Erstellt am: 16. 7. 2012 - 17:02 Uhr
Ins Netz einischaun...
Im Laufe dieses Sommers lädt Radio FM4 junge, politisch engagierte Menschen jenseits von Parlamentsparteien zu unserer Form von Sommergesprächen. "Ins Netz einischaun..." heißt diese Reihe, in der JournalistInnen, BloggerInnen, AktivistInnen zu Wort kommen und wir mit ihnen - und euch - über das sprechen, was sie beschäftigt, die Motive für ihr Engagement, die dahinterstehenden Ideen.
Den Anfang macht Claudia Gamon. Sie hat vor einem Jahr geschafft, was vorher kaum jemand gedacht hätte: Den Wiedereinzug einer liberalen StudentInnenfraktion in die ÖH-Bundesvertretung. Bis 2009 hatte das Liberale Studentinnen- und Studentenforum (LSF) das Schicksal der Mutterrpartei, des Liberalen Forums, über die Jahre hinweg mit zeitlicher Verzögerung nachvollzogen: Ein kleiner Hype bei den Wahlen nach der Gründung, dann ein kontinuierliches Sinken in der WählerInnengunst, schließlich der Abschied aus dem Nationalrat/ der ÖH-Bundesvertretung.
Claudia Gamon studiert an der WU-Wien Internationales Management und ist eine von jährlich 80 Studierenden, die dort am CEMS-Master-Programm teilnimmt. Das eben zu Ende gegangene Sommersemester hat sie in Belgien verbracht. Sie bloggt unter www.hippiecapitalist.at und twittert unter dem Namen @blackened_sky
2009 wurde das LSF aufgelöst und die Julis gegründet - mit zunächst wenig Erfolg. 2011 haben sich die Julis ihrer liberalen Grundwerte besonnen und beinhart Studiengebühren verlangt. "Wie beschissen ist deine Uni? - Studiengebühren sind der erste Schritt zur Besserung" stand etwa auf den Plakaten. Über vier Prozent der Stimmen und drei Bundesmandate waren der Lohn für diese polarisierende Forderung. Und manch andere Fraktion hat sich geärgert, nicht auch auf diese Idee gekommen zu sein.
JuLis
"Ich möchte dem Neoliberalismus ein menschliches Gesicht geben" sagt Gamon im Vorgespräch. Sie ist einerseits eine geradezu radikale Liberale: Atheistin und beim gerade Unterstützungsunterschriften sammelnden Volksbegehren gegen Kirchenpriviliegien engagiert; treu dem liberalen Grundsatz "Meine Freiheit endet, wo deine beginnt" gegen (durchaus absurde) Verbote; für Zugangsbeschränkungen und Studiengebühren für Hochschulen.
Andererseits fordert Gamon aber - durchaus ein Widerspruch zu liberaler Ideologie - die Pille gratis für alle Unter-18-jährigen Frauen (klammert dabei aber völlig die Aspekte Geschlechtskrankheiten und mit der Einnahme der Antibabypille verbundene Risiken aus).
Ins Netz einischaun
Statusmeldungen zu Österreich. Bisher waren folgende NetzaktivistInnen zu Gast:
- Claudia Gamon, Nachwuchshoffnung der jungen Liberalen
- Sahel Zarinfard, Journalistin beim Online-Magazin Paroli
- Brigitte Theißl, Feministin, Journalistin mit wissenschaftlichem Hintergrund
- Porrporr, politischer Netzaktivist und Informationshub für den Widerstand
- Tom Schaffer, Journalist und Blogger bei zurPolitik und Ballverliebt
Statusmeldungen zu Österreich
Wir laden Claudia Gamon diesen Dienstag für eine Stunde ins Connected-Studio ein und sprechen mit ihr über liberale Ideen, die österreichische Politik, die Studierendenvertretung und ihren Umgang mit sozialen Medien. Vorab haben wir sie zum Wordrap getroffen. Was hält Claudia Gamon von
- der Frauenquote?
"Aus Prinzip nein. Aber jedes Unternehmen und jede Organisation wird erkennen, dass mehr Frauen in Führungspositionen positive Effekte haben."
- der Mindestsicherung?
"Unsere Antwort ist das liberale Bürgergeld, das statt Sozialhilfe, Kinderbeihilfe, Notstandsbeihilfe ausbezahlt wird. Die Idee dahinter ist, dass niemand, der arbeitet, schlechter gestellt wird."
- dem Österreichischen Rundfunk?
"Ich bin für eine Teilprivatisierung des ORF. Eine Gesellschaft kann sich für einen öffentlichen Bildungsauftrag entscheiden - da gehört aber vieles im ORF nicht dazu."
- der Österreichischen HochschülerInnenschaft?
"Die ÖH würde ihren Auftrag um einiges besser erledigen, wenn sie sich mehr auf ihre Kernkompetenz zurückbesinnen würde."
- Brüssel?
"Die Stadt ist der perfekte Spiegel Europas: Ein chaotischer Melting-Pot, der seine Identität sucht."
Die Stunde zum Nachhören
Im Live-Interview beantwortet Claudia Gamon, wie sie zum Liberalismus gekommen ist, ob sie glaubt, noch eine Pension zu bekommen und wie die Idee mit dem freien Markt funktionieren soll. Der für sie gescheiterten Drogenpolitik möchte sie eine völlige Legalisierung als "beste der schlechten Lösungen" entgegensetzen, dafür sollte Zuwanderung doch "ein bißchen reguliert" werden, in den "Vereinigten Staaten von Europa", wie sie den JuLis vorschweben. Das ganze Interview gibt es hier zum Nachhören:
Dieses Element ist nicht mehr verfügbar