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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

30. 6. 2012 - 13:29

Nochmal von vorne

Der regelmäßige Neustart erhält langlaufende Comicserien am Leben. Hulk, Batman und jetzt „The Amazing Spider-Man“ führen das Reboot-Prinzip auf der Leinwand fort.

  • Parker im Parka: Andrew Garfield brilliert als Peter Parker zwischen Teenage Angst, Teenage Kicks und Superheldenpflichten. (Pia Reiser)

Captain Kirk hat längst ein neues, völlig faltenfreies Gesicht. Conan der Barbar kehrte ebenfalls als Jüngling auf die Leinwand zurück und auch Kinokiller wie Freddy Krueger feierten rundumerneuert ein Comeback. Nicht alle Remakes, Reboots und Re-Imagenings sind dabei so erfolgreich wie die „Star Trek“-Neuversion. Trotzdem läuft die Revivalmaschine auf Hochtouren.

Ist der Ideenstrom in Hollywood wirklich endgültig versiegt? Das ist wohl nicht anzunehmen. Aber die frischen, ungewöhnlichen, riskanten Drehbücher bleiben überwiegend in der Schreibtischlade. Denn in ökomischen Krisenzeiten geht die Filmindustrie auf Nummer Sicher.

Neuerzählungen und Wiederaufbereitungen vertrauter Stoffe und Figuren decken die Maximalzahl an Zielgruppen ab: Während die Eltern oder großen Geschwister von ihren Filmerlebnissen der Vergangenheit schwärmen können, zielt die Reboots auf die Kinder ab, auf Generationen mit veränderten Sehgewohnheiten, für die bereits Streifen aus den Achtzigern völlig fremdartig wirken.

The Avengers Hulk

Marvel

Im Genre der Superheldenfilme gehört das immer wieder vom Nullpunkt anfangen allerdings schon von Grund auf dazu. Denn die erfolgreichsten Comicserien leben seit vielen Jahrzehnten vom Reboot-Prinzip. Unzählige Male wurde bei Verlagen wie Marvel oder DC schon auf die Neustart-Taste gedrückt. Und das setzt sich im Kino fort.

Mit Marc Ruffalo feierte in „The Avengers“ unlängst der Hulk, nach Versionen mit Eric Bana und Edward Norton, seine dritte und eindrucksvollste Reinkarnation. Im nächsten Jahr fliegt Superman in „Man of Steel“ erneut über die Leinwände, Regisseur Zack Snyder („Sucker Punch“) beginnt die Saga rund um den berühmten Kryptonier noch einmal von vorne und will sich radikal von allen bisherige Verfilmungen abheben.

Bereits in ein paar Wochen taucht Batman wieder in die dunklen Häuserschluchten von Gotham City hinab. Es ist schon fast langweilig das kundzutun, aber die „Dark Knight“ Trilogie von Christopher Nolan ist natürlich die Königsklasse in Sachen Reboot. Auch im Trailer zum dritten und letzten Beitrag spürt man die eindringliche Bemühung, hier nicht bloß eine etablierte Figur kassengerecht aufzurollen. Sondern den Mythos neu zu deuten, ihn mit gesellschaftspolitischem Subtext und psychologischer Eindringlichkeit aufzuladen.

Batman

www.filmseite.net

Sicher ist jetzt schon: Kaum ist „The Dark Knight Rises“ so erfolgreich wie prophezeit angelaufen, macht sich die Firma Warner bereits an die Planung einer neuen Franchise zum Fledermausmann.

Nicht lange gefackelt hat auch der Konkurrent Sony. Fünf Jahre nach dem letzten Spider-Man-Streifen setzt man auf neue Gesichter, einen neuen Regisseur und eine nicht ganz so neue Geschichte. Nachdem Sam Raimi sich im Disput von der Spinnen-Serie verabschiedete, wollte auch Hauptdarsteller Tobey Maguire nicht mehr in den blauroten Anzug schlüpfen. Im Regiestuhl sitzt jetzt Marc Webb, eigentlich ein Spezialist für RomComs mit aufgesetztem Indietouch („500 Days Of Summer“), den linkischen Peter Parker gibt der Brite Andrew Garfield.

Der junge Shootingstar ist der ganz große Pluspunkt von „The Amazing Spider-Man“. Bereits in „The Social Network“ und „Never Let Me Go“ faszinierte Garfield mit seinem übersensiblen Spiel. Als Peter Parker ist er viel mehr als ein Bilderbuchnerd, wie sie mittlerweile durch jeden zweiten Hollywoodfilm schlendern. Zittrig, emotionsgeladen, ungemein impulsiv erinnert der junge Außenseiter unter der Spinnenmaske eher an einen James Dean des 21. Jahrhunderts.

The Amazing Spider-Man

Sony

Die Besetzung, dass muss man zugegeben, ist aber auch abseits von Andrew Garfield top. Emma Stone (die man wegen ihren Parts in „Superbad“ und „Zombieland“ gernhaben muss) betört als charmante Gwen Stacy, der alte Rock'n'Roll-Gockel Rhys Ifans genießt die Rolle des hyperintelligenten Professor Connors, der zur diabolischen Echse mutiert. Die Spezialeffekte haben sich seit dem letzten Spider-Man-Abenteuer auch sichtbar verbessert, die dritte Dimension macht ausnahmsweise Sinn.

Und dennoch begeistert der Relauch des Netzschwingers nicht wirklich. Viel zu lange dauert es, bis die altbekannte Geschichte in Fahrt kommt. Erneut verfolgen wir, wie der junge Peter von einer verseuchten Spinne gebissen wird, wie sein Onkel Ben stirbt und die Verbrecherjagd beginnt. Die Vorhersehbarkeit ist aber nicht das einzige Problem des Films. Marc Webb nimmt die Figur offensichtlich ernst, aber vielleicht zu sehr. Gegen den glühenden Genrefan Sam Raimi wirkt seine Inszenierung blutleer.

Den Erfolg wird all das wohl nicht bremsen. Denn das Kurzzeitgedächtnis der Popkultur wird immer unerbittlicher. Und mit all den Sequels und Prequels werden wir noch lange leben müssen.

The Amazing Spider-Man

Sony