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Irmi Wutscher

Gesellschaftspolitik und Gleichstellung. All Genders welcome.

7. 8. 2012 - 16:09

"The cool girls we would hang out with"

Solidarität mit Pussy Riot: von Peaches bis Madonna, von Ladyfest London bis Franz Ferdinand

We are all Pussy Riots
Solidaritäts-Videodreh mit Peaches in Berlin. Aber bringt das etwas?

Seit etwas mehr als einer Woche findet der Prozess gegen Maria Aljochina, Nadeschda Tolokonnikowa und Jekaterina Samuzewitsch von Pussy Riot nun schon statt, und er ist in aller Munde bzw. in allen Blogs und Feeds. Während sich auf Twitter die ProzessbeobachterInnen tummeln und auf Facebook die "Free Pussy Riot"-Bilder gesharet werden und sich sogar der Online-"Standard" zu einer politischen Botschaft hinreißen lässt, kann man mittlerweile mehr tun als nur auf "like" klicken.

Peaches hat nun angekündigt, gemeinsam mit der Musikerin Simonne Jones einen Song für die Freilassung der drei Punk-Aktivistinnen zu schreiben. Gleich am Mittwoch wird das dazugehörige Video in Berlin gedreht, und zwar mit Unterstützung von zum Beispiel dir: Peaches und Simonne Jones suchen nämlich möglichst viele Menschen, die in dem Video mitmachen: "Wenn du in Berlin bist, marschiere mit uns durch die Straßen und singe FREE PUSSY RIOT! Je mehr von euch, desto besser." Einfach am Mittwoch ab 17.00 Uhr ins Cafe Glory Whole in der Oderberger Straße 13 kommen, "in deinem knalligsten Neon-Outfit, mit vielen Freunden", wie es im Aufruf heißt.

Menschen, die nicht in Berlin sind, können aber auch ihre Unterstützung zeigen: Denn sie sind dazu aufgerufen, Videobotschaften per Mail einzusenden, in denen sie ihre Unterstützung für Pussy Riot kundtun. Übers Wochenende wird das Video dann geschnitten und soll am Montag fertig sein.

Zeichnung von Frauen mit Strumpfmasken, Slogan "Free Pussy Riot"

mimisot auf http://letsstartapussyriot.wordpress.com/

Dieses Bild hat Mimi als ihren kreativen Protest auf "Let's start a Pussy Riot" gestellt

Ebenfalls um kreativen Protest geht es in dem Blog "Let’s start a Pussy Riot", der von Menschen aus dem Umfeld des Londoner Ladyfest Ten ins Leben gerufen wurde. Hier werden Menschen aufgerufen, ihre Gedichte, Bilder, Essays, wissenschaftlichen Abhandlungen und vieles mehr, zu dem sie Pussy Riot inspirieren, einzusenden. Die besten Einsendungen werden regelmäßig in dem Blog veröffentlicht - "to create a response that can say something larger than ourselves", wie es in dem Blog heißt. Bisher gibt es dort ein Bild, ein Gedicht und zwei Videos: mit Vive Albertine, früher bei The Slits, und Kathleen Hanna, Sängerin bei Bikini Kill und Gründungsmitglied von Le Tigre.

Hanna sagt in ihrer Videobotschaft unter anderem über Pussy Riot: "They made me feel inspired again, I wanna meet the girls, wanna go on tour" und meint, dass dies die Sorte Punkfeministinnen seien, mit denen sie normalerweise befreundet wäre, wären sie nicht im Gefängnis. "These would be the cool girls we hung out with."

Interview mit Susanne Scholl über die Oppositionsbewegung in Russland und wie Putin gegen sie vorgeht

Staatsanwalt fordert milderes Urteil als zuvor

Am Dienstag ging der Prozess gegen die drei Frauen von Pussy Riot in Moskau weiter. Der Staatsanwalt forderte in seinem Abschlussplädoyer überraschend nicht mehr das höchste Strafmaß von sieben Jahren Straflager, sondern nur noch drei Jahre. Er dürfte damit auf ein Statement von Präsident Wladimir Putin reagiert haben. Dieser hatte ursprünglich eine harte Bestrafung der Pussy-Riot-Aktivistinnen gefordert. Bei seinem Besuch der Olympischen Spiele in London auf den Prozess angesprochen, sagte Putin am Freitag, dass die Frauen nicht zu hart verurteilt werden sollten.

Update: Urteil gegen Pussy Riot erst am 17. August

Im Prozess gegen Pussy Riot will das Gericht das Urteil erst am 17. August verkünden. Richterin Marina Syrowa gab den drei wegen Rowdytums angeklagten Musikerinnen am Mittwoch noch einmal Gelegenheit, sich zu ihrem Protest gegen den jetzigen Präsidenten Wladimir Putin Putin in der Erlöserkathedrale am 21. Februar zu äußern. Nach Ende der kurzen Sitzung habe Syrowa den Termin am 17. August angesetzt, berichteten Medien in Moskau.

Nadezhda Tolokonnikova (L), Yekaterina Samutsevich (C) and Maria Aliokhina (R)

EPA/MAXIM SHIPENKOV

Nadeschda Tolokonnikowa (l), Jekaterina Samuzewitsch (m) und Maria Aljochina (r) am Dienstag im Gerichtssaal

Die drei Frauen sind Teil der feministischen Punkband Pussy Riot. Sie haben Anfang Februar in der Erlöser-Kathedrale in Moskau ein Punkgebet aufgeführt, bei dem sie unter anderem sangen: "Maria, du Jungfrau, erlöse uns von Putin!" Das Video des Auftritts wurde ein YouTube-Hit, die Frauen wegen Rowdytums aus religiösem Hass verhaftet. Der Prozess in Moskau soll möglichst schnell beendet werden, angeblich soll es schon Ende dieser Woche ein Urteil geben.

Internationale Unterstützung

Schon seit Tagen wächst international die Unterstützung für die drei Musikerinnen. Madonna war gestern im Zuge ihrer Tour in Moskau und sagte dort, sie hoffe, die drei Frauen würden freigelassen. "Ich bin für die freie Meinungsäußerung und gegen Zensur und hoffe, dass die Richter Nachsicht zeigen", sagte sie im Interview.

Schon seit Wochen drücken KünstlerInnen, MusikerInnen und LiteratInnen den drei Frauen ihre Solidarität aus. Vor fünf Tagen haben mehrere britische MusikerInnen, darunter Alex Kapranos von Franz Ferdinand, Jarvis Cocker von Pulp oder die Pet Shop Boys eine Freilassung gefordert. Auch Kunsteinrichtungen wie die Akademie der Künste Berlin, ein Zusammenschluss von 400 KünstlerInnen, sprechen sich gegen eine Verurteilung aus. Oder wie Kathleen Hanna meint: "I’m gonna look out what other things I can do - hopefully I’ll meet you on the streets!"