der absoluten Klassiker der Filmgeschichte. "Oz: The Great And Powerful" ist allerdings, das muss korrekterweise vermerkt werden, ein Prequel.

Raimi erzählt, mit dem allseits verehrten James Franco in der Hauptrolle, wie aus einem harmlosen Zirkusmagier jener Wizard of Oz wird, den Judy Garland & Co. im gleichnamigen Gänsehaut-Musical verzweifelt suchen. Der Trailer sorgt für einigermaßen Skepsis, lässt sich doch die Technicolor-Magie von 1939 nicht so einfach in eine digitale Fantasywelt transferieren.

Ach ja, Sam Raimis schleimtriefendes Billigsdorfer-Horrordebüt "The Evil Dead", dass die Splatterfilmgeschichte für immer veränderte, wird vom Regienewcomer Fede Alvarez auch neu aufgerollt. Anstatt des genial-komödiantischen Bruce Campbell, der für die Rolle des kettensägenschwingenden Ash wohl zu alt geworden ist, wird sich diesmal eine junge Frau mit aller Drastik gegen Wald-und-Wiesen-Zombies wehren.

Oz: The Great & The Powerful

Disney

Der wahre Horror

Für puristische Horrorfans und Genreliebhaber, die wegen dieser Ankündigung schlecht schlafen können, gibt es leider keinerlei Entwarnung. Denn der neue "Tanz der Teufel" signalisiert den Trend, im nächsten Jahr geht es punkto Remakes wirklich ans Eingemachte.

David Gordon Green, ein durchaus begabter, aber schwer einzuschätzender Filmemacher, der mit subtilen Südstaatendramen begann ("Undertow") und mittlerweile zum König des neuen Blödel-Kinos aufgestiegen ist ("Pineapple Express", "Eastbound & Down") wagt sich an den heiligen Gral in Sachen Horror. Ausgerechnet Dario Argentos grellfarbigen, surreal angehauchten und noch immer atemlos machenden Schlüsselstreifen "Suspiria" will der Amerikaner rundum erneuern. Nicht wenige Geeks da draußen wetzen schon und nicht zu Unrecht die Messer, der Film könnte Greens Karriere auf ein neues Level holen – oder abrupt beenden.

Wem das alles auch noch nicht reicht, der darf sich auf Remakes der sinistren Meisterwerke "Whatever Happened To Baby Jane", "Carrie" und, kein Witz, "Videodrome" freuen. Oder vielleicht doch fürchten.