Erstellt am: 2. 8. 2012 - 14:58 Uhr
"Haben Männer Humor?"
Die Comedyserie "30 Rock" gilt, zumindest bei KritikerInnen und Szenegängern, als die beliebteste Comedyserie im US-amerikanischen Fernsehen. Aber, schreibt Tina Fey: "Wir haben nicht versucht, einen Kritikerliebling mit niedrigen Einschaltquoten zu produzieren. (...) Es gibt Wissenschaftler, die ein Medikament gegen Bluthochdruck entwickeln wollen und dabei versehentlich Viagra erfinden. Wir dagegen haben versucht, Viagra herzustellen, und herausgekommen ist ein Medikament gegen Bluthochdruck."
Tina Fey ist die Chefautorin von "30 Rock" und spielt dort auch die Chefin. Jetzt ist ihre Autobiographie "Bossypants" ins Deutsche übersetzt worden.
*kleiner Tipp am Rande: falls ihr Tina Fey mal treffen solltet - sprecht sie besser nicht auf die Narbe an.
Anfangs funktioniert das auch gut. Tina Fey beschreibt sich in dieser Autobiographie als unscheinbares Mädchen, bis auf die Narbe im Gesicht*.
ap/evan agostini
Ein Landmädchen aus Pennsylvania mit griechischen Vorfahren, einer harmlosen Kindheit – bis auf die Narbe, das sich mit zehn die Beine rasieren möchte, von Vollidioten auf der Straße angemacht wird, bei ihrem ersten Frauenarztbesuch ohnmächtig wird und blonde Haare magisch findet: "Sie könnten einem Boiler eine blonde Perücke aufsetzen, und irgendein Typ würde versuchen, ihn zu vögeln. Schneewittchen sieht trotzdem besser aus. Ich stifte nicht gern Unfrieden zwischen den Prinzessinnen, aber nehmen Sie ihr das Haar weg und Dornröschen ist ein Mauerblümchen."
Fey stellt bewusst ihr Licht unter den Scheffel, denn sie ist selbstironisch, bescheiden, äußerst kritisch und durchaus lustig.
Tina Fey findet ihr Glück in der Schauspielerei - im Sommertheater. Sie erzählt von ihren ersten Rollen und Engagements und ihrem Weg zum Fernsehen – dem wahr gewordenen Kindheitstraum hin zu ihrer Arbeit als Autorin für "Saturday Night Live", wo sie 1999 zur ersten Chefautorin befördert wird. Über ihre Rolle als Chefin schreibt sie ebenso wie über das Zusammentreffen und -arbeiten mit für sie wichtigen Männern - und vereinzelt auch Frauen. Inklusive Stehsätzen: "Alles, was ich über 'Wahre Schauspielerei' weiß, habe ich von Alec Baldwin gelernt."
rowohlt polaris
Und sie schreibt sehr viel über "30 Rock". Zu viel, wenn man denn die Serie nicht kennt und die aus dem Zusammenhang gerissenen Szenen nur bedingt komisch findet.
Detailliert erzählt Fey von ihren Sarah-Palin-Sketchen, inkl. Drehbuchseiten, und dem Zusammentreffen mit Oprah Winfrey, während sie hektisch die Geburtstagsparty für ihre kleine Tochter vorbereiten muss.
Dazwischen die Dinge, die in einem Frauenratgeber wohl stehen müssen: "Das Geheimnis von Mommys Schönheit" – mit der wohl wichtigsten Schönheitsregel: "Ist doch egal."
Sie erinnert sich an die Zeit, in der sie "sehr, sehr dünn war" und an die, in der sie "ein kleines bisschen fett war". Sie macht sich über Photoshop lustig – die besten Photoshoparbeiten machen ihrer Meinung nach feministische Magazine. Zu einer guten Persiflage taugt das zu wenig.
Im Gegenteil - zum Frauenratgeber wird "Bossypants", wenn sie sich Tina Fey über das Stillen auslässt.
Nein, das ist kein Witz, genauso wenig, wie die Frage, die sie im vorletzten Kapitel beschäftigt: Ob sie denn besser weiter Karriere machen oder ein zweites Kind bekommen soll.
Damit gibt Tina Fey den Leserinnen das Gefühl, doch auch nur eine von ihnen zu sein. Die denken sich "Wow, was für eine Frau!" Keine Starallüren, sondern mehr so was wie die beste Freundin, die einem alle Geheimnisse anvertraut.
Tina Fey ist aber ganz sicher so intelligent, das sie genau das bezwecken will. Und mit großer Wahrscheinlichkeit erhält sich auch täglich viele gutgemeinte Antworten auf die Kinder/Karrierefrage.
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Ach ja, da war noch die Frage "Haben Männer Humor?". Andere Frage: Haben Kühe einen Darm? Die Antwort ist in beiden Fällen "ja". Aber darum geht's gar nicht. Weder um das eine noch um das andere. Warum die deutsche Übersetzung dennoch mit dieser sinnlosen Frage untertitelt wurde, bleibt unverständlich. Dem Buch tut man damit nichts Gutes.
Denn Tina Fey ist eine äußerst lustige Frau, großartige Schauspielerin und auch hervorragende Drehbuchautorin. Gerade deswegen könnte ihre Autobiographie besser sein.