Erstellt am: 30. 7. 2012 - 17:48 Uhr
Olympia-Journal '12. Eintrag 2.
Nun gibt es also doch eine lose Journal-Folge zu den London Olympics - aktuell sogar täglich. Ein dichtes Abdecken wie beim EM-Journal '12 zur Fußball-Euro wird's aber nicht werden.
Hier Arthus Einöders Begegnung mit der Olympia-Eröffnungsfeier.
Da das Olympia-Journal '12. Eintrag 1 über feine Segel-Grafiken, das Verschwinden des Standorts und dem Vorgeschmack auf künftige Unisex-Games.
Die Credits für den Rogan/Petzner-Vergleich gehen an Alexandra Ganser, Dank für den Youtube-Link an Robert Zikmund.
Schon das kurze Interview, das Rainer Pariasek mit Markus Rogan am Eröffnungstag führte, hatte diesen klassischen Unfall-Effekt: es ist schrecklich, man fühlt sich aber gezwungen trotzdem hinzuschauen.
Rogan ist der Stefan Petzner des Sport, ein Selbstdarsteller mit kaum existenter Schamgrenze, ein lustvoll in den Scherben der immer selbstangerichteten Demolierung Badender.
Bei diesem durch clevere Mediennutzung zunehmend auffälligeren Typus des modernen Menschen, dem, der ausschließlich auf Außenwirkung fokussiert ist, sind selbst die eigenkonstatierten Lernfortschritte (bei Petzner ist es das Aufpoppen im artfernen Twitter-Milieu, bei Rogan die schlichte Verdammung alter Überheblichkeiten), die sie wie Orden vor sich hertragen, nur Teil des Ego-Marketing-Konzepts.
Denn unsere Poseure wissen, worauf so eine Followerschaft, worauf eine Mass-Audience steht: auf selbstkritische Veränderung, postmodern inszeniert.
Rogan übt das ununterbrochen, wie man hier in einem Zusammenschnitt von Interviews, die das holländische Fernsehen bei der letzten Euro aufgenommen hat, gut nachvollziehen kann. So gesehen ist der Ex-Weltmeister und olympische Silbermedaillengewinner bei seinen österreichischen Auftritten noch harmlos.
Die schiefe Kakophonie des verbalen Dauer-Durchfalls
Trotzdem verliert er durch die Art seines Vorgehens auch hier zwangsläufig die Kontrolle. Und dort wo die politischen Poser, die Grassers und Petzners, sich bei eventuellen Totalversagern und Blackouts mit gut ausgearbeiteten Gegen-Expertisen oder auf die Vergesslichkeit einen von Mainstream-Medien bereits angeblödeten Publikums bauend, sicher sein können, aus allen Scherben-Bad-Nummern wieder rauszukommen, hilft Solo-Stürmer Rogan bei seinen Bauchflecken nichts und niemand.
In Rogan stecken zumindest drei Charaktere, die mit den Stimmen von Pezi, seinem Großvati und dem Fips sprechen und dauernd rauswollen, egal womit. Großes Kasperltheater also.
Aber ohne Netz.
Logische Folge: Selbstdemontage mit Anlauf, weil es nur so raussprudelt aus ihm im Ö3-Frühstück, das Sich-Lustigmachen über die tumben Wintersportler, den Herminator im Besonderen.
Markus Rogan sagt da unter anderem, dass er zu kopflastig sei, ein Hirnwixer. Und: es sei ein Riesenvorteil, wenn man weniger denkfähig wäre. Es gibt einen guten Grund, sagt er, warum die richtig guten Sportler nicht viel im Kopf haben. Bei Hermann Maier sei weniger im Weg; der habe genau das richtige Hirnschmalz, um im Sport erfolgreich zu sein. Wenn man zu viel hat, steht man sich zu sehr im Weg - und: wie gut hätte er sein können, wenn, ach...
"Denkfähigkeit" und der Irrtum der ihrer Anbetung innewohnt
Alles Sprüche, wie man sie von Koksern um drei Uhr früh schon nicht hören möchte. Aus Rogan spricht aber schlicht seine Natur; also sein Gemüt, sein in Bezug auf das Wissen um die Folgen seiner Sprüche sehr schlichtes Gemüt.
So, und genau hier beginnt die eigentliche Denkaufgabe.
Wer oder was ist jetzt nämlich wie blöd oder wie denkfähig?
Dabei sollten wir die Stammtischansichten und die Bar-Prahlereien ausschalten, also die Klischees abwerfen.
Es gibt dumme Sportler und schlaue Sportler; es gibt unter ihnen scheuklappige Fachidioten und weltenweise ÜberdenRand-Blicker; es gibt effektive eiskalte Rechner und ihr Talent wie Pisse verschwendende Genies; Es gibt Abcasher und Betrüger ebenso wie Volksbildner und Gemeinnutz-Praktiker. Und alle Zwischentöne. Sportler sind so wie Menschen überhaupt: sie existieren in jeder nur möglichen Schattierung.
Dass gewisse Sparten eher von Menschen aus der Upper-Class bestritten werden als andere, ist der Geschichte der jeweiligen Genres geschuldet und mit unendlich vielen Ausnahmen durchzogen. Dass Schwimmer schon allein trainingstechnisch eher urbaner orientiert sind als Skisportler, liegt etwa in der Natur der Sache.
Rückschlüsse auf Intelligenz oder, wie es hier heißt, die "Denkfähigkeit", zu ziehen, geht sich da nicht aus. Wer sagt, dass der Nacktslalom-Clown nicht ebenso berechnend ist wie der unterkühlte Schnorrer&Abcasher? Wer sagt, dass die Drama-Queen nicht ebenso emotional angreifbar ist wie der einsilbige Wurzelsepp?
Trägt Maier einen Moby Dick in sich, Rogan nur einen Kickl?
Aus dem öffentlichen Bild Rückschlüsse zu ziehen ist ebenso einfältig wie der dem "Top-Sportler müssen doof sein" nahe verwandte (und sowohl wissenschaftlich als auch feldforschungstechnisch zu verlachende) "Dumm fickt gut"-Klassiker.
Hermann Maier hat vielleicht einen Moby Dick in seinem Kopf, wo Markus Rogan es nicht einmal auf einen Kickl-Einzeiler bringt. Wichtiger als die von Rogan in verblendeter Unüberlegtheit eingebrachte "Denkfähigkeit" ist nämlich die Verdrängungs-Fähigkeit, die Konzentration, die Fokussierung. Das Hintrimmen des eigenen Geists auf ein Level ohne Außeneinflüsse. Die Skispringer zeigen das gerne vor, hochwissenschaftlich noch dazu.
Maier zeichnet wohl eher eine niedere Hemmschwelle aus, was den Risikoeinsatz des eigenen Körpers, der eigenen Psyche betrifft; und eine gewisse Skrupellosigkeit, eine bildlich gesprochene Über-Leichen-Geh-Mentalität.
Hier von einer unterlegegen Denkfähigkeit zu sprechen, ist töricht, weil es eine entscheidende Denkmöglichkeit ausblendet: dass nämlich die Fähigkeit dieses bildlichen Über-Leichen-Gehens (und das ist die Basis der absoluten Topsportler) nur auf der Basis von Dummheit und innerer Leere entstehen kann.
Die Frage nach der Intelligenz in der Skrupellosigkeit
Dass dieser Patzer just Rogan, der selbsternannten Intelligenz-Bestie, widerfährt, ist nicht deshalb Grund für öffentliche Aufgeregtheit samt Häme, weil er ein überschätztes Gscheiterl ist, sondern, weil sich der Schwimmstar aufgrund seines (hochzeitstechnisch) bevorstehenden Übertritts zum jüdischen Glauben aktuell nach eigenen Angaben stark mit der jüngeren Geschichte (incl. Holocaust und Exodus) beschäftigt.
Und gerade diese Geschichte lehrt uns ja eines: dass das Böse, das aus der absoluten Skrupellosigkeit erwächst, nicht aus Dummheit und Leere, sondern aus brachial fehlgeleiteter Intelligenz entsteht.
Die Bestien sind, um in Markus Rogans krauser Vergleichswelt zu bleiben, nicht die Maiers, sondern die Assingers.
Nun ist es genauso hohl, Armin Assinger als Beispiel des klugen Sportlers anzuführen, dem deshalb nicht gar so viel aufgegangen ist, wie Maier als Beispiel für den gedankenlosen Terminator.
Letztlich belegt es nicht viel mehr, als die Leere in Markus Rogan. Denn das Befüllen seines Lebens mit grellen Unnützigkeiten und aufgesetzter Karitativität wird auch dann nicht hochwertiger, wenn man sie durch großbürgerliches Attitüden-Geschwafel zu etwas Bedeutsamen aufzublasen versucht. Es bleibt hohl, ohne inhaltliche Ansage, ohne Mission Statement - solange das Ego innerhalb von zwei Sekunden so in den Vordergrund drängt, dass alles andere davon schier zerquetscht wird.
Weiterführende Anmerkungen von Judith Draxler.
Markus Rogan ist angesichts seiner Null-Denkfähigkeit und des Irrglaubens an das darin innewohnende Genie der wahrscheinlich dümmste Sportler Österreichs.
Also wird er, wenn er recht hat, Olympiasieger werden.