Erstellt am: 23. 6. 2012 - 11:44 Uhr
Bananenklavier spielen
Letzten Freitag wurde es nun im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg eröffnet: Das umstrittene BMW-Guggenheim Lab, ein "thinklab" in dem Künstler, Architekten und Aktivisten über "urbanes Leben der Zukunft " diskutieren sollen. Der zuerst geplante Standort, eine Brachfläche in Kreuzberg, war aufgegeben worden nachdem linke Gruppen Proteste angekündigt hatten.
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Aber auch am schon durch-gentrifizierten Prenzlauer Berg kamen zur Einweihung außer dem Berliner Bürgermeister noch etwa 50 Demonstranten. In den darauf folgenden Tagen tröpfelten langsam die Besucher ein und nicht wenige zeigten deutlich ihre Enttäuschung: "Was, das soll es jetzt sein, darüber wurde wochenlang gestritten?"
Das Lab ist auf den ersten Blick nichts als eine schwarze langgestreckte, hängende Stahlkonstruktion – ein hohes Dach mit Scheinwerferbrücken, das auch auf Stelzen stehen kann. Es hängt bzw. steht ganz unspektakulär in der hintersten Ecke des "Pfefferbergs", einem alten Brauereigelände, das in den Neunzigern Kulturzentrum, Club und Biergarten war und nach erfolgter Gentrifizierung nun aus einem Ensemble aus Galerien, Erlebnisgastronomie und Architekturbüros besteht.
Die Generalthese der ganzen Veranstaltung ist "Confronting Comfort" - Theorie und eigene Tätigkeit sollen in den nächsten Wochen unter dem Motto "Making things move" zusammen kommen. Aber was in der Praxis hinter den wohlklingenden trendy Slogans steckt, ist enttäuschend.
Christiane Rösinger
Hinter "Marathon of Making" zum Beispiel verbirgt sich ein Bastelnachmittag. Unter Anleitung kann genäht und gewebt werden, kann man aus Weinkorken Stempel machen, wasserfeste Hüllen für Fahrradsattel herstellen und aus Tapetenresten Geldbeutel zaubern. Unfreiwillig komisch der Programmpunkt "Weekend Warriors" mit dem Untertitel: "Freiluftfitness mit Arne Schönwald". Viele Aktivitäten im Spannungsfeld zwischen Spielwiese für Erwachsene und Kindergeburtstag werden da angeboten. Die Workshops werden allerdings nur auf Englisch abgehalten, was viele Besucher vergrault.
Ein Bus der Initiative "Free Space Berlin" soll als mobile Außenstelle des Guggenheim Labs zum Verkauf angebotene Grundstücke und Brachflächen des Land Berlins abfahren und mit den Anwohnern disktutieren, wie sie sich die Bebauung vorstellen. Außerdem gibt es geführte Stadtpaziergänge und Radtouren.
Das bieten allerdings Stadtteilintitiativen hier schon seit Jahren an. Und die Menschen in Berlin interessieren in puncto urbanes Leben eher Themen wie Verdrängung und bezahlbare Mieten und nicht, wie man Kaffeebohnen mit Solarenergie röstet und Bananen zum Klingen bringt. Und zu Recht fragt man sich, warum so ein Schickimicki-Lab unterstützt, aber städtische Jugend- und Kultureinrichtungen am laufenden Band geschlossen werden.
Christiane Rösinger
Immerhin sind während der sechswöchigen Laufzeit des Guggenheim Labs über 100 kostenlose Vorträge, Workshops und Filmvorführungen geplant. Da müsste es doch mit dem Teufel zugehen, wenn neben all dem Pipifax nicht doch noch irgendwas Interessantes dabei wäre. In einer Stellungnahme verschiedener linker Wohn- und Ladenprojekte und Mieterinitiativen heißt es: "Wir werden nicht zulassen, dass die Debatte über die Zukunft Berlins genauso privatisiert wird wie der Rest der Stadt. Das Lab ist eine reine Image-Veranstaltung für den BMW-Konzern." Über einen zu großen Imagegewinn für den BMW- Konzern muss man sich aber bei den angebotenen infantilen Mitmachaktionen und Bastelnachmittagen keine Sorgen machen.