Erstellt am: 28. 6. 2012 - 15:58 Uhr
Auf der Uni nichts Neues
Es wäre schön, wenn man einmal ein Studienjahr Revue passieren lassen könnte, ohne über Proteste und Einsparungen schreiben zu müssen. Wenn herausragende, internationale Leistungen von heimischen WissenschaftlerInnen und Erfolgsmeldungen zum Lehrbetrieb die Schlagzeilen dominieren würde. Freilich: es gibt einiges Positives von den letzten zwei Semestern zu berichten, von denen auch direkt zahlreiche Studierenden betroffen sind.
So geht der Bau des neuen Campus der Wirtschaftsuniversität (WU) langsam in die Zielgerade und auch das leidige Thema, ein angemessenes Gebäude für das Wiener Institut der Publizistik und Kommunikationswissenschaft zu finden, scheint bald gelöst zu sein. Mehr als ein Jahrzehnt hat man dafür gebraucht. Das sind nur zwei Beispiele aus der Bundeshauptstadt, sie zeigen aber eines: Verbesserungen an den Unis gehen schleppend voran und beschränken sich in der Regel auf die Infrastruktur.
Wissenschaftsbericht
Wissenschaftsminister Karl Heinz Töchterle würde dem wohl entschieden widersprechen und auf einige hochdotierte Forschungsförderpreise verweisen, die Österreichische WissenschaftlerInnen und Einrichtungen bekommen haben. Zum Beispiel für das Institute of Science and Technology (IST) in Maria Gugging.
APA
Von der apostrophierten Eliteuni von Lisl Gehrer sehen aber die gemeinen Studierenden nichts. Zu wenig Studienplätze, überfüllte Vorlesungsplätze und bürokratische Hürden, sind die Dinge, mit denen sich die StudentInnen herumschlagen müssen. Das kann man aus dem Universitätsbericht, der jährlich dem Nationalrat vorgelegt werden muss, nicht herauslesen. Im Vorwort des Berichts schreibt Karl Heinz Töchterle:
„Der vorliegende Universitätsbericht 201 stellt in seinen insgesamt elf Kapiteln eindrucksvoll unter Beweis, dass sich mittlerweile – ausgehend vom ambitionierten Universitätsgesetz 2002 – ein deutliches Fundament herauskristallisiert hat. Dieses Fundament besteht in dem Konzept einer modernen Hochschule, in der sich Autonomie, Wissenschaftlichkeit, Wettbewerbsorientierung, Profilbilddung, Wirtschaftlichkeit, Internationalität und Virtualität zu einer Einheit verbinden“.
Quelle: Universitätsbericht 2011
Natürlich muss ein Wissenschaftsministerium den Blick für das Ganze in so einem Bericht bewahren, die Perspektive der Studierenden und wie sie dieses Fundament sehen, muss da außen vor bleiben.
Kritik von ÖH
Die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) kommt allerdings zum Schluss: "Töchterle betreibt Realitätsverweigerung". Zankapfel Nummer eins in der Auseinandersetzung der vergangenen zwei Semester waren einmal mehr die Studiengebühren. Der Verfassungsgerichtshof (VfgH) hat mit 1. März jene Bestimmungen aufgehoben, die festlegen, wann Studiengebühren zu zahlen sind und wann nicht. Laut einem von Töchterle in Auftrag gegebenen Gutachten des Wiener Verfassungsjuristen Heinz Mayer steht es den Unis nun frei selbst zu bestimmen, ob und in welcher Höhe sie Studiengebühren einheben wollen.
Dieses und weitere Themen haben die Debatte um die Unis beherrscht. Hier ein Überblick:
APA/GEORG HOCHMUTH
Studiengebühren
Seit der Entscheidung des VfgH zur Studiengebührenregelung gibt es keine allgemein gültige Regelung mehr. Wissenschaftsminister Karl Heinz Töchterle hat den Unis freigestellt, ob sie im kommenden Semester Studiengebühren einführen wollen. Acht von den 21 österreichischen Unis werden im Herbst Studiengebühren verlangen: Studierende über der Mindestzeit und aus Nicht-EU-Staaten müssen dann 363,36 Euro pro Semester zahlen. Die Uni Wien, Uni Graz, Uni Innsbruck, Wiener Wirtschaftsuni (WU ), Uni Linz, die Technische Uni Graz und die Vetmed, sowie das das Mozarteum haben beschlossen Studiengebühren einzuführen.
STEOP
Seit vergangenem Wintersemester gibt es die Studieneingangs- und Orientierungsphase, kurz STEOP. Offiziell soll sie StudienanfängerInnen helfen sich für das richtige Studium zu entscheiden. Inoffiziell diene sie aber als Knock-Out-Phase, kritisiert die ÖH. Im April haben vier Unis eine durchwachsene Bilanz nach dem ersten Semester gezogen.
Die Unis können ihre Studieneingangsphasen unterschiedlich gestalten. Diese Regelung macht sich die Universität Graz zunutze: Dort kann man Fächer aus späteren Semestern vorziehen, selbst wenn man die STEOP noch nicht hat. Andere Unis, wie z.B. die Uni Wien, sind da strenger: wer die Prüfungen der STEOP beim dritten Anlauf nicht schafft, wird lebenslang für das Studium gesperrt. Im Laufe des Jahres hat es immer wieder Proteste gegen die STEOP-Modelle gegeben.
APA/Herbert Neubauer
Proteste
Die Studierendenproteste haben sich durch das ganze Uni-Jahr gezogen. Im April besetzen wütende StudentInnen das Rektorat der Uni Wien, um ihren Studiengang Internationale Entwicklung (IE) zu retten. Besetzungen des Audimax und des Wissenschaftsministeriums folgen. Am Bildungsaktionstag im Juni dieses Jahres demonstrieren noch einmal die Studierenden gegen die „Hochschulmisere“ auf der Wiener Ringstraße.
Einsparungen
Das Bachelor-Studium Internationale Entwicklung wird von der Uni Wien ab Herbst eingestellt. Ab nächstem Semester wird nur noch das Masterstudium angeboten. An der TU Wien wiederum fielen die Lehramtsstudien dem Rotstift zum Opfer. Im kommenden Wintersemester werden keine neuen LehramtsstudentInnen mehr aufgenommen. Eine Ausnahme gibt es im Fach Darstellenden Geometrie. Alle anderen Lehramtsstudien (Mathematik, Physik, Chemie und Informatik ) sollen auf der TU auslaufen, StudienanfängerInnen müssen dann an die Uni Wien ausweichen.
Cafe Rosa
Auch die ÖH der Uni Wien und die scheidende Vorsitzende der Bundes-ÖH Janine Wulz standen dieses Jahr massiv in der Kritik. Das Cafe wurde von einer Exekutive aus Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS), Verband Sozialistischer Student_innen (VSStÖ) und dem Kommunistischen StudentInnenverband - Linke Liste (KSV-LiLi) entwickelt. Damit sollte ein Endpunkt um die jahrelange Forderung nach einem selbstverwalteten Raum für die StudentInnen der Uni Wien beendet werden. Die ÖH-Wien unterstützte den Betreiberverein mit rund 450.000 Euro. Wegen wirtschaftlicher Probleme musste der Betrieb aber inzwischen eingestellt werden.
Radio FM4 / Paul Pant
Seit der Eröffnung im Mai 2011 war das Cafe sehr umstritten. Der Vorsitzenden der Bundes-ÖH, Janine Wulz (GRAS), hat die damalige Mitarbeit an der Planung des Cafes einen (gescheiterten) Abwahlantrag der VP-nahen AktionsGemeinschaft (AG) eingebracht, vom Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) gab es sorgar eine Anzeige wegen des Verdachts der Untreue und satzungswidriger Verwendung von ÖH-Mitteln. Auch ein aufsichtsbehördliches Verfahren des Wissenschaftsministeriums kam zum Schluss, dass die Betriebsgründung in dieser Rechtsform rechtswidrig war. Gegen den Bescheid des Wissenschaftsministeriums ist eine Beschwerde beim Verwaltungs- bzw. Verfassungsgerichtshof möglich. Ob die HochschülerInnenschaft das machen werden, wird derzeit von der ÖH geprüft.
Kurz nach der Schließung war das Cafe Rosa noch einmal kurz in den Schlagzeilen, weil Linke AktivistInnen und Autonome das Lokal besetzt hatten.