Erstellt am: 22. 7. 2012 - 22:25 Uhr
Fußball-Journal '12-22.
Nach der Euro ist der Saisonstart; und das Fußball-Journal '12 begleitet wie schon in den Vorjahren - zb Fußball-Journal '11 - die heimische Bundesliga, den Cup, Nationalteam und ÖFB, den Nachwuchs, das europäische Geschäft und das Umfeld.
Das war die Saison-Eröffnung im ÖFB-Cup.
Das sind die ersten Erkenntnisse zur 1. Liga.
Das war die Preview zur Bundesliga-Saison. Und heute folgt eine Nachlese zur 1. Runde.
Nur um es für die Ewigkeit festzuhalten: die ersten 30 Minuten des Eröffnungsspiels zwischen Sturm Graz und RB Salzburg hatten mehr Klasse, mehr Substanz und mehr Spielniveau als die gesamten Matches der Saison 11/12 zusammen. Sogar deutlich mehr.
Nicht, weil da die Offensiv-Szenen nur so flutschten und die Torchancen nur so flirrten; sondern vor allem, weil da zwei Mannschaften darauf eingetunet waren, Fußball zu spielen, um zu gewinnen. Eine Einstellung, die in der gesamten letzten Saison, vor allem das niveaulose Frühjahr über, unbekannt war.
Der Dank dafür gebührt Machine-Gun-Hyballa, dem Mann, der schneller spricht als sein Schatten, sowie Scheitel-Schmidt, seinem ruhigeren, aber ebenso konsequenten Pendant; also den beiden Neo-Coaches von Sturm bzw. Salzburg. Die zwei Piefke sind offenbar im Besitz einer Mut-Pille, die sie auch eifrig verteilen.
Die Wucht dieses Angriffsspektakels in Höchsttempo lässt alle anderen Begegnungen zum Auftakt der Bundesliga-Meisterschaft deutlich verblassen. Hyballa nennt das Sonntagsspiel zwischen Admira und Ried zurecht "einfach"; vergleichsweise war es das. Vom Leitha-Derby sprechen wir da lieber gar nicht. Und auch die gelungene Vorstellung von Rapid wurde durch die zu einfach gestrickte Gegenwehr möglich gemacht.
Die jetzt schon legendären "30 Grazer Anfangsminuten"
In Graz hingegen haben wir nach langer Zeit wieder ein echtes Bundesliga-Fußballmatch gesehen, ein Spiel, das an das erinnerte, was im Juni augenscheinlich wurde - und nicht, wie so oft in der Vergangenheit, eine andere, irgendwie lächerlicher aussehende Sportart.
Natürlich stimmte vieles noch gar nicht. Hyballa hat sich im Mittelfeld vergriffen - links einen Offensivflügel (Bukva) und rechts einen Achter/Lenker hinzustellen, das muss eine Schieflage erzeugen. Und auch für die Außenverteidigung muss er sich etwas überlegen; da hakt es massiv. Und wenn dann auch die neue Innenverteidigung holpert und der Gegner um ein Eck besser besetzt ist, dann kann es auch für eine noch so gut eingestellte Sturm-Mannschaft schiefgehen.
Auch bei Salzburg hat Roger Schmidt die hysterische Berg-und-Tal-Fahrt der letzten Jahre nicht beenden können. Auf die Luxemburger Peinlichkeit folgte das Furioso von Graz; obwohl Roger Schmidt auf dasselbe System, dieselben Ideen und dieselben Leader zurückgriff. Interessanterweise war es die österreichische Mittelfeldoffensive (Teigl-Hierländer-Jantscher), die ihm das Spiel gewann.
Zum Beispiel: das Hierländer-Manöver
Schmidt hat Stefan Hierländer, den Burschen, dessen Karriere Andreas Herafs Justament-Boykott nicht zu zerstören vermochte, von der unsinnigen Rechtsverteidiger-Position, auf die ihn Stevens und Moniz pressen wollten, befreit und ihn auf die zuvor lange Zeit über unbesetzte zentrale Position im offensiven Mittelfeld gesetzt; auch, weil Cristiano nicht voll fit ist - mit durchschlagendem Erfolg.
Diese Maßnahme zeigt mir, dass Schmidt jemand ist, der ohne Vorurteile und Präkonzeptionen denkt und handelt. Statt sich auf Hörensagen zu verlassen, spürt er lieber rein, was seine Spieler können könnten. Same for Hyballa, der Jürgen Säumel oder Darko Bodul auf gewichtigen Positionen sieht.
Dieser neue, scharfe Blick tut unendlich gut und resultierte dann direkt in diesen ersten 30 Minuten; die besser waren als die gesamte letzte Saison zusammengenommen (falls ich das noch nicht erwähnt habe).
Wirkungstreffer wie diese sind es, die den heimischen Coaches ihre davonschwimmenden Felle so sehr bewusst machen, dass sie schon wild um sich treten. Von den schon rein sprachlich überforderten sogenannten Experten, zurecht arbeitslosen Trainern der ältesten Schule, erst gar nicht zu reden. Diese de facto bereits Ausgestorbenen können sich, wie Krankl, nur noch mit peinlichem Piefke-Nachäffen behelfen.
Was ist bei Rapid bewusst gesetzt?
Ebenso wie bei Salzburg und Sturm passt auch bei Rapid noch vieles nicht. Schöttel präsentierte nach langer Zeit wieder einmal eine Aufstellung mit Original-Hofmann-Loch, mit einem bewusst gesetzten (Trimmel füllte als Rechtsverteidiger die Lücken, die der nominell rechts aufgestellte, aber zu 99% in der Zentrale agierende deutsche Kapitän hinterließ), das gegen Innsbruck gut ging, gegen einen Kontrahenten auf Augenhöhe aber direkt in den Untergang führen würde. Da stellt sich schon die Frage, wie bewusst gesetzt "bewusst gesetzt" wirklich ist, gerade bei einem Coach wie Schöttel, der Systenfragen für nicht ganz so bedeutend hält. Andererseits ist sein Vertrauen in Momo Ildiz mit dem Hierländer-Manöver vergleichbar.
Ebenso wie für die Austria, deren Auftritt dem Kärntner Wetter zum Opfer fiel, gilt auch für Rapid: der Elchtest kommt erst gegen die anderen Großklubs.
Was die beiden Euro-League-Starter anbelangt, wollte ich eigentlich den Donnerstag abwarten - aber es lässt sich bereits nach ihrem direkten Duell einiges sagen.
Der Unterschied zwischen Ried und der Admira
Zum einen, dass die Markenstärke von Ried mittlerweile überragend ist. Ein neuer Trainer und eine teilweise neue (Reiter, Schicker, Gartler) Mannschaft können ein komplexes System (das wider etliche Erwartungen weiterhin gepflogene 3-3-3-1) schnell verinnerlichen und umsetzen - das ist aller Ehren wert. Und Ziegl/Hadzic sind ein Rückgrat das jeder gern hätte.
Zum anderen, dass Kühbauer das Spiel mit einem Fehl-Tausch (Thürauer für Hosiner) wohl vercoacht hat. Wer sein ohnehin schon flaches 4-4-2 noch flacher macht, sollte sich nicht wundern, wenn nichts geht.
Dort, wo das Rieder System hochflexible Variationen ermöglicht (Hinum und Nacho haben heute auf ihrer Seite angedeutet, was da möglich ist), ist das System Kühbauer einförmig und wenig einfallsreich inszeniert.
Up next im Fußball-Journal '12: Österreicher in Europa, am Beispiel von RB Salzburg, am Dienstag.
Innsbruck wirkt personell ausgedünnt und unsicher, wird sich aber vielleicht an der Entdeckung Piesinger emporziehen; Mattersburg kann sich erlauben, Mravac als Linksverteidiger auszuprobieren, so ruhekräftig geht man die Saison an. Wiener Neustadt ist der sportliche Absteiger, leider, da gibts viele talentierte Spieler, aber keinen Coach wie im Vorjahr Peter Stöger, sondern nur einen Showtrainer.
So war die Gesamtschau des Spiels Mattersburg - Neustadt nur der Sukkus der letzten Saison; das Gegenmodell der bereits mehrfach erwähnten 30-Start-Minuten im Duell der Piefke-Coaches. Fragt sich, welcher Stil diese Saison nachhaltiger prägen wird.