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Isabella StraubKlagenfurt

Wortlautgewinnerin 2011

4. 7. 2012 - 12:00

Anpfiff der Lesesportwoche

Auf die Plätze, fertig - lesen! In Klagenfurt werden heute die Tage der deutschsprachigen Literatur eröffnet.

Tage der deutschsprachigen Literatur
Isabella Straub berichtet aus Klagenfurt.

4.7.: Anpfiff der Lesesportwoche
5.7.: Hauptsache Live-dabei-Gefühl
6.7.: "Definitiv keine Castingshow"
8.7.: Reden wir Tacheles

Es geht Schlag auf Schlag: Gerade erst haben die letzten Ironmänner den Staub von ihren Laufschuhen geklopft, die Cheerleader ihre Pompons in der Pompon-Kiste verstaut und die Straßenreinigung Tonnen ausgequetschten Energiepastatuben entsorgt, da folgt schon die nächste Invasion am eventgeplagten Wörthersee.

Allerdings: eine sanfte Invasion. Sportler des Geistes sind es gewissermaßen, und die sind – anders. Blasser. Unverschwitzt. Statt aufdringlich in die Vuvuzela zu blasen, klappern sie nur zart mit ihren Buchdeckeln. Statt körpernahen Trikots tragen sie edles Tuch aus Münchner und Hamburger Maßschneidereien, wobei sich letzteres auch als falsche Erinnerung (Fachjargon: „false memory“) entpuppen könnte. Noch ist nämlich keiner da.

In Klagenfurt Downtown machen sich währenddessen die Buchstaben breit. Und das schon seit einer Weile. Ich bekomme das hautnah mit, schließlich wohne ich das ganze Jahr über hier, nicht nur während der Lesesportwoche. Hoch über den Köpfen der Spaziergänger spricht die Literatur auf flaschengrünen Fahnen (Fachjargon: „Oberkopftransparente“). Ingeborg Bachmann liefert ihren bekannten Satz mit der Wahrheit, und auch von Werner Kofler oder Kathrin Passig gibt es zitierfähige Häppchen. Allerlei VIPS lesen auf so genannten Leseplätzen die Texte von Literatur-VIPS. Eine Stadt groovt sich ein auf den Bachmannpreis, der ja eigentlich nicht mehr so heißen darf, doch „Tage der deutschsprachigen Literatur“ klingt halt nicht annähernd so sexy.

Einen Tag vor der offiziellen Eröffnung liest die Vorjahressiegerin Maja Haderlap beim Heyn. Der Heyn ist die Buchhandlung in Klagenfurt. Eingerahmt ist der schöne Laden von Optikern, was den Klagenfurt-Newbie André Hille aus Leipzig zur folgenden spitzen Beobachtung veranlasste: „Hier gibt es an jeder Ecke einen Optiker, aber nur eine Buchhandlung. Vom Lesen können die schlechten Augen definitiv nicht kommen.“

Maja Haderlap mit Blumenstrauß, inmitten der anderen Preisträger beim Bachmannpreis 2011

APA/GERT EGGENBERGER

Maja Haderlap (Mitte) letztes Jahr Siegerin beim Wettlesen

Die Kärntnerin Maja Haderlap jedenfalls „staunt“ immer noch ob der erfreulichen Nachwehen ihres Vorjahrstriumphes. Der „Engel des Vergessens“ im Wallstein-Verlag hat bereits die zehnte Auflage gesehen, Übersetzungen in diverse Sprachen stehen an. „Ich freue mich, aber vorwiegend staune ich immer noch“, sagt sie, die „achtzig Prozent aller Anfragen“ absagen müsse. Dem Bachmannpreis folgten in diesem Jahr zahlreiche weitere Preise und Ehrenbürgerschaften. Helmut Zechner, Chef des Heyn, hat in diesem Jahr unfassbare 2933 Exemplare des Romans veräußert, mehr als jede andere Buchhandlung auf dem Planeten – was, so Zechner, auch für seine Kundschaft spreche.

Heute Mittwoch werden die Spiele offiziell eröffnet. Und wenn es so weitergeht mit den Temperaturen, werden wir froh sein, dann und wann eine ungeöffnete Energiepastatube im Rinnstein zu finden.