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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

1. 8. 2012 - 10:57

Und am Ende: Selbstdemontage

Das barprojekt in Graz musste schließen. Zum Schluss diskreditiert es sich selbst: Mit einem bizarren und rassistischen Posting gegen Kebap-Läden.

facebook / Barprojekt

Der "Kebap Ali" ist wieder im Einsatz. Die Facebook-Seite des Grazer barprojekt zeigt das Bild eines dickbäuchigen Mannes, der sein Fleischmesser hochhält. Das Sujet rief vor drei Jahren Gerüchte in der Schweiz hervor: Breitflächig plakatiert, entpuppte es sich als Eigenkampagne der AGP ("Allgemeine Plakatgesellschaft") AG.

Jetzt muss das wenig schmeichelhafte Bild für einen anderen Zweck herhalten: Ein seitenlanges Posting des barprojekt bekundet, dass ein "24 Stunden (sprich: rund-um-die-Uhr-geöffnetes) Kebap-Schnellimbissrestaurant" in die Räumlichkeiten in der Grazer Klosterwiesgasse einziehen wird. Was folgt sind Pauschalunterstellungen an "Betreiber jeglicher Kebapbuden", Behördenwege zu meiden und "die türkische Mafia" für sich sprechen zu lassen. Noch Fragen offen? Die Telefonnummer der angebenen "extra eingerichtete Hotline" ist jene der türkischen Botschaft in Wien.

Von "kebapfreien Zonen" und Verboten

Von den Postings unter dem Statement des barprojekts will ich nicht anfangen. Sie gleichen bis auf einen Kommentar eins zu eins jenen, die sich auf HC Straches Facebook-Seite finden. Hier prangt das Foto eines Schildes, dass eine "kebapfreie Zone" verspricht.

Das Jakominiviertel wird von der Stadt Graz als neues Kreativviertel beworben. Das barprojekt war ein äußerst beliebtes Lokal, aus einer ambitionierten Idee und in Eigeninitiative von elf jungen Menschen geboren.

Nun ist das barprojekt "keine Burschenschafter-Bude", wie Martin sagt. Er war Teil des jungen elfköpfigen Teams, dass das "barprojekt" in der Grazer Klosterwiesgasse bis Anfang Mai betrieben hat. Gern hat sich das barprojekt als Alternative zu anderen Lokalen in Graz verstanden, gerne auf sein Fachhochschul- und studentisches Umfeld verwiesen und sich zuletzt über die Stadt Graz echauffiert, die so vieles verbiete.

Viele Menschen stehen des Nächtens in der Klosterwiesgasse in Graz vor dem barprojekt: Es ist der letzte Abend des Lokals.

barprojekt.org

Der allerletzte Abend des barprojekt: Fast ein Straßenfest in der Grazer Klosterwiesgasse.

Schließlich wurde das "barprojekt" im Mai von den Behörden zugedreht, weil die baurechtliche Nutzungsbewilligung für den Barbetrieb fehlt. Und zwar: Seit immer schon. Dass man ausgerechnet jetzt darauf kommt und nicht während der fast zwanzigjährigen Öffnungszeit jener Bar, die vor dem barprojekt in den selben Räumlichkeiten existierte, erzürnte das junge barprojekt-Team und seine Gäste. Immerhin hatten die Neo-Wirte von Beginn an die Behördenwege eingehalten und das Lokal offiziell und nicht etwa als Vereinslokal geführt. Dass die Betreiber der Lokalität wütend sind, ist also nachzuvollziehen. Dass sie ihre Wut in Rassismus kanalisieren aber ist nicht einfach traurig, sondern bedenklich.

"Der Text hat ja neben Unterstellungen und Beleidigungen, ein wenig hetzerische Elemente", sagt Daniela Grabovac von der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, die erst kürzlich von der Stadt Graz und dem Land eingerichtet wurde. Daniela Grabovac hat die Helping Hands Anti-Rassimus-Hotline aufgebaut. Die Expertin findet schon das verwendete Plakat eine Zumutung. Beschweren können sich Einzelpersonen bei der Antidiskriminierungstelle, für das Facebook-Posting aber ist Grabovac nicht zuständig: "Nach dem Bundesgleichbehandlungsgesetz und EU-Richtlinien zu Anti-Rassismus sind Medien und Werbung ausgenommen, was jedoch zeigt, wie wichtig es wäre auch dafür Grundlagen zu haben", so Grabovac.

Rassisten mit Rassismus überführen?

Warum diskreditiert sich das barprojekt zum Schluss also selbst? Auf schriftliche Anfrage verwehrt sich Burkhard für das barprojekt-Team gegen den Vorwurf des Rassismus "vehement". Die selben Nachbarn, die das Barprojekt mit Anzeigen zu Fall gebracht hätten, wären über das gestreute Gerücht einer Kebapbude als Nachfolger in der Barlokalität aufgebracht.
Also hat das barprojekt einen "allerletzten Streich" gemacht: "vielleicht eine kindisch-trotzige Abschlussreaktion - naja, wir wollten uns das gönnen", wie Burkhard vom barprojekt-Team schreibt.

Man gönnt sich also rassistische Unterstellungen. Um sich danach "persönlich befremdet" zu geben, von "diesem Kulturkampf, der hier um das Kebap entbrannt ist". Und zugleich freut man sich "aber auch diebisch, dass die Wogen wegen dieser Kebap-Geschichte gar so hoch schwappen".

An einer "offiziellen Klarstellung" will das barprojekt derzeit arbeiten, so Martin, der betont, dass das Team in seiner alten Form nicht mehr existiert.

Das ganze ist kein "sehr, sehr scharfsinniger Humor", als den das barprojekt-Team das Posting nun gerne einordnen würde. Und angibt, damit "gezeigt zu haben, welche Geisteskinder sich in den verschiedensten Sümpfen dieser Stadt tummeln", wie Burkhard schreibt. Das ist keine Kunst, die auf Freiheit pocht.

Am Mittwoch in FM4 Connected

Wie es zu der ganzen Aktion in dieser Form gekommen ist, erklären Martin und Mike vom barprojekt heute nachmittag in FM4 Connected.