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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

31. 7. 2012 - 16:41

Olympia-Journal '12. Eintrag 3.

Ein blinder Medaillenspiegel ist kein Grund für heruntergezogene Mundwinkel. Über Beachvolleyballismus und den Rebellen Jukic.

Womöglich gibt es jetzt doch ein tägliches Journal zu den London Olympics, das war gar nicht so geplant, nach dem überdichten EM-Journal '12 zur Fußball-Euro.

Hier Arthus Einöders Begegnung mit der Olympia-Eröffnungsfeier.

Da Olympia-Journal '12. Eintrag 1 über formschöne Segel-Grafiken, das Verschwinden des Standorts und einem Vorgeschmack auf künftige Unisex-Games.

Und hier das Olympia-Journal '12. Eintrag 2 über den wahrscheinlich dümmsten Sportler Österreichs, samt Erklärung warum Herr Rogan Olympiasieger werden wird.

Es hatte schon etwas unfreiwillig Komisches, das bundesdeutsche Geschmolle über schwarze Olympiatage und eine gar entsetzliche Medaillenlosigkeit am ersten Olympiawochenende: Wie immer, wenn überzeichnete Großmannsucht mittels medialer Aufblähung auf stolz rausgeschrienes Geringwissen trifft und sich dann in hysterischer Enttäuschung manifestiert. Ähnliches lässt sich hierzulande bei Winterspielen oder Ski-Weltmeisterschaften regelmäßig feststellen.

Besorgniserregender waren da die runtergezogenen Mundwinkel bei den Mainstream-Medienvertretern, die über die sportlichen Resultate des Sommer-Zwergs Österreich berichten: die trugen bereits deutsche Züge und pressten ihre zwischen Vorwurf und Bitterkeit changierenden Untertöne ins inhaltlich überforderte Publikum. Noch immer keine Medaille für Österreich!
Wo doch am ersten Wochenende gefühlte zwölf hoffnungsfrohe Athleten in die Kämpfe geworfen wurden. Dass es deutlich weniger waren, dass nur ein Bruchteil wirklich reele Chancen hatte und dass viele erst durch Vorrunden, Zwischenläufe und Heats geschickt werden würden, war in dieser schmallippigen Anmutung ziemlich egal. Fernsehen und Boulevard imitierten einhellig die deutschen Schwestern und Brüder. Vorherrschende Tonalität: Enttäuschung, fast schon persönliche Beleidigtheit.

Ich muss zugeben: da steh ich drauf.

Yeah, pampig-beleidgt-patriotische Vorwurfs-Tonalitäten!

Je pampig-patriotischer über Medien eingegroovte nationale Identitäten sich auf einen Erfolg versteifen, der "uns" gefälligst (gottgegeben?) zuzustehen hat, desto mehr Spaß macht das Zuschauen, desto witziger wird das immer mehr als Fluch verstandene Scheitern.

Wenn dann eine österreichische Kampfrichterin hintereinander drei Fechtaktionen innerhalb einer einzelnen Sekunde ermöglicht, damit endlich eine Deutsche zur ersten schwarz-rot-goldenen Medaille (Silber) antreten kann, dann löst sogar diese ausschließlich aus bitterem Nachgeschmack bestehende Schummelaktion eine gewisse Heiterkeit aus.

Inzwischen hat die Bildzeitung eh auch eine Goldmedaille (irgendein mir nicht näher bekannter Reitwettbewerb) bekommen - die Unzufriedenheit bleibt aber und konzentriert sich auf die schwimmenden Versager, die nur 5. oder 6. werden, unmöglich sowas!

Ganz so verkrampft kommt Medien-Team Österreich aktuell nicht mehr daher. Zwar ist Tennis- oder Tischtennismäßig bereits so gut wie alles schiefgegangen, zwar haben die Judokas auch bereits ausgeippont, aber im wilden Kanuwasser und im langen Tal der Schmetterlinge ist etwas drin in den nächsten Stunden und Tagen.

Österreichs Informationen-Zuspitzer haben sich vom Wochenende der hängenden Mundwinkel in eine neue Woche der hoffnungsfrohen Erwartungsseligkeit gerettet. Das ist ein zwischen realistischer Einschätzung und fantasievoller Ausschmückung schwebender Zustand, den ich durchaus teilen mag.

Ausnahmefall 1: missbrauchtes Beachvolleyball

Mit einer Ausnahme: dem Beachvolleyball.
Ich weiß, das ist nahe an der reinen bösartigen Gemeinheit, aber ich kann einer Sportart, die hierzulande ausschließlich dazu dient, einer bestimmten Ideologie eine bestimmte Klientel zuzutreiben, weder etwas abgewinnen, noch etwas Gutes wünschen. Das geht weit über den Zustand Kärnten, die Bierzelt-Disco/VIP-Party-Szene um den Wörthersee-Grand Slam oder die Person Jagerhofer hinaus.

Dieser Beachvolleyballismus ist ein Symptom der Bussi-Republik, ein gruseliges Mekka der 'Zu schön'-Fundemantalisten am nicht nur der Örtlichkeit geschuldeten Korruptions-Abgrund, ein behübschendes, seiner sportlichen Wertigkeit mittels machtpolitischer Inszenierung beraubtes Ornament.

Das mag gegenüber den einzelnen natürlich genauso instrumentalisierten Sportlern nicht fair sein.
Ich weiß.
Und ich weiß, dass dieser Vorwurf auf viele andere, auch nicht wirklich rebellischen Geist atmende bewusst gesetzte Brot&Spiele-Sportarten genauso zutrifft. Der entscheidende Unterschied liegt wohl in der direkten Vereinnahmung durch die kärnterische Schickeria (=lokale Politik) und die überdeutliche Verortung in einem allzu klar determinierten Umfeld.

Ausnahmefall 2: Rebellentum der Marke Jukic

Das ist zudem das exakte Gegenmodell zu einem anderen auch irgendwie seltsam unguten Kapitel rund um den Dauer-Streithansel Dinko Jukic: da ist zwar auch (nimmt man die schöne Schwesterliebe raus) kaum etwas sympathisch (denn selbst wenn alles wirklich aus reiner Notwehr passiert, bleiben Fragen offen), man kann sich aber sicher sein, dass eine allfällige Medaille (oder auch der Final-Einzug, eh schon ein unglaublicher Erfolg) heute abend sicher nicht für politische Zwecke oder das Befeuern niederer Instinkte missbraucht werden wird. Sie würde viel mehr den Erfolg des einzelnen Sturkopfs gegen ein mediokres System symbolisieren.

Diese Inanspruchnahme des Rebellen-Mythos mag auch ein sportliches Klischee sein, das letztlich nur zur Stabilisierung eines unguten Systems dient - ich ziehe das dem plumpen Beachvolleyballismus aber sehr deutlich vor.