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Katharina Seidler

Raschelnde Buchseiten und ratternde Beats, von Glitzerkugeln und Laserlichtern: Geschichten aus der Discommunity.

7. 7. 2012 - 14:38

Wer hat's erfunden?

Ernst Hofacker zeichnet in seinem Buch "Von Edison bis Elvis" die Geschichte der Popmusik anhand technischer und gesellschaftlicher Entwicklungen nach.

Thomas Alva Edison hat den Phonographen erfunden, Emil Berliner daraus ein Grammophon gemacht und Musik und Stimmen wurden erstmals konservierbar. So weit reicht´s vielleicht noch mit der Allgemeinbildung aus dem Schulunterricht. Die Popmusik im heutigen Sinne beginnt mit Elvis oder den Beatles, vor Vinyl gab es Schellack, Jazz und Blues haben sich zu großen Teilen im Süden der USA entwickelt. All diese Dinge hat man, wenn man sich mit populärer Musik im weitesten Sinne schon einmal befasst hat, wahrscheinlich schon einmal gehört.

Cover "Von Edison bis Elvis"

Reclam Verlag

"Von Edison bis Elvis. Wie die Popmusik erfunden wurde" von Ernst Hofacker ist im Reclam Verlag erschienen.

Ernst Hofacker widmet sich in seinem Buch den technischen und gesellschaftlichen Hintergründen all dieser Geschichten. Wieso sich Edisons Phongraph gegen das seines Konkurrenten Graham Bell durchsetzen konnte, wie Berliner darauf kam, statt Wachswalzen das Naturharz Schellack zu verwenden oder warum das Bandmodell der Beatles die Musikszene mit so einem Knall verändert hat.

"Der Beatles-Auftritt war zum Weckruf für die musikalische Pop-Moderne geworden, und eines seiner wichtigsten Gebote lautete: Mach es wie wir, gründe eine Band! In kürzester Zeit schossen in den USA neue Gruppen wie Pilze aus dem Boden. Vor den Beatles hatte es zwar auch schon Bands gegeben, die aber fungierten anonym als Begleitbands ihrer Frontleute. Mit den Beatles war nun zum ersten Mal eine Band auf den Plan getreten, deren Mitglieder gleichberechtigt im Rampenlicht standen, jeweils eigene Typen darstellten und als solche vom Publikum auch angenommen wurden, ein Modell, das bis heute Legionen von Nachahmern als Vorbild dient."

Der Musikjournalist Ernst Hofacker schreibt für Magazine wie den Rolling Stone oder den Musikexpress und hat bereits zwei Bücher über Rockmusik veröffentlicht. Mit gründlicher Recherche hat er also einige Erfahrung, und wirklich treibt er die Genauigkeit seiner Erklärungen an manchen Stellen ziemlich auf die Spitze. Einige Informationen könnte man auch in weniger Worten übermitteln und so etwas mehr auf den Punkt bringen. Andererseits wird gerade durch die Weitläufigkeit der Themenkreise von Politik bis Technik und Gesellschaft die Relevanz dieser Faktoren für die Entstehung der heutigen Popmusikszene deutlich. Hofacker vermittelt diese Entwicklung als breit aufgefächertes Kaleidoskop, das mit allerlei kleinen Geschichten und Anekdoten angereichert ist.

His Masters Voice

Deutsche Grammophon Gesellschaft

Das Bild "His masters voice" stammt von dem Maler Francis Barraud.

So erfährt man, dass Toningenieure bis zu den Beatles ihren Dienst in Krawatte und Kittel verrichtet haben, lernt alles über die Erfindung und den Siegeszug des Radios und darüber, wie der kleine Hund in das Logo der Deutschen Grammophon Gesellschaft gekommen ist. Der Epilog steht unter dem Titel "Von Elvis bis Eminem" und widmet sich als kurzer Abriss moderneren Entwicklungen wie mp3 und Facebook und ihrer Bedeutung für die Popmusikkultur.

Weitere Leseproben gibt es hier.

"Musik wird es deshalb weiter geben, weil die Menschen gerne Musik machen, etwa mit kinderleicht zu bedienender Software und erschwinglicher technischer Ausrüstung, aus der ein jeder, ganz ohne musikalische Vorbildung, in den heimischen vier Wänden eigene Musikstücke zaubern kann. Hausmusik 2.0 sozusagen. Im Zeitalter von iPhone, Facebook und Cubase wird aber auch gerne eigenhändig musiziert, eine Tatsache, für die die auch in unseren Tagen noch immer erstaunlich große Zahl von Laienmusikern, Bands, Orchestern und Chören spricht. Eigentlich hat sich gar nicht so viel verändert."