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Paul Pant

Politik und Wirtschaft

19. 6. 2012 - 14:58

Economy Death Match: Banken verstaatlichen?

Bei der Griechenland-Wahl war es wieder einmal Thema: Alle Banken, die Hilfsgelder und Garantien vom Staat erhalten haben, sollen verstaatlicht werden. Das fordert Syriza, das Bündnis der radikalen Linken. Die Banken verstaatlichen? Warum eigentlich nicht?

Seit mehr als die Hälfte der täglichen Nachrichten aus Wirtschafts-Zeug bestehen, muss man sich mit derlei zwangsläufig beschäftigen. Und neben vielen fremden Begriffen gibt es noch ein Problem: Fragt man fünf Fachleute, bekommt man mindestens zehn Antworten. "Gibt es so etwas wie 'die Wahrheit' in Wirtschaftsfragen?", fragen sich Robert Zikmund und Paul Pant daher im "Economy Death Match".

Die griechische Wahl ist geschlagen. Das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) ist zweitstärkste Kraft mit rund 27 Prozent geworden, hinter der konservativen Nea Dimokratia, die rund 30 Prozent der Stimmen erhalten hat. Vor der Wahl haben Europas PolitikerInnen vor einem Wahlsieg der Syriza gezittert. Der Grund: Im Falle eines Wahlsiegs hat Parteichef Alexis Tsipras angekündigt, die Sparvorgaben der EU neu verhandeln zu wollen und Banken, die Hilfsgelder und Garantien vom Staat erhalten haben zu verstaatlichen. Eine Forderung, die schon 2009 bei der Kreditkrise heftig diskutiert wurde.

Wäre das eine Lösung für die Finanzkrise? Was ist so schlimm an der Verstaatlichung von Banken? Ring frei für das Economy Death Match.

PRO:

Die Banken haben durch die Finanzkrise eine Wirtschaftskrise produziert und nicht umgekehrt. (Von der Einführung des Euro bis zum Ausbruch 2007/08 war die Neuverschuldung in den meisten Staaten der Eurozone, auch in Österreich, rückläufig!) Die eigentliche Aufgabe haben sie sträflich vernachlässigt: Geld in Umlauf bringen, also aus den Spareinlagen durch Fristentransformation die kleinen und mittelständischen UnternehmerInnen und FreiberuflerInnen mit Kapital versorgen. Stattdessen haben die FinanzjongleurInnen die Einlagen, das geschenkte Geld vom Staat und jenes, das sie selbst per fractional reserves banking erzeugten (aus einem Euro Einlage werden so bis zu 50 Euro Kredit) zum Aufpolieren ihrer Quartalsbilanzen benutzt. Sie haben nur mehr am großen Investmentrad gedreht, alle wollten Citibank spielen und mit Wetten reich werden. Das ist der Skandal! Die Banken haben ein allesüberziehendes Netz gespannt, indem jetzt die Staaten mit ihren Schulden gefangen sind.

Wollen wir zulassen, dass die Banken die Staaten ausbeuten? Dass eine handvoll superreicher AktionärInnen hohe Renditen bekommen und ihre SpekulantInnen unappetitliche Gehälter? Im Prinzip ist der Bankensektor der einzige, der selbst Geld schöpfen kann. Aus aus der Mindestreserve, die mitunter nur bei zwei Prozent lag. Diese Billionen verborgen sie dann aber mit Zinsen und Zinseszinsen, auch an Staaten. Die müssen neben diesen Kosten auch für etwaige Rettungen zahlen. Stichwort: Moral Hazard, too big to fail. Also jedes Mal wenn es eng wird, sollen die SteuerzahlerInnen einspringen und die Suppe auslöffeln. Banken sind nun mal keine normalen Unternehmen, weil sie umfassende Garantien vom Staat bekommen - und da sie außerhalb jedes Marktes stehen, sollen sie auch keine Gewinne machen. Welches Risiko lässt sich denn eine Bank per Zinsen (=Risikoprämie) abgelten, wenn am Ende ohnehin der Staat haftet?

Gleichzeitig sind die Banken so mächtig geworden, dass der Konsens vorherrscht, dass Banken nicht pleitegehen dürfen. So hat etwa Frau Merkel ihr seltsames "Bankenbeteiligungspapier zur Griechenlandkrise" direkt von der deutschen Bank bekommen. Die Folgen sind bekannt: die SteuerzahlerInnen werden zur Kassa gebeten. Warum soll der Staat das Bankgeschäft nicht gleich selber in die Hand nehmen? Im Sinne einer vierten Staatsgewalt? Polizei, Judikatur und Gesetzgebung liegen ja auch beim Staat, warum nicht auch so etwas wichtiges, wie die Geld-Infrastruktur? Wenn Banken gerettet werden müssen, muss der Staat so oder so zahlen. Deswegen muss strenger kontrolliert werden, was mit unserem subventionierten Geld passiert. Bisher haben in Boomzeiten nur die ManagerInnen und AktionärInnen profitiert. Das Geld sollte sich der Staat zurückholen. Sei es durch Verstaatlichung oder durch eine strengere Regulierung.

Das Gegenargument, dass der staatliche Eingriff mit einer freien Marktwirtschaft nicht vereinbar wäre und dass dies ein Angriff auf unsere Freiheit wäre, ist nicht haltbar. Das zeigt das Beispiel Schweden. In der schwedischen Bankenkrise (1990-1992) wurden die Nordbanken verstaatlicht und zerschlagen. Der Hintergrund war ein ähnlicher, wie heute. Eine Immobilienblase ist geplatzt und die Immobilienpreise sind eingebrochen.

Die SchwedInnen haben erfolgreich das Konzept der "Good-Bank" – "Bad-Bank" umgesetzt. Alle Ramschpapiere wurden in der "Bad-Bank" aufgefangen und vom Staat abgewickelt. Der wirtschaftlich tragfähige Teil der Bank wurde ausgelagert und vom Staat weiter geführt. Dieses Konzept hat bereits in der Wirtschaftskrise der USA funktioniert. Später wurden dann die schwedischen Banken wieder privatisiert, im Übrigen mit Gewinn. Die einzigen, die das Nachsehen hatten, waren die AktionärInnen, in der Regel sehr wohlhabende Personenkreise.

Die weltweite Finanzkrise hat gezeigt, dass die Geld- und Kreditversorgung ein essentielles, öffentliches Gut ist. Das dürfen wir nicht den SpekulantInnen überlassen.

CONTRA:

Das ist eine schöne Milchmädchenrechnung: Banken produzieren Finanzkrise, die produziert Schuldenkrise - die SteuerzahlerInnen müssen zahlen. Der simple Schluss: die bösen Banken müssen vom Staat einkassiert werden. So stellt sich Hänschen die große weite Welt vor. Wer hat denn die Schulden produziert? Die Staaten und ihre PolitikerInnen.

Gutes Beispiel: Griechenland. Ein korrupter Staat hat Geld verteilt, das die Banken viel zu gutgläubig verliehen haben. Banken verstaatlichen ist ein Angriff auf die freie Marktwirtschaft. Eine Grundlage für unser demokratisches System. Denn: in der freien Marktwirtschaft steckt Freiheit drinnen. Die Freiheit auf dem Altar der Sicherheit zu Opfern ist fahrlässig.

Jetzt schreien alle nach einem starken Väterchen Staat, der es schon richten wird. Wenn PolitikerInnen aber das Ruder übernehmen sollen, dann wird genau das Gegenteil passieren. Die Banken werden schneller heruntergewirtschaftet sein, als uns lieb ist. Welche Banken waren denn die schlimmsten Spekulanten? Es waren die Landesbanken, die Hypothekenbanken, zum Beispiel die Real Estate in Deutschland, die Bawag in Österreich. Alles Banken, wo in den Aufsichtsräten PolitikerInnen saßen. Genau jene, die uns in die Krise geführt haben, sollen jetzt noch mehr Macht bekommen. PolitikerInnen in den Vorstandsetagen sind das Schlimmste, das man sich vorstellen kann. Dann regiert ausschließlich Parteiwirtschaft und sonst gar nichts.

Es gilt die Konsequenzen zu bedenken. Wenn ein Land seine Banken verstaatlicht, dann sind jene Banken in der EU gefährdet, die verantwortungsvoll gewirtschaftet haben. Die verstaatlichen Banken werden nichts anderes machen, als den Markt mit billigen Krediten überschwemmen. Sie werden einmal mehr den Wettbewerb verzerren. Und wenn die SchuldnerInnen dann den Kredit nicht mehr zurückzahlen können, müssen erst Recht die SteuerzahlerInnen die Zeche bezahlen. Genau dazu führt es nämlich, wenn man Banken unter staatliche Kontrolle zwingt.

Nur in Notsituationen soll der Staat einspringen – aber nur dann. Es wäre ein großer Fehler, wenn wir die Rolle des Staates falsch verstünden. Schon jetzt sind viele Verwaltungen und PolitikerInnen mit ihren Aufgaben überfordert. Unternehmerische Sorgfaltspflicht richtet sich nicht nach Partikular- und Parteiinteressen. Ohne die UnternehmerInnen werden keine Arbeitsplätze geschaffen und es wird schon gar kein Bankenwesen funktionieren. Was der Irrglaube, der Staat sei der bessere Unternehmer, produziert hat, das sehen wir heute in den Schuldenbergen der EU-Staaten.

Geldschöpfung in öffentlicher Hand funktioniert nur in Diktaturen. Und da kommt die Wertschöpfung sicher nicht der Allgemeinheit zu Gute. In Demokratien mit ihren langfristigen Entscheidungsprozessen sind die Banken sofort bankrott. Wir brauchen eine bessere Bankenaufsicht, die ihren Job versteht und nicht noch mehr ahnungslose PolitikerInnen in den Vorstandsetagen.

Und zum Vorwurf, die Banken würden das Geld aus Luft schöpfen: Das mag schon stimmen, allerdings wäre es erneut absurd dafür die Schuld den Banken selbst, oder gar dem Markt zu geben. Denn was passiert denn? Zentralbanken unter dem willfährigen Einfluss der Politik drucken Geld - immer mehr und mehr. Dieses Geld wird dann im Bankensektor eben durch den Fiat-Money Mechanismus (also der Mindestreserve) mulitpliziert. Das führt dazu, dass die Geldmenge explodiert. Und das wiederum führt einerseits zu einer rasanten Entwertung der Währung und andererseits dazu, dass Ozeane an Fantasiegeld in falsche Investitionen fließen.

Ob es Kriege oder falsch verstandende Sozialstaaten sind. Das Geld landet nicht dort, wo es hin soll. Am Ende führen solche Interventionen zu immer noch mehr Interventionen, wie Ludwig von Mises schon vor Jahrzehnten schrieb. Damit sind wir auch direkt bei der Krise, dem absurd großen Finanzsektor und allem anderen Übel. Es ist also erneut ein Versagen von steuernder Politik, daraus den Ruf nach noch mehr Steuerung abzuleiten ist absurd. Und eine Themenverfehlung - auch wenn es richtig ist, dass Banken auch pleiten gehen sollen, wenn es nötig ist.

Economy Death Match

Robert Zikmund und ich schlüpfen in die Rollen der Streitenden und legen Zahnschutz und Suspensorium an. Im verbalen Boxring schlagen wir uns die Argumente um die Ohren. Und wer dabei die besseren Argumente hat entscheidet ihr. Discussion welcome!

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