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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

27. 6. 2012 - 19:29

EM-Journal '12-67.

Das vorbildhafte Duell - das Semifinale Portugal gegen Spanien in der Live-Begleitung.

Das EM-Journal 2012 begleitet täglich die Euro in Polen und der Ukraine, ähnlich wie schon das WM-Journal '10 beim letzten Großereignis.

Die Viertelfinals:
England gegen Italien 0:0, 2:4 nach Elferschießen, Spanien - Frankreich 2:0, Deutschland gegen Griechenland 4:2 und Tschechien - Portugal 0:1.

Die Übersicht zu allen Spielen und Journalen.

Das alles im Rahmen des heurigen Fußball-Journals '12, welches sich - wie schon 2011 - mit den aktuellen Unwägbarkeiten dieses besten aller nicht lebenserhaltenden Systeme beschäftigt.

FM4 hat auch diesmal wieder ein EM-Quartier im Wiener WUK, mit Public Viewing, Moderation und netten Gästen. Für Regenwetter gibt es Indoors-Screens.

Das Elferschießen:

Beide Teams machen einen moralisch guten Eindruck, beide Kreise wirken geschlossen. Spanien beginnt, man schießt auf das Tor mit den spanischen Fans dahinter. 23:20.

Xabi beginnt gegen Rui Patricio. Scharf aber nicht präzis, der Goalie taucht nach links und hat ihn.
Moutinho gegen Casillas. Gut, aber nicht präzis, der Goalie taucht nach rechts und hat ihn.

Iniesta sollte treffen. Wer wenn nicht er. Er täuscht und setzt den Ball dann recht zentral halbrechts. 1:0.
Pepe flach und genau ins linke Eck, Casillas ist fast dort. 1:1

Pique wuchtig, links, scharf, Patricio ist dort aber ohne Chance. 2:1
Alves geht, aber Nani will, ojeh... verzögert und trifft dann doch hoch und halblinks, Casillas ohne Chance. 2zu2

Ramos lupft hoch und zentral, keine Chance für den Tormann. 3:2
Jetzt Alves. Er bumst mit voller Wucht an die Latte., fast ans kreuzeck, der wäre unhaltbar gewesen. weiter 3:2

Fabregas kann schon entscheiden. linke Innenstange, Patricio fliegt hin hat aber keine Chance. 4:2, die Entscheidung. Ronaldo kommt nimmer dran.

Das ist die knappestmögliche Entscheidung, nicht nur sportlich, sondern auch inhaltlich. In jedem Fall bei dieser EM, aber auch im Vergleich zu anderen wichtigen Matches. Es war eng, weil Portugal den favoriten immer wieder in die Seile drückte. Weil der Underdog zwar ebenbürtig war, aber keine reelen Torchancen erarbeitete, und weil Spanien die seinen vergab, kam es zum Elferschiessen.

Letztlich ist aber klar: dieses Resutat hat nur dann Sinn gehabt, wenn es morgen auch Deutschland schafft und damit die Bühne freimacht für das einzig mögliche Spitzenspiel auf Augenhöhe.

... und es kommt zum zweiten Elferschießen der Euro...

... nicht nur aus den erwähnten taktischen und technischen Gründen, sondern auch weil sich heute abend niemand über die anderen erheben konnte, weil es kaum einen gab, der sein Potential abrief, der seine individuelle Klasse abrufen konnte. Iniesta vielleicht, als einziger. Alba, punktuell. Die anderen, vor allem Xavi und Xabi, blieben blass.

Bei Portugal holte das heute extraklassige Mittelfeld alles raus, was es konnte - und hielt ein Spiel gegen einen besseren Gegner in der Waage. Den mögklichen Unterscied vergaben Ronaldo (nur in der 1. Hälfte mit der Form der letzten Spiele) und vor allem Nani.

Die Qualen der Verlängerung...

Die Roten beginnen furios (Wortspiel) - keine schlechte Idee so eine Verlängerung überfallsartig zu beginnen. Dann aber wird die Verlängerung zu der Qual die wir von großen Turnieren kennen: Angst vor entscheidenden Fehlern, die zu einer Art Golden Goal führen können, die Mannschaft die sich schwächer fühlt, will sich ins Penaltyschießen retten, weil sie dort 50:50 steht, Mut ist nur noch in vereinzelten und nicht von allen Akteuren begleiteten Tempogegenstößen vorhanden, punktuell.

Spanien setzt jetzt die Flügel ein, die ein bisserl ins Nichts flanken und auf einen Rebound-Treffer nach notdürftiger Abwehr hoffen, ein wenig sehr implizit gedacht. Die portugiesischen Gegenstöße sind plötzlich ein wenig umständlich und von Nervosität gezeichnet.

Erst in der 104. Minute wachen alle auf: ein toller Alba-Vorstoß über links, in den Strafraum, Traumpaß auf Iniesta, dessen tollen Schuß Rui Patricio ebenso toll abwehrt. Huh, fast ein Matchball.

Zur Pause der Verlängerung steht es trotz tollen Ramos-Freistoß (knapp drüber, Goalie war aber da) 0:0, außerdem kommt 6 Custodio für 4 Veloso, ein reiner Positionstausch in der defensiven Mittelfeldzentrale.

Nach dem Seitenwechsel
setzt sich wieder die mittlerweile auch vom Gegner akzeptierte spanische Überlegenheit fort; allerdings ohne Erfolgserlebnisse. Auch in der 111. nicht, als Rui Patricio einen Navas-Schuß auf Raten bändigt.

Paolo Bento bringt den wuseligen 18 Varela Silvestre, das ist ein Angriffs-Signal, bistdugscheit! Er kommt in der 113. für 16 Raul Meireles, da kommt ein offensiver rechter Flügel für einen Achter! Nani rückt ins Zentrum, es kommt zu einer Art 4-2-4.

Die Chance kriegt dann ein anderer Einwechselspieler, und zwar Pedro, in Form eines Idealpaß von Cesc in der 115., mit freiem Zug zum Tor, den er dann aber mit einem Haken verstolpert.

Das Spiel stolpert in Richtung Elferschießen, zum einen, weil in der 2. Halbzeit (von der Verlängerung nicht mehr zu reden) der unbedingte Wille sich zu öffnen und das Spiel entscheiden zu möchten gefehlt hat, zum anderen weil einem dichten intensiven Duell wie diesem einfach zu oft der letzte gute Paß gefehlt hatte.
==An wen soll ich mich wenden? 0:0 nach 90 Minuten==

Ich bin gerade hinundhergerissen: ich würde gerne das Finale Spanien - Deutschland sehen, weil es die einzige begegnung zweier Teams wäre, die einander als ebenbürtig betrachten - Portugal hab ich gegen Deutschland schon gesehen.
Andererseits wäre ein Finale für Portugal just dann, wenn keiner damit gerechnet hat - nämlich hier bei diesem Turnier - auch eine feine Sache.

Gelb für Bruno Alves in der 86. - der Schiri hat das Match in der 2. Halbzeit aus der Hand gegeben, er zerpfeift allzu viel.

In der 87. kommt 7 Pedro für 8 Xavi, an dem das Spiel heute auch ein wenig vorbeilief - das heißt dass sich Iniesta fallen lässt, ins Zentrum, Pedro ist ein linker Flügel. Iniesta wird sich auf Tempodribblings und Doppelpasses mit Fabregas konzentrierern - die beiden Flügel (Navas und Pedro) könnten die Mitte bedienen, wenn dort jemand anzutreffen wäre.

In der letzten Minute fährt Portugal einen Konter, teilweise 4gegen1, Meireles legt für Ronaldo auf, der verzieht allzu sehr. Es sieht so aus als wärs das gewesen in der regulären Spielzeit. Veloso bekommt zum Abschluß auch noch seine Karte.

Paolo Bento hat noch zwei Wechsel frei.

Kein Sieger im Steher-Duell

Ab der 60. Minute kippt das Match in einen neuen Bewußtseinszustand. Es ist wie bei einem Anstieg bei der Tour de France: wer zieht den Sprint zuerst an? Und: ist der, der das wagt auch der, der dann wegziehen kann. In dieser Situation der Belauerung, des Steherduells ist das Spiel gerade. Das äußert sich zuerst in wütender werdenden Weitschüssen. Dann schafft Spanien zum erstenmal seit gefühlten Stunden einen dieser geduldigen Um-den-Strafraum-Spielereien, die Portugal sichtlich nervös machen, Dort werden die Konterversuche jetzt deutlich bissiger.

Es gibt übrigens keine Flankenrochaden Nani-Ronaldo, CR7 tauscht eher mit Hugo Almeida und macht einiges durch die Mitte. Und ballert einen zu zentralen Freistoß (73.) knapp übers Tor und Casillas fangbereite Hand.

Wenn Spanien anrückt, dann sind Pepe-Alves aktuell gegenspielerlos - Cesc und Xavi platzieren sich noch hinter die Mittelfeldreihe. Das ist zuwenig um echten Druck zu erzeugen - so können die Weißen (gefühlt gerade Real) die Rot-Blauen (gefühlt gerade Barca) leicht in Schach halten.

Nani ist ein echter Ausfall, sorry.
Spanien steht offensiv allzu selten in einem 4-1-4-1, das jetzt sinnvoll wäre.

Der Veloso-Freistoß in der 80. bringt sportlich nichts, nur die Erkenntnis, dass auch Veloso die Ronaldo-Schule (5+1-Schritte) einhält. Eine Minute später der übliche Mittelstürmer-Tausch: 11 Nelson Oliveira für 9 Hugo Almeida. In der 84. gelb für ein Freistoß-Schutzhands von Arbeloa. Der Ronaldo-Freistoß bringt nix.

Del Bosque und Fabregas erhöhen den spielerischen Druck

Und auch in der 2. Halbzeit hält Portugal den Gegner schon an der Mittellinie auf. Spanien kann sich nur meterweise vorarbeiten, findet keine Lücken, wird zu fehlerhaften Passes gezwungen. Allerdings bringt Portugal zu Beginn der Hälfte auch wenig nach vorne.

10 Fabregas kommt. Für wen? Das wird viel erzählen.
Uuuuuh, für 11 Negredo (54.) - das wirkt jetzt so, als würde Del Bosque den Kritikern eine Nase drehen und sagen 'bäh, euer Tipp hat nicht funktioniert, ab jetzt machen wir es wieder so wie ich es wollte'.
Kombinatorisch ist jetzt mehr drinnen, klar, aber ich frage mich ob diese Formation den Druck erhöhen kann. Und das ist dringend nötig.

Im übrigen: bei so viel berechtigter Kritik an Negredo darf der Hinweis darauf, dass Hugo Almeida bei Portugal genauso eher ein Störfaktor ist und allzuwenig beizutragen hat, nicht fehlen. Sein hirnloser Fehlschuß in der 59. spricht da Bände.

Gelb kriegt Busqets in der 60. Minute wegen sinnloser Kritik. Dann kommt endlich 22 Navas statt des heute wirkungslosen 21 Silva auf der rechten Seite. Eine Minute später sieht Pepe nach einem Luftduell die gelbe Karte; Xabi Alonso hat danach Rücken.

Tatsächlich erhöht sich mit Cesc der spanische Druck: gelb für Pereira wegen Foul knapp an der Strafraumgrenze.

Halbzeit-Fazit

Ein intensives Match auf hohem Niveau, mit teilweise hohem Tempo und mit dem Willen sich gegenseitig den Mut zum kreativen Aufbau zu nehmen; was sich beide Teams natürlich nicht gefallen lassen können.
Das ist ein regelrechter Psychokrieg, den da vor allem Portugal betreibt.

Portugal hat die Taktik vom Deutschland-Spiel übernommen und für Spanien verfeinert: extrem frühes, hohes und intensives Pressing bringen den spanischen Motor ins Stottern. Unglaublicher Einsatz von Veloso, Moutinho und Meireles. Wilde Tempogegenstöße bringen eigene Gefahr. Negativ: Nani hat das Spiel noch nicht gefunden, Ronaldo ist übermotiviert.

Spanien hat nur zweimal drei bis fünf tolle Minuten. Und das auch nur weil sich Iniesta auf der linken Seite in harschen Einzelleistungen durchsetzt. Xavi und Xabi sind aktuell nur zweite im direkten Duell mit ihren Mittelfeldgegnern, das ist erstaunlich und führt zu einer spielerischen Schwächung.

Ich würde Navas für Silva und Torres für Negredo bringen, verstehe aber dass das zuviel Risiko bedeuten würde. Vielleicht kann Del Bosque auch mit einer internen Umstellung etwas bewirken. Sein Mittelfeld ist jedenfalls unterlegen - und ich wüsste nicht, wann das zuletzt der Fall war.

Portugal lässt Spanien nicht in seine Spiel-Routine kommen

Die rechte spanische Angriffseite besteht aktuell nur aus Arbeloa, David Silva hat einen humpelnden Abend. Und in der 29. reicht eine Hereingabe von Arbeloa dann Xavi für einen Idealpaß zu Iniesta, der nur knapp drüberschießt. Knapp daneben dann auch der gute Flachschuß von Ronaldo in der 31. Minute aus 16Metern.

Das sind hochklassige Duelle, die Ramos und Meireles, Iniesta und Pereira oder Ronaldo und Arbeloa oder wer auch immer aufeinandertrifft, da abliefern. Auch weil die Spieler erahnen, dass es eine kreative Einzelaktion sein könnte, die dieses Spiel entscheidet. Nani ist noch nicht drinnen, sein Ärger nach einem abgepfiffenem Vorteil war symptomatisch.

Negredo war im übrigen bislang weder direkt (per Aktion) noch indirekt (als Störfaktor gegen Pepe-Alves) zu sehen. Meine ursprüngliche Vermutung kann ich kübeln. Vielleicht ist Torres zuletzt nicht fit genug gewesen und Del Bosque wollte halt diesmal wieder einen echten Neuner. Nicht jede Personalie hat ja unbedingt einen superstrategischen Hintergrund.

Der beste linke Angreifer auf dem Platz ist bis dato Andres Iniesta, der strahlt (auch wieder reine Körpersprache) eine unerhörte Gefahr aus.

In der 38. Minute pfeift das Publikum die spanische Offensive aus - kein Wunder, wo sie sonst um den Strafraum kombinieren, drängt sie Portugal an die Mittellinie. Das kann weder erfolgreich sein, noch sieht es attraktiv aus. Spanien hat jetzt auch das vierfache Anbohren der gegnerischen Abwehr aufgegeben und lässt nur Negredo vorne.

Ramos kriegt gelb für ein taktisches Foul im Mittelfeld (41.), dann in der letzten Minute kommt noch eine für Coentrao. Ich denke dass sich Spanien jetzt in diesem Gleichstand ergibt und für die 2. Halbzeit etwas überlegt um Portugal besser in den Griff zu kriegen.

Die spanische Angriffswelle stottert...

Ronaldo könnte, das erzählt mir seine Körperspannung beim Sprint, heute ein wenig zu übermotiviert sein; nicht in der Verfassung der beiden letzten Matches, in denen alle seine Moves eine hohe Leichtigkeit haben. Das muss er bald rauslaufen, wenn er locker werden will.
Nach der 15. Minuten setzen sich dann wieder die Weißen ein wenig in Casillas Strafraum fest, proben wieder die temporeiche Dominanz. Esd ist ganz klar erkennbar: Portugal will, zumindest 5 Minuten pro Viertelstunde, mitspielen, sich in Augenhöhe begeben. Und Spanien ist es merklich nicht mehr so recht gewohnt, dass sich jemand sowas traut.

Allerdings bietet diese Art der Spielanlage auch die Chance auf schnelle spanische Gegenstöße, auch das hatten sie schon länger nicht mehr. Gut: der türkische Schiri, der nicht jeden Zupfer abpfeift, sondern einiges laufen lässt.

Unglaublich, sogar Veloso ist beim vordersten Pressing mit dabei - da traut sich ein Team echt was zu. Das wird auch insofern interessant, weil so ein laufintensives Spiel Substanz und Kraft kostet - das könnte eine schlagabtauschende zweite Hälfte werden.

Die spanische Angriffswelle rollt nur stockend. Bis auf eine Phase fünf toller Minuten waren sie nich nicht in ihrem Element. Portugal spielt jetzt zusehends Angriffe über die ganze Breite, riskiert auch Flanken ins Zentrum, kombiniert aus allen Rohren, schlägt die Passes schnell, und damit auch oft nicht präzis - aber das Tempo macht die Gefahr.

Die ersten Erkenntnisse im Spiel...

Portugal ist hier um mitzuspielen - niemand stellt sich hinten rein. Casillas sichert mit überragender Strafraumbeherrschung die ersten Gefahrenmomente ab. Das portugiesische Pressing setzt früh, bei ihm, den Torhüter an, die vorderste Reihe stellt sich zu dritt auf, sehr hoch.

Spanien kann in den ersten 5 Minuten kein einzigesmal sein Spiel aufziehen; es lässt sich an wie gegen Deutschland, als Portugal auch durch scharfes Pressing die klassische Attitude verhindert.

Erst ein Fehler von Rui Patricio und Pepe bringt in der 5. Minute die erste Gefahr durch Iniesta. Der zweite Angriff versickert, ehe der dritte Angriff, auch wieder über Iniesta, der sich in der 10, Minute grandios links druchspielt, mit einem Arbeloa-Schuß, der knapp drübergeht, endet. Iniestas Schuß in der 10. Minute bestätigt: alles wieder normal. Spanien ist in charge. Portugal hält nur mehr per Konter dagegen. Die kann Ronaldo aber hervorragend durchziehen, seinen guten Cross fängt Casillas (13.) sicher runter.

Die Teams so wie es zu erwarten war:
Portugal: 21-3-2-5; 8-4-16; 17-9-7.
Spanien: 17-3-15-18; 8-16-14; 21-11-6.

Spaniens Offensive bohrt die Abwehr zumeist in Vierer-Stärke an - neben den drei Angreifer ist immer noch ein zusätzlicher Achter ganz vorne mit dabei.

Superinteressante erste Viertelstunde: in Min 1-5 schnürt Portugal die überraschten Spanier ein, in Min 6-10 schlagen die dann zurück, in Min 10-15 gleicht sich alles aus.

Die ersten Erkenntnisse schon vor dem Spiel...

... betreffen die völlig überraschende spanische Aufstellungs-Variante mit Negredo in der Sturmzentrale. Nachdem sich Vicente del Bosque schon im Viertelfinale nicht um den medialen und öffentlichen Druck scherte, der den Einsatz einer echten Spitze anstelle von Ersatz-Messi Fabregas gefordert hatte, ist nicht anzunehmen, dass er das dann jetzt, mit Verspätung tut.

Er wird also einen taktischen Grund haben. Ich könnte mir vorstellen, dass er damit Pepe und Bruno Alves, die gern mit langen Passes Aufbauarbeit bestreiten, vor allem in der Defensive beschäftigen will; ein ausgeprägtes Flügelspiel ist mit Iniesta und Silva aber nicht zu erwarten. Interessant auch wie Paolo Bento auf Negredo reagieren wird.

Portugal hat Heimrecht, kommt in weißen Jacken und weißen Shorts zu den Hymnen, Spanien in roten Jacken und blauen Hosen. Ronaldo steht beim Absingen diesmal gerade, nicht mehr so introspektiv wie noch in der Vorrunde, ja er lacht sogar. Die portugiesischen Dressen sind blitzweiß und wieder mit dem stilisierten Kreuz auf der Vorderfront, die Spanier können also auf ihr Rot zurückgreifen.

Die Ausgangslage vor dem Match...

... ist ganz klar.
Spanien ist Favorit, Portugal Außenseiter.

Das ist die klassische Positionierung der beiden iberischen Nachbarn, der Große ist gegenüber dem Kleinen immer im Vorteil. Immerhin hat dieses europäische Südwest-Derby nichts vom vergleichbaren Hass des Nachbarschafts-Duells Deutrschland - Holland, weder im gerede der Akteure, noch im dümmlich-hasstriefenden Fan-Gehabe.

Dazu ist die gemeinsame Fußballgeschichte nicht aufgeheizt genug - viel eher kann man von einer gesunden Rivalität sprechen. In den 60ern teilte man sich europäischen Ruhm, im Klubfußball, so etwa 2/3 zu 1/3, Spanien war bei Euros besser, Portugals Eusebio bei der WM 66 top. 1984 unterlag man quasi gemeinsam Platinis Frankreich, dann kam eine Durststrecke, die Ende der 90er durch Portugals Goldene Generation beendet wurde; Spanien zog ein Jahrzehnt später nach. Alles geschieht rechtr friedlich: bei der Heim-Euro 04 gewann Portugal, beim WM-Titel '10 Spanien

Und nicht einmal der Erfolg beim Testspiel von November 2010, das Portugal gegen den frischgebackenen Weltmeister total überraschend 4:0 gewann, war jemals ein großes Thema.

Letztlich spielten damals schon die heutigen Teams gegeneinander: Rui Patrício, Pereira, Pepe, Alves, Moutinho, Meireles, Nani, Ronaldo, Almeida und Postiga waren auf der einen Seite dabei, Casillas, Arbeloa, Ramos, Piqué, Busquets, Xavi, Xabi, Iniesta, Silva, Fábregas und Torres auf der anderen Seite. Vor allem war aber auch schon das grundsätzliche System der beiden Teams schon dasselbe: Portugal lief mit dem 4-3-3 und der Flügelzange von heute auf, Spanien spielte sein 4-3-3, mit Mittelstürmer Villa und Puyol.

Hier noch eine Vorab-TaktikAnalyse eines Experten von spielverlagerung.de.

PORTUGAL

Tor: 1 Eduardo (Benfica), 12 Rui Patricio (Sporting), 22 Beto (CFR Cluj/ROM).

Abwehr: 19 Miguel Lopes (Braga), 21 Joao Pereira (Sporting -> Valencia/ SPA), 2 Bruno Alves (Zenit St Petersburg/RUS), 13 Ricardo Costa (Valencia/ SPA), 14 Rolando (Porto), 3 Pepe, 5 Fabio Coentrao (Real Madrid/SPA).

Mittelfeld: 4 Miguel Veloso (Genoa/ITA), 6 Custodio (Braga), 8 Joao Moutinho (Porto), 16 Raul Meireles (Chelsea/ENG), 15 Ruben Micael (Zaragoza/SPA), 20 Hugo Viana (Braga).

Offensive: 17 Nani (Manchester United/ENG), 7 Cristiano Ronaldo (Real Madrid/SPA), 10 Ricardo Quaresma, 9 Hugo Almeida (Besiktas/TUR), 23 Helder Postiga (Zaragoza/SPA), 11 Nelson Oliveira (Benfica), 18 Silvestre Varela (Porto).

Der Weg von Portugal ins Halbfinale

Viermal spielte da dieselbe Mannschaft, viermal Paulo Bentos 4-3-3, das sich taktisch immer neu ausrichten und auslegen lässt.

Spiel 1 (gegen Deutschland)
12 Rui Patricio; 21 Joao Pereira, 3 Pepe, 2 Bruno Alves, 5 Fabio Coentrao; 16 Meireles, 4 Veloso, 8 Moutinho; 17 Nani, 23 Helder Postiga, Kapitän 7 Cristiano Ronaldo. Wechsel: 11 Nelson Oliveira, 18 Varela Silvestre.

Match 2 (gegen Dänemark)
12 Rui Patricio; 21 Joao Pereira, 3 Pepe, 2 Bruno Alves, 5 Fabio Coentrao; 16 Meireles, 4 Veloso, 8 Moutinho; 17 Nani, 23 Helder Postiga, Kapitän 7 Cristiano Ronaldo. Wechsel: 11 Nelson Oliveira, 18 Varela Silvestre, 14 Rolando.

Spiel 3, im tollen Match gegen die Niederlande.
12 Rui Patricio; 21 Joao Pereira, 3 Pepe, 2 Bruno Alves, 5 Fabio Coentrao; 16 Meireles, 4 Veloso, 8 Moutinho; 17 Nani, 23 Helder Postiga, Kapitän 7 Cristiano Ronaldo. Wechsel: 11 Nelson Oliveira, 14 Rolando, 6 Custudio.

Im Viertelfinale gegen Tschechien:
12 Rui Patricio; 21 Joao Pereira, 3 Pepe, 2 Bruno Alves, 5 Fabio Coentrao; 8 Moutinho, 4 Veloso, 16 Meireles; 17 Nani, 23 Helder Postiga, Kapitän 7 Cristiano Ronaldo.
Wechsel: 9 Hugo Almeida, 14 Rolando, 6 Custudio.

Noch ohne Einsatz sind 19 Miguel Lopes, 13 Ricardo Costa, 15 Ruben Micael, 20 Hugo Viana, überraschend auch 10 Quaresma sowie die beiden Ersatztorhüter 1 Eduardo und 22 Beto.

23 Helder Postiga hat sich im Viertelfinale verletzt und fällt aus, sonst sind alle fit. Im Halbfinale ersetzt ihn wie erwartet Hugo Almeida.

12 Rui Patricio; 21 Joao Pereira, 3 Pepe, 2 Bruno Alves, 5 Fabio Coentrao; 8 Joao Moutinho, 4 Miguel Veloso, 16 Raul Meireles; 17 Nani, 9 Hugo Almeida, Kapitän 7 Cristiano Ronaldo.
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Die heißesten Wechseloptionen sind 11 Nelson Oliveira und 18 Varela Silvestre.

SPANIEN

Tor: 1 Iker Casillas (Real Madrid), 12 Victor Valdes (Barcelona), 23 Jose Manuel 'Pepe' Reina (Liverpool/ENG).

Defenders: 17 Alvaro Arbeloa, 15 Sergio Ramos, 2 Raul Albiol (Real Madrid), 3 Gerard Pique (Barcelona), 5 Juanfran Torres (Atletico Madrid), 18 Jordi Alba (Valencia), 4 Javi Martinez (Athletic Bilbao).

Midfielders: 16 Sergio Busquets, 8 Xavi Hernandez, 6 Andres Iniesta, 10 Cesc Fabregas (Barcelona), 14 Xabi Alonso (Real Madrid), 20 Santi Cazorla (Malaga), 13 Juan Mata (Chelsea/ENG), 22 Jesus Navas (Sevilla).

Forwards: 21 David Silva (Manchester City/ENG), 9 Fernando Torres (Chelsea/ ENG), 7 Pedro Rodriguez (Barcelona), 19 Fernando Llorente (Athletic Bilbao), 11 Alvaro Negredo (Sevilla).

Spaniens Weg in Richtung Titelverteidigung

Spanien kennt bei dieser Euro genau zwei Aufstellungs-Varianten: ein 4-3-3 mit einem hängenden Messi-mäßigem Center (Fabregas) und eine mit einem echten Mittelstürmer (Torres). Der Rest blieb, wie bei Portugal, vier Spiele lang genau gleich.

Spanien im ersten Spiel gegen Italien - mit Cesc:

1 Kapitän Casillas; 17 Arbeloa, 3 Pique, 15 Sergio Ramos, 18 Jordi Alba; 8 Xavi, 16 Sergio Busquets, 14 Xabi Alonso; 21 David Silva, 10 Cesc Fabregas, 6 A. Iniesta. Wechsel: 9 F. Torres, 22 Jesus Navas.

Spanien im zweiten Match gegen Irland wieder mit El Nino:

1 Kapitän Casillas; 17 Arbeloa, 3 Pique, 15 Sergio Ramos, 18 Jordi Alba; 8 Xavi, 16 Sergio Busquets, 14 Xabi Alonso; 21 David Silva, 9 F. Torres, 6 A. Iniesta. Wechsel: 10 Cesc Fabregas, 4 Javi Martinez, 20 Santi Cazorla.

Spanien im dritten Spiel gegen Kroatien wieder mit Fernando T.:

1 Kapitän Casillas; 17 Arbeloa, 3 Pique, 15 Sergio Ramos, 18 Jordi Alba; 8 Xavi, 16 Sergio Busquets, 14 Xabi Alonso; 21 David Silva, 9 F. Torres, 6 A. Iniesta. Wechsel: 10 Cesc Fabregas, 22 Jesus Navas, 11 Negredo.

Del Bosque zog sich im Viertelfinale dann wieder auf die Fabregas-Variante, das verspottete 4-3-3-0 zurück:

1 Kapitän Casillas; 17 Arbeloa, 3 Pique, 15 Sergio Ramos, 18 Jordi Alba; 8 Xavi, 16 Sergio Busquets, 14 Xabi Alonso; 21 David Silva, 10 Cesc Fabregas, 6 A. Iniesta.Wechsel: 9 F. Torres, 20 Santi Cazorla, 7 Pedro Rodriguez.

Noch ohne Einsatz sind 2 Albiol, 5 Juanfran, 13 Mata, 19 Fernando Llorente und die Torleute 12 Valdes und 23 Reina.

Fürs Halbfinale rechnnete man wieder mit der Cesc-Varante, allerdings kam es dann anders: Del Bosque nominiert mit Negredo einen echten Brecher. Gary Linkeker findet das very promising.

1 Kapitän Casillas; 17 Arbeloa, 3 Pique, 15 Sergio Ramos, 18 Jordi Alba; 8 Xavi, 16 Sergio Busquets, 14 Xabi Alonso; 21 David Silva, 11 Negredo, 6 A. Iniesta.

Most likely Wechsel-Optionen: 10 Cesc Fabregas, 9 F. Torres, 22 Jesus Navas.

Das Spiel findet in der Donbass Arena in Donezk statt, Spielleiter ist der bislang ausgezeichnete Türke Cüneyt Çakır. Gelbgefährdet ist keiner, die bisherigen Karten wurden gestrichen.