Erstellt am: 23. 7. 2012 - 19:51 Uhr

Atmo in a Bottle

Die Stone Roses in Singapur: Das erste Asien-Konzert ihrer Reunion-Tour und wie viel davon in eine Flasche passt.

In grelle Farben und Stimmen gehüllt war das pyramidenförmige Singapore Indoor Stadium noch vor kurzem – als Host der International Indian Film Academy Awards, den schrillen Oscars von Bollywood. Bald wird hier Aaron "Asia's Michael Jackson" Kwok in silbernen Outfits Rückwärtssaltos auf einem seiner mitgebrachten Riesentrampoline schlagen und Charmeur Leehom "Wunschschwiegersohn" Wang am Klavier Herzen zum Schmelzen bringen.

Während die Schwüle von draußen gegen das verglaste Dach drückt und auf den Gehwegen ums Stadion fallenden Kokosnüssen ausgewichen wird, leuchten heute gelbe Zitronenscheiben von den Screens um die Bühne. Eine Band aus Europa bespielt die Halle.

Lina Simon

"We're going to take the world by storm", verkündete Ian Brown bei der Reunion der Stone Roses vergangenen Oktober. Die 150.000 Tickets der zwei ersten Homecoming-Gigs nach mehr als 15 Jahren in Manchester waren innerhalb von 14 Minuten ausverkauft.

thepotman0161 - ebay

"Stone Roses – Heaton Park Manchester 29/6/2012 – opening night – approx. 10cc of awesome atmosphere. If you weren't lucky enough to be one of the 225.000 people who soaked up the awesome atmosphere at the homecoming gigs, here is your chance to own your very own piece of Manchunian history", schreibt thepotman0161 Anfang des Monats in seine Ebay-Anzeige. Für lächerliche 600 Pfund ergattert ein glücklicher Käufer die beworbene, exklusive Instant "Heaton Park Atmosphere" – eingefangen in einem Becher während den Songs „This is the One“ und „She Bangs the Drums“, zwischen dramatisch gestikulierenden und vor Rührung zitternden Mancs. Das erste Asien-Konzert der Reunion-Tour konserviert in einer 28ml-Flasche? Stöpsel auf. Das Experiment beginnt.

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Mit dem Verebben der Motown-Beats ihres Intros “Stoned Love” stehen die Stone Roses vereint auf der Bühne. Durch die Anlage bricht “I Wanna Be Adored”.

Im kalt-klimatisierten Stadion steigt Ian Brown die Coolness aus den Poren. Lange bevor Liam Gallagher seine Schwadroniererei zum Markenzeichen erhob, lebte Übervater Brown schon seinen unangestrengten, oft kopierten, aber selten erreichten Swagger. Unbeweglich wippt er von links nach rechts, marschiert lässig am Stand, zuckt mit seinen Schultern auf und ab und zeigt seine Muskeln. Auf der Brust prangt sein eigenes Gesicht in grünblauen Neonfarben. Double-faced zupft er demonstrativ an seinen baggy pants, wird der rock-ravenden Madchester-Ära der späten 80er heuer doch gleich von mehreren Seiten neues Leben eingehaucht.

Lina Simon

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Auch die Happy Mondays und die Inspiral Carpets sind der Resurrection gefolgt und am Come-Back-Touren. Die Generation des Second Summer of Love erlebt ihren zweiten Frühling. Bei den Stone Roses Konzerten in England fielen sich in Nostalgie getränkte Männer weinend in die Arme.

Aufgewärmte Erinnerungen drängen sich in Singapur nicht unangenehm auf. Fast schreiend verrät eine junge Frau in der Nähe des Mischpults ihre chinesischen Wurzeln – die Karaokekultur hat ihr die Scham jedes falschen, lautstarken Tons genommen. Fußballstadiensound scheint dasselbe bei der Handvoll Manchester-United-Fans vor der Bühne vollbracht zu haben, die bei "This is the One" glückselig mit Dressen durch die Luft wedeln. In den out-of-tune Graubereichen leistet kein geringerer als Ian Brown in unverkennbarem Stil immer wieder Gesellschaft.

Während der gesangsfreien Parts entfaltet sich die psychedelisch-visualisierte Rockshow zum klassischen, musikalischen Show-Off. Ian "Monkey King" Brown gibt mit zwei immer-shakenden Schellen in den Händen wie in einem Ritualtanz zappelnd die Mitte der Bühne frei und ein sichtlich vergnügter Gary "Mani" Mounfield präsentiert seine bei Primal Scream routinierten Skills am ständig wechselnden Bass, John Squire hat den Pinsel zur Seite gelegt und lässt sein Griffbrett Solo für Solo unter den Fingern gleiten, Alan John "Reni" Wren spürt den Groove nachwievor und lehnt sich gelöst im Off-beat zurück. Um seine Hände rotieren die Drum-Sticks und am Kopf alternieren die Reni-Hats.

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Mani

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Reni

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John

Trotz der hoch erhobenen Nase zeigt sich Ian Brown indes ausgesprochen volksnah. Er animiert, betanzt und zelebriert das Publikum, das ihn für seine Güte anhimmelt. Das ausgedehnte Outro von "I am the Resurrection" wird Soundtrack zum feierlichen Verschenken von Schellen, Set-Lists, Wasserflaschen und kleinen Bruce-Lee-Figuren – ein Mädchen wird auf die Bühne geholt und darf die echten Stars angreifen. Nach ausgiebigen Umarmungen zwischen den Roses im rot dampfenden Stadion und vor ihrer Verabschiedung in die Mogambo Bar am Singapore River, darf Mani noch das obligatorische "We totally love you Singapore!" ins Mikrofon sagen.

Lina Simon FM4

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Set-List ergattert.

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Schellen ergattert.

Stöpsel zu.

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