Erstellt am: 20. 6. 2012 - 12:00 Uhr
EM-Journal '12-53.
Das EM-Journal 2012 begleitet täglich die Euro in Polen und der Ukraine, ähnlich wie schon das WM-Journal '10 beim letzten Großereignis.
Runde 1 in Gruppe D: Frankreich gegen England 1:1 und Ukraine vs Schweden 2:1.
Runde 2:
Ukraine - Frankreich 0:2 und Schweden gegen England 2:3.
Die Profile der sechzehn teilnehmenden Teams:
Gruppe A
Polen / Griechenland
Russland / Tschechien
Gruppe B
Niederlande / Dänemark
Deutschland / Portugal
Gruppe C
Spanien / Italien
Kroatien / Irland
Gruppe D
England / Frankreich
Schweden / Ukraine
Das alles im Rahmen des heurigen Fußball-Journals '12, welches sich - wie schon 2011 - mit den aktuellen Unwägbarkeiten dieses besten aller nicht lebenserhaltenden Systeme beschäftigt.
FM4 hat auch diesmal wieder ein EM-Quartier im Wiener WUK, mit Public Viewing, Moderation und netten Gästen. Für Regenwetter gibt es Indoors-Screens.
Frankreich: uninspiriert, vorsichtig, übernervös, ziellos, ohne Traute sich vorzukombinieren. Dafür, dass sie der große Geheimfavorit sind, eine unendliche Enttäuschung.
Schweden: die beste Vorstellung im Turnier; so ist das oft wenn man draußen ist und nicht mehr krampfen muss.
Blanc wirft alles rein und sein System noch einmal um
Erst mit einer kleinen Druckphase rund um die 65. Minute kommt Frankreich wieder zurück. Drei Minuten später sieht Mexes gelb und fängt sich dadurch eine Matchsperre fürs Viertelfinale ein (Koscielny freut sich). In der 70. kriegt Svensson eine. Weil er aber nach diesem Spiel seine internationale Karriere beendet, ist sie ein reines Abschiedsgeschenk.
Dann singt der vereinte Chor der schwedischen Fans ein lautes schönes und ein bissl trauriges Lied und zeigt damit auch an, wer hier den interessanteren Fußball spielt. M'Vila versucht das mit einem schönen Schuss (71.) zu widerlegen.
Drei Wechsel in Minute 77/78.: 14 Menez für 11 Nasri, 16 Wernbloom für 20 Toivonen und 18 Holmen für 8 Svensson - Nasri ist zu hibbelig, weil seine Fitness bedroht ist, Svensson kriegt seinen Abschiedsapplaus, die beiden neuen Schweden kriegen Einsatzzeit, Holmen bedankt sich mit einer sofortigen gelben Karte.
Jetzt spielt Maloudua tatsächlich zentral hinter Benzema, Menez kommt über rechts. Und hat eine echte Torchance in der 82. Minute.
Dann wirft Blanc seinen letzten Joker rein: 9 Giroud, der Stürmer kommt für M'Vila, den defensiven Mittelfeldspieler. Das wird in der Schlussphase dann doch noch ein 4-1-3-2, ganz was Wildes. Und gleich sein erster Kopfball nach einem Corner geht hauchzart über die Latte.
Danach versickern die französischen Bemühungen aber wieder wie ein Nieselregen in der Wüste. Als ob man mit dieser Leistung zufrieden und mit dieser Niederlage einverstanden wäre.
Und in der Nachspielzeit fangen sie sich dann auch noch einen zweiten Treffer ein. Wilhelmsson kommt über rechts, seinen Cross bringt Holmen mit einem verunglückten Aufsetzer nur an die Latte, für den Abpraller ist Ibrahimovic zu klein, Larsson dahinter wuchtet den Ball aber in die Maschen. Toll.
Ibrahimovic verabschiedet sich mit einem Traumtor
Zur Halbzeit wird der recht annehmbare 19 Bajrami rausgenommen, für ihn kommt 21 Wilhelmsson, der auch links bleibt. Der erspielt sich dann auch sofort eine Chance mit einem flotten Vorstoß ebendort.
Im Parallelspiel macht dann England die Führung - ab diesem Moment sind die Franzosen nur Zweiter und hätten jetzt jede Menge Gründe deutlich zuzulegen. Hätten.
Benzemas Schuss von außerhalb des Strafraums (50.) ist dann der Auftakt eines kleinen Zwischenhochs (auch weil Clichy mitgeht). Auch wenn dieses Nicht-in-den-Strafraum-gehen fast schon wieder typisch für das Vorsichts-Spiel der Franzosen ist.
Dem setzen die Schweden aber etwas entgegen: in der 53. volliert Larsson nach toller Vorarbeit von Wilhelmsson am kurzen Eck - Lloris rettet. Und im nächsten Angriff eine Minute macht es Ibrahimovic dann besser: ein Seitfallzieher nach Larssons Rechts-Cross, eine Bicicletta, volley, ganz fantastisch.
Damit nicht genug: danach folgen Chancen für Wilhelmsson (57., Flanke Ibra) und Mellberg (58., Spitzler nach Corner). Lloris verhindert mehrfach einen höheren Rückstand.
Die Franzosen tun nichts, also tut Blanc und wechselt 15 Malouda für 20 Ben Arfa ein (59.). Ob Malouda rechts oder zentral spielt ist länger nicht ersichtlich, weil sich beide gegenseitig auf den Füßen herumstehen. Wieder ist es hauptsächlich Ribery, der zumindest versucht die Spielkontrolle wieder zu erlangen.
Halbzeit-Tweet
Ganz lahme, nervöse Hälfte. Gefühlter Sieger: die Schweden, weil man von ihnen nicht mehr erwartet hatte. Ohne jeden Zug zum Tor, ohne jede Chance, wie schon in Spiel 1, Halbzeit 2: Frankreich.
Ein Spiel, das in sich selbst versickert
Erstaunlich wie die Equipe Tricolore, die im Match gegen die Ukraine teilweise begeisternd aufgedreht hat, wieder so in die Verunsicherung und somit ins Mittelmaß kippt.
Letztlich ist das dieselbe Kurve wie bei Deutschland und Spanien: das erste Spiel mit großen Problemen gegen eine taktisch genau eingestellten Gegner, das zweite Match dann brillant, und im dritten Spiel ein Rückfall in bereits überwunden geglaubte Vorsichts-Rituale. Wobei sich Frankreich nicht ganz auf dem Level der beiden erwähnten Rivalen aufhält, man rangiert da schon einen Ebene drunter.
Clichy hat seine anfänglichen Bemühungen Ribery links zu unterstützen eingestellt, während sich rechts Debuchy und Ben Arfa im Anbohren der Abwehr abwechseln.
Man kann dem Spiel weder sein Tempo, noch seinen Einsatz zum Vorwurf machen: das passt schon. Schwedens Team spielt was es kann, heute ohne Druck - aber das reicht schon um dem so gut wie fix qualifiziertem Frankreich eine Höllenangst einzujagen.
Die schießen ein wenig aus der Distanz (Ben Arfa in der 35.), mehr kommt aber trotz zunehmender Spielkontrolle nicht. Nasri nützt eine Verletzung um seine magere Performance zu verschleiern. Nur Ribery powert sich hin und wieder in einem schnellen Gegenstoß nach vorne (45.).
Die ersten Erkenntnisse der ersten Minuten
Frankreich sortiert sich sofort klar in einem 4-2-3-1. M'Vila spielt halbrechts neben Diarra, Ribery kommt über links, Ben Arfa über rechts, Nasri ist zentral hinter Benzema. Linksverteidiger Clichy deutet an, dass er auch kann was Debuchy rechts vorführt.
Schweden, wieder in einem klassisch-flachen 4-4-2, mit Ibrahimovic nicht hinter, sondern neben Toivonen, beginnt recht forsch, der bewusste Toivonen bekommt in der 3. Minute eine Kopfballchance geschenkt. Überhaupt geht einiges über ihre linke Angriffseite mit dem neuen Bajrami - was den Nebeneffekt hat, dass Debuchy in der Defensive durchaus beschäftigt ist.
Les Bleus, heute als Auswärtsteam in weiß, brauchen ein wenig um die ersten Zeichen zu setzen. Nach einem Fehler von Granquist (Schwachstelle rechts hinten) kommt Ribery zu einer Spitzwinkel-Chance (8.). In der 10. Minute rennt dann Toivonen nach einem Fehler von Mexes einen Konter allein auf Lloris zu, kann den Ball aber aus spitzem Winkel nur an die Außenstange setzen.
FRANKREICH
Gardiens: 1 Hugo Lloris (Ol. Lyon), 16 Steve Mandanda (Ol. Marseille), 23 Cédric Carrasso (Bordeaux).
Défenseurs: 2 Mathieu Debuchy (Lille), 13 Anthony Réveillère (Ol. Lyon), 4 Adil Rami (Valencia/SPA), 5 Philippe Mexes (AC Milan/ITA), 21 Laurent Koscielny (Arsenal/ENG), 22 Gael Clichy (Manchester City/ENG), 3 Patrice Evra (Manchester United/ENG).
Milieux: 6 Yohan Cabaye (Newcastle/ENG), 18 Alou Diarra (Ol. Marseille), 17 Yann M'Vila (Rennes), 12 Blaise Matuidi, 14 Jeremy Menez (Paris Saint-Germain), 19 Marvin Martin (Sochaux), 15 Florent Malouda (Chelsea/ENG), 11 Samir Nasri (Manchester City/ENG).
Attaquants: 7 Franck Ribéry (Bayern München/D), 8 Mathieu Valbuena (Ol. Marseille), 20 Hatem Ben Arfa (Newcastle/ENG), 9 Olivier Giroud (Montpellier), 10 Karim Benzema (Real Madrid/SPA).
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SCHWEDEN
Tor: 1 Andreas Isaksson (PSV Eindhoven/NED), 12 Johan Wiland (FC Kopen-hagen/DEN),23 Pär Hansson (Helsingborg).
Abwehr: 2 Mikael Lustig (Celtic/SCO), 3 Olof Mellberg(Olympiakos/ GRE), 4 Andreas Granqvist (Genoa/ITA), 15 Mikael Antonsson (Bologna/ITA), 13 Jonas Olsson (West Bromwich/ENG), 5 Martin Olsson (Blackburn/ENG), 17 Behrang Safari (Ander-lecht/BEL).
Mittelfeld: 6 Rasmus Elm (AZ Alkmaar/NED), 8 Anders Svensson (Elfsborg), 7 Sebastian Larsson (Sunderland/ ENG), 9 Kim Kallstrom (Lyon/FRA), 16 Pontus Wernbloom (ZSKA Moskau/RUS), 18 Samuel Holmén (Istanbul BB/ TUR), 19 Emir Bajrami (Twente/NED), 21 Christian Wilhelmsson (Al-Hilal/ KSA).
Angriff: 20 Ola Toivonen (PSV Eindhoven/NED), 10 Zlatan Ibrahimovic (AC Milan/ITA), 11 Johan Elmander (Galatasaray/ TUR),14 Tobias Hysén (IFK Göteborg), 22 Marcus Rosenberg (Werder Bremen/DEU).
Schweden geht seine offensiven Bemühungen deutlich forscher an als bisher - das Umschalten und der finale Pass klappen ganz gut. Und Toivonen ist deutlich frischer als Rosenberg und Elmander zusammen.
Die Franzosen treten ähnlich gelähmt auf wie im Spiel gegen England - diesmal kann das verwirrte System von damals aber keine Ausrede sein. Ben Arfa und Ribery leisten durchaus brauchbare Flügelarbeit, die Zentrale ist jedoch zu wenig durchsetzungsfähig: von Nasri kommen wenige Impulse und M'Vila-Diarra reagieren nur statt zu agieren. Lange Bälle auf Benzema entstehen teilweise nur zufällig.
Die Ausgangslage vor dem Spiel...
... ist klar.
Schweden ist draußen. Frankreich ist bei einem Sieg Gruppenerster und vermeidet Spanien, aber auch bei einem Remis weiter, sogar bei einer knappen Niederlage und sollte England gewinnen, kann man auch 80:0 verlieren.
Laurent Blanc spielte mit Frankreich in Match 1 so:
1 Lloris, der Kapitän; 2 Debuchy, 4 Rami, 5 Mexes, 3 Evra; 6 Cabaye, 18 Alou Diarra, 15 Malouda; 11 Nasri, 10 Benzema, 7 Ribery. Wechsel: 20 Ben Arfa, 19 Martin. Nicht fit: 17 M'Vila.
Das war ein zu vorsichtiges 4-3-3 mit einem italienisch anmutenden Mittelfeld, mit einem nominell rechts spielenden Nasri, der eh immer in die Mitte ziehen konnte, weil Debuchy, der rechte Außenverteidiger, seinen Job mitübernahm. Trotzdem sorgte auch das Schema für eine matte Partie.
Sah wohl auch Blanc so und stellt für Spiel 2 um:
Kapitän 1 Lloris; 2 Debuchy, 4 Rami, 5 Mexes, 22 Clichy; 6 Cabaye, 18 Alou Diarra; 11 Nasri; 14 Menez, 10 Benzema, 7 Ribery. Wechsel: 17 M'Vila, 19 Martin, 9 Giroud.
Clichy kommt links hinten für Evra. Es gibt ein defensives Zweiermittelfeld mit Cabaye und Diarra, Nasri spielt zentral als Zehner. Der im vorletzten Test exzellente 14 Menez spielt linke Spitze, Ribery rechts, Benzema zentral. M'Vila ist wieder fit, aber nur Ersatz.
Das ist wieder als 4-3-3 lesbar, aber eher ein 4-2-3-1, ein forsches, mit echtem Flügelspiel und einem Nasri mit allen Freiheiten.
In Match 3 sieht die Aufstellung strategisch genauso aus, nur personell (M'Vila stat Cabaye, Ben Arfa statt Menez) wurde gewechselt.
Frankreich ganz in weiß:
Kapitän 1 Lloris; 2 Debuchy, 4 Rami, 5 Mexes, 22 Clichy; 17 M'Vila, 18 Alou Diarra; 11 Nasri; 20 Ben Arfa, 10 Benzema, 7 Ribery.
Erik Hamren liess seine Schweden in Match 1 so auflaufen
1 Isaksson; 2 Lustig, 3 Mellberg, 4 Granqvist, 5 Martin Olsson; 7 Sebastian Larsson, 6 Rasmus Elm, 9 Källström, 20 Toivonen; Kapitän 10 Ibrahimovic; 22 Rosenberg. Wechsel: 8 Svensson, 21 Wilhelmsson, 11 Elmander.
Für Spiel 2 holt er ein paar Neue rein: 13 Jonas Olsson kommt ins Abwehr-Zentrum, Granqvist spielt statt des matten Lustig rechts hinten, dazu Oldie 8 Svensson für die Zentrale und der gesundete 11 Elmander als Spitze statt Rosenberg. Dafür muss Toivonen weichen.
1 Isaksson; 4 Granqvist, 3 Mellberg, 13 Jonas Olsson, 5 Martin Olsson; 7 Sebastian Larsson, 8 Svensson, 9 Källström, 6 Rasmus Elm; Kapitän 10 Ibrahimovic, 11 Elmander. Wechsel: 2 Lustig, 22 Rosenberg, 21 Wilhelmsson.
Jonas Olsson war zwischendurch bei der Geburt seines Kindes daheim, ist aber wieder da und spielt auch. Bajrami kommt neu auf die linke Seite und Ibrahimovic kriegt den dritten Sturmpartner, Toivonen, der an sich eher ein linker Offensivspieler ist.
Schweden in gelb-blau:
1 Isaksson; 4 Granqvist, 3 Mellberg, 13 Jonas Olsson, 5 Martin Olsson; 7 Sebastian Larsson, 8 Svensson, 9 Källström, 19 Bajrami; Kapitän 10 Ibrahimovic, 20 Toivonen.
Man spielt in Kyiv/Kiev im Olympiastadion, Referee ist Proenca (Portugal).