Erstellt am: 20. 9. 2012 - 17:12 Uhr
"Life of Ryan"
Es ist mindestens der 51. Versuch. Ryan Sheckler nimmt Anlauf, springt auf sein Skateboard und fährt los. Er springt ab, landet mit einem Tailslide auf einem Betonsockel und will ihn mit einem Kickflip wieder verlassen, aber zum mindestens 51. Mal kann er ihn nicht stehen. Ryan schreit sein Board an, und wirft es über den Platz. Er nimmt eine Auszeit, reibt die Betonkante neu mit einem Stück Wachs ein und trinkt Mineralwasser.

FM4/Simon Welebil
Zwei Kameramänner und ebensoviele Fotografen nehmen geduldig jeden einzelnen der Versuche auf und auch immer mehr Zaungäste erscheinen unter der Reichsbrücke in Wien. Der hohe Besuch hat sich schnell herumgesprochen. Schon die Tage zuvor war Ryan Sheckler in Wien zu sehen, auf Promo-Tour mit dem Team seines Schuhausrüsters.
FM4 Draußen
Sporttrends, Schwitzen und Personalities
Ryan Sheckler ist einer der weltbesten Skateboarder. Bereits mit dreizehn Jahren ist er Profi geworden und hat als jüngster Fahrer aller Zeiten die X-Games gewonnen, der wichtigste Skate-Contest der Welt. Diesen Erfolg hat er seitdem noch zweimal wiederholt und trotzdem begegnet man ihm in der Skate-Szene mit Skepsis, denn er ist nicht nur Skater, sondern auch Celebrity.

FM4/Simon Welebil
Die Zeit als Teenie-Star
Mit seinen Erfolgen bei Contests hat er sich ins Schaufenster gestellt und eine Menge Interessenten haben zugeschlagen, ob Hollywood ein Deo-Produzent oder ein ehemaliger Musiksender. MTV hat Sheckler 2007 eine eigene Reality-TV-Soap gewidmet Ihr Titel: "Life of Ryan". Skaten hatte darin nur eine Nebenrolle, die klassischen Soap-Elemente dominierten: reiche, junge und schöne Menschen, gebrochene Herzen, Dreiecksbeziehungen, überforderte Eltern etc. Die Serie war voller dramatischer Szenen und später voller Parties.

FM4/Simon Welebil
Heute will er nicht mehr wirklich darüber reden. Diese Zeit sei für ihn vorbei, aber er bereue nichts. Doch allein die Art, wie er die Frage nach der Serie abblockt, verrät das Gegenteil. Die dritte Staffel hat er zur Mitte der Dreharbeiten abgebrochen, weil sie seíner Karriere mehr geschadet als genützt habe, vor allem die Core-Fans hat er damit vor den Kopf gestoßen.
"Life of Ryan" hat Ryan Sheckler viel Street Credibility gekostet. Ihm wurde vorgeworfen, das Skateboarden für den Kommerz zu verraten. Ein Vorwurf, den Ryan zu entkräften versucht. "I've always been concentrating on skateboarding. That's all I concentrate on, my whole life. I just do extra things on my side."
Doch so ganz will es nicht funktionieren. Vor allem in Internet-Foren wird er angefeindet, was er anfangs mit rotzigen Kommentaren gegenüber seinen Hatern beantwortet hat. Nun will er sie aber in sein Lager holen.
Back to the Streets
Ryan konzentriert sich seit dem Ende der Show wieder auf das, was er am besten kann, Skateboarden. Seitdem er auch weg vom Schirm ist, passiert es ihm seltener, dass er auf der Straße erkannt wird, "if anything, it's just a Skateboarder and they wanna high five, stop and say 'What's up?' and just keep it going. It's pretty mellow."
Bei den Exhibitions auf der Europa-Tour geht es um Sheckler dennoch ganz schön an. Die Fans stehen Schlange, um ein Autogramm von ihm oder einem seiner Teamkollegen zu bekommen und nach den Exhibition-Sessions muss er dutzende Hände abklatschen. Doch es sind nicht mehr die Teenie-Girls, die ihn anhimmeln, sondern wieder junge Skater.
Ryan hat genug davon, das Feindbild der Core-Skater zu sein. In einigen Jahren soll man den Soap-Star vergessen haben und von ihm nur mehr als Skater reden. Imposante Videoparts sollen dazu beitragen, auch wenn das Filmen harte Arbeit bedeutet: "It's coming over your challenges. You have to be patient and you have to just know that you are capable of it." Einen einzelnen schweren Trick zu stehen sei zu einem Großteil Kopfsache, bei der aber der ganze Körper mitspielen müsse.
Der Trick in Wien ist ihm am Ende doch noch geglückt, ob er damit die wahren Skateboard-Fans zurückgewinnen kann, bleibt offen.

FM4/Simon Welebil