Erstellt am: 14. 8. 2012 - 18:25 Uhr
Kontrolle nach Hautfarbe
"Es gibt Leute, die wenden sich an uns und sagen: 'Jetzt ist es schon das fünfte Mal, dass ausgerechnet ich bei einer Routinekontrolle in der U-Bahn rausgefischt und kontrolliert worden bin' und die Personen haben wirklich sehr stark das Gefühl, dass sie aufgrund ihrer Hautfarbe oder ihrer angenommenen Herkunft rausgefischt werden", sagt Claudia Schäfer von ZARA.
Im Zara Rassismus-Report, in dem Fälle von Rassismus und Diskriminierung in Österreich dokumentiert werden, kommen auch immer wieder Fälle von Ethnic Profiling vor, bei denen Menschen bei Kontrollen nicht wohlwollend oder tatsächlich respektlos behandelt werden.
Das Ethnic Profiling, das Kontrollieren von Menschen aufgrund ihres Aussehens/Hautfarbe, wird von der Polizei nicht abgestritten.
Auswahl nach Anhaltspunkten
"Wenn ich jetzt schon von kriminalpolizeilichen Strukturerhebungen weiß, dass nigerianische, ghanesische oder wie auch immer – man kann da jetzt verschiedenste Länder aufzählen – Personen den Suchtgifthandel dominieren und an gewissen Orten ihre Händler haben, dann wird es nicht sehr sinnvoll sein, wenn ich dort Weiße kontrolliere“, sagt Friedrich Kovar, Referent für menschenrechtskonformes Einschreiten bei der Polizei Wien.
Bei entsprechenden Anhaltspunkten sei die Auswahl der Kontrollierten nach gewissen Kriterien nötig. Dass sich dadurch das Problem ergebe, dass eben Personen mit z.B. schwarzer Hautfarbe immer an gewissen Orten angehalten werden, dessen ist man sich bei der Polizei auch bewusst. "Hier ist es ganz schwierig den Spagat zwischen polizeilicher Aufgabe und der Betroffenheit des Einzelnen zu finden", sagt Kovar. Denn dass bei solchen Kontrollen auch immer ganz viele Menschen dabei sind, die mit Verbrechen gar nichts zu tun haben, ist auch klar.
Dass die Polizei nach bestimmten Anhaltspunkten vorgehen muss, weiß man auch bei ZARA. Problematisch ist aber, dass das vor allem Aussehen derart stark ausschlaggebend für die Verdächtigkeit einer Person ist: "Allein das Aussehen oder die Kleidung einer Person bei der Fahndung heranzuziehen, ist oft einfach nicht ausreichend", sagt Dina Malandi, Beraterin bei ZARA. "Würde da vonseiten der Polizei mehr in Richtung Verhaltensanalyse getan werden, dann wäre auch der Fahndungserfolg wahrscheinlich auch ein besserer!"
Friedrich Kovar meint, nur das Aussehen alleine würde bei diesen Fahndungen nicht berücksichtigt: "Nur nach dem Aussehen zu gehen, und das ist ja das, was man Racial Profiling zurecht vorhält, das wäre sinnlos. Da arbeitet die Polizei am Erfolg vorbei!" Örtlichkeit, Zeit, ein gewisses Verhalten und ja, dann auch das Aussehen und z.B. die Hautfarbe, müssten mit einem gewissen Verdacht übereinstimmen.
Mit Ethnic Profiling werden aber auch gewisse Ergebnisse produziert, gibt Dina Malandi zu bedenken: "Wenn ich ausschließlich eine bestimmte Bevölkerungsgruppe bezüglich irgendwelcher Straftaten kontrolliere, dann ist es ja nicht verwunderlich, wenn ich aus dieser Bevölkerungsgruppe Täter herausfische. Das heißt aber nicht, dass es nicht andere Leute auch noch gibt, und die gehen dann der Polizei durchs Netz!"
So wird immer das gleiche Bild, z.B. das des afrikanischen Drogendealers, sowohl bestätigt als auch wieder neu produziert.
Lösung: Kommunikation
Als Lösung des Problems schlagen sowohl Polizei als auch ZARA das Gleiche vor: Nämlich zu kommunizieren. "Worauf wir Wert legen, ist, dass wir bei Amtshandlungen über den Grund der Anhaltung informieren", erklärt Kovar. Das wäre eigentlich auch so vorgeschrieben, in der so genannten Richtlinienverordnung.
Menschen, die von einer polizeilichen Amtshandlung betroffen sind, haben gewisse Rechte: Sie können den Grund der Anhaltung erfahren, müssen mit „Sie“ angesprochen werden und können die Dienstnummer verlangen.
"Und Beamtinnen und Beamte dürfen nicht den Eindruck erwecken, bei Amtshandlungen vorurteilsbehaftet zu agieren. Sei das aufgrund des Geschlechts einer Person, der Religion, ethnischen Zugehörigkeit, sexueller Orientierung oder aufgrund des Alters." Wenn man das Gefühl hat, dass gegen diese Verordnung verstoßen wurde, dann kann man dagegen auch Beschwerde bei der Dienstaufsichtsbehörde einlegen.
Seit 2008 gibt es bei der Polizei das Projekt "POLIZEI.MACHT.MENSCHEN.RECHTE". In der Ausbildung der Polizistinnen und Polizisten ist Antirassismusarbeit und Sensibilisierung seitdem verpflichtender Kursinhalt. Sensibles Einschreiten und Kommunikationsstrategien werden in diesen Kursen geübt.
Bei ZARA sind die Beschwerden über rassistisches Vorgehen bei der Polizei seit 2008 allerdings nicht zurückgegangen. "Wir können aber auch nur immer das beurteilten, was bei uns als Beschwerde eingeht", gibt Dina Malandi zu bedenken.
In der Ausbildung der PolizistInnen könnte aber durchaus noch mehr getan werden, um Ressentiments abzubauen, findet man bei ZARA. Friedrich Kovar entgegnet dem: "Es ist nicht so, dass man irgendwann zu dem Punkt kommen würde: Ja, jetzt haben wir die Menschenrechte in der Polizei verwirklicht, wir können einen Posten streichen und das Thema abhaken. Gerade bei Racial Profiling. Das ist ein Punkt, mit dem man sich wirklich permanent auseinandersetzen muss!"