Erstellt am: 27. 6. 2012 - 11:33 Uhr
Sofia Pride 2012
"Alle gläubige Christen sollen sich versammeln und diese Ungeziefer mit Steinen bewerfen". Mit diesen Worten forderte letzte Woche in einem Fernsehinterview ein bulgarischer Pope alle "normalen" Leute auf, ihre Abneigung gegenüber der fünften Gay Pride Parade, die am kommenden Samstag in Sofia stattfinden soll, zu zeigen.
Diese eigentlich erwartete Reaktion der bulgarischen orthodoxen Kirche ist die einzige mediale Provokation, die die inzwischen traditionell gewordene Parade thematisiert.
Die erste "Sofia Pride" Parade fand 2008 statt. Monate vor dem Fest traten jeden Tag verschiedene kirchliche und Nationalistenführer in diversen Talkshows auf, um ihre Empörung über alle die "anders" sind, zu demonstrieren. Ganz Sofia wurde mit Plakaten beklebt, worauf "Sei intolerant, sei normal!", stand. Mehr als 1000 Rechtsradikale versammelten sich damals zu einer Gegendemonstration gegen die Schwulen- und Lesbenparade.
Die ungefähr 150 Leute, die in der ersten "Pride Parade" in Bulgarien friedlich für mehr Toleranz in der Gesellschaft demonstrierten, wurden mit Steinen und Molotowcocktails beworfen. Die übergroße Polizeipräsenz verhinderte heftigere Ausschreitungen, mehr als 80 von der Gegendemonstration wurden verhaftet.
EPA
Seitdem polarisiert die Schwulen- und Lesbenparade die bulgarische Gesellschaft jedes Jahr ausf Neue, allerdings können sich die Teilnehmer vier Jahre nach der ersten viel sicherer fühlen.
Heuer wird die Parade mit einem Konzert vor dem symbolischen Denkmal der sowjetischen Armee enden. Verschiedene Popsänger, darunter auch die bulgarische Vertreterin bei der diesjährigen Eurovision Songcontest, die Romadiva Sofi Marinova, treten dort auf und äußern damit ihre Solidarität mit den Teilnehmern in der Parade. Es werden mehr als 1000 Teilnehmer erwartet, also fast 10-mal mehr als bei der ersten Ausgabe.
Eine nationalistische Gegendemo ist ebenfalls am gleichen Tag geplant, es ist aber immer noch unsicher, ob sie von der Stadtverwaltung überhaupt erlaubt wird. Grund dafür ist auch, dass sich mehrere ausländische Botschafter, darunter auch der österreichische und der der USA, für die Ausführung der Parade ausgesprochen haben und auch bei ihr mitmachen werden. Das wird die Stadtverwaltung dazu bringen, sich mehrere Sorgen über die Sicherheit der "Sofia Pride 2012" zu machen.
Wie jedes Land, das unter einem totalitären Regime gelitten hat, wo man für eine sexuelle Orientierung ins Gefängnis musste, hat Bulgarien auch seine Probleme damit. In den immer wieder neu auftauchenden Listen von ehemaligen Staatssicherheitsagenten, finden sich immer wieder homosexuelle Menschen, deren sexuelle Orientierung vom repressiven Staat als ihre Achillesverseverwendet wurde. 23 Jahre nach dem Fall der Mauer macht Bulgarien langsam die ersten Schritte um eine tatsächliche Gleichstellung zu schaffen. Der Weg ist lang und schwer, aber der richtige.