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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

21. 6. 2012 - 14:01

"Mit Mädchen über Duran Duran reden"

Das Buch von US-Autor Rob Sheffield, jetzt in deutscher Übersetzung. Einen Untertitel hat dieses Buch in 25 Kapiteln auch: "Ein junger Mann auf der Suche nach der wahren Liebe und einem coolen Haarschnitt."

Gleich vorweg: Es geht in diesem Coming-Of-Age-Buch um so viel mehr als bloß um die englischen Achtziger-Jahre Pop-Superstars Duran Duran und ihre Anziehungskraft auf die jungen Frauen der 1980er Jahre. Dieses zweite Buch des US-Musikjournalisten und Essayisten Rob Sheffield ist auch nicht einfach auf der Suche nach einem "coolen" Haarschnitt, sondern es ist letztlich eine Ode an seine drei jüngeren Schwestern, ohne die er Musik nicht so erlebt hätte, wie er sie erlebt hat. Aber es ist auch eine Hommage an die aus Irland eingewanderten Großeltern, eine Liebeserklärung an die Familie des Autors insgesamt.

US-Autor Rob Sheffield

Sheffield

Mit seinem Debüt, "Love Is A Mixtape: Eine Geschichte von Liebe, Leid und lauter Musik", setzte Sheffield vor ein paar Jahren seiner plötzlich an einer Lungenembolie verstorbenen Frau ein wirklich berührendes Denkmal. Die Kassette, jenes Achtziger-Jahre-Denkmal, findet sich auch am Cover des neuen Buchs wieder, und die Songs, die diesmal darauf sind - von "Our Lips Are Sealed" (The Go-Go's) über "Left Of The Dial" (The Replacements) bis zu, Ah, "All She Wants Is" von Duran Duran - erzählen jeweils eine Geschichte aus dem Leben des jungen Rob Sheffield.

Das Jahr 1980 beginnt er also mit der kalifornischen Mädchenband The Go-Go´s, und das Jahr 1989 beendet er mit Duran Duran, die zu diesem Zeitpunkt schon ihren Zenit überschritten hatten. Insgesamt sind es 25 Songs, um die Rob Sheffield seine Storys herumbaut.

Save A Prayer

Buchcober Rob Sheffield - Duran Duran

Heyne

"Mit Mädchen über Duran Duran reden" ist in deutscher Übersetzung von Carolin Müller diesen Frühling im Heyne Verlag erschienen.

"All alone ain´t much fun, so you´re looking for the thrill (...) Don´t say a prayer for me now, save it til the morning after." - Duran Duran, "Save A Prayer", 1982.

Das Stück "Save A Prayer" - übrigens mein liebster Song von Duran Duran - mögen die Mädchen nicht so, oder jedenfalls nicht so sehr wie etwa "Hungry Like The Wolf", "Wild Boys" oder "(Please Please Tell Me Now) Is There Something I Should Know?", weiß Rob Sheffield. Er muss es wissen, wuchs er doch als einziger Bub unter musikbegeisterten Schwestern auf, und kannte er doch höchstpersönlich ein ganz besonderes Mädchen an jener Highschool in Boston, wo auch er Schüler war. Dieses Mädchen, Lisa, war eine Cousine von Julie Anne Fridman, jenem US-Model, das damals Nick Rhodes, den Keyboarder von Duran Duran heiratete. Rhodes und Fridman sind, eh klar, längst geschieden, aber jenes Mädchen Lisa war in den Achtzigern zur Hochzeit eingeladen, und sie wusste allerlei Details aus der Welt von Duran Duran.

"Tone Loc drückte es einmal so aus: 'This is the Eighties and I´m down with the Ladies.' Die Ladies fuhren zwar nicht unbedingt auf Tone Loc ab, aber dafür umso mehr auf die Achtziger, und es war von jeher weibliche Leidenschaft gewesen, die den Mythos der Achtzigerjahre als Teenagertraum beflügelte. Und von allen absurden und abartigen Artefakten aus dieser Zeit hat für sie nichts seine Faszination so sehr bewahrt wie Duran Duran. Was wiederum der Grund meiner Faszination für diese Band ist."

Und da wären wir bei einem möglichen "Problem" mit diesen humorvollen, witzigen, melancholischen und berührenden Geschichten. Rob Sheffield ist Jahrgang 1966, also ein Mittvierziger, mit dessen Stories die Spät(er)geborenen vielleicht - aufs erste zumindest - nicht so viel anfangen werden können, es sei denn, sie interessieren sich stark für die Pop-History. Wer war Tone Loc? Ein US-Rapper ("Funky Cold Medina"). Wer waren Haysie-Fantayzee? Ein gern belächeltes Londoner New-Wave-Pop-Duo ("John Wayne Is Big Leggy"), bestehend aus der später erfolgeichen Fotografin Kate Garner und dem dann als DJ ebenfalls erfolgreichen Jeremy Healy. Wer war Lita Ford? Eine Musikerin von der L.A.-Frauenband The Runaways. Ok, das wissen Spät(er)geborene seit dem Film über die Runaways - mit Kristen Stewart - wahrscheinlich. Aber ansonsten ist neben den Stars im Buch - Bowie, Madonna, Stones, Smiths etc. - einiges dabei für die wahren "Nerds" unter uns, die Musikfreaks, die "Geeks", die B-Seiten-sammelnden StreberInnen und BesserwisserInnen, die die Cover ihrer (Vinyl-)Alben bestaunen und streicheln, und das sind dann doch wohl eher die schon etwas Älteren unter uns. Und die reden vielleicht letztlich lieber über die Replacements als über Duran Duran.

Über die Replacements reden

"Ich lebte in einem Haus voller Hippies in New Haven und schlief auf einem Futon in einer Ecke des Zimmers meines Freundes Bob. Es war das erste Mal, dass ich auf mich gestellt war und Miete zahlte. (...) Ich jobbte in einer Bibliothek und lebte von meiner täglichen Ration Hotdogs mit extra Käse und einem Liter Cola, die es für einen Dollar neunundsechzig im Wawa Food Market gab. Jeden Tag gegen Mittag wachte ich auf, wälzte mich herum und drückte den Play-Knopf an dem Ghettoblaster, der neben meinem Futon stand. Dann machte ich, noch schläfrig, Pläne für den bevorstehenden Tag, während die Replacements aus den Boxen dröhnten."

Buchocover LOve Is a Mixtape Rob Sheffield

kiwi

"Love Is A Mixtape: Eine Geschichte von Liebe, Leid und lauter Musik" ist in deutscher Übersetzung von Kristian Lutze 2007 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.

Ich jedenfalls habe - auf dieses Buch hinauf - eben mein geliebtes Replacements-T-Shirt von 1989 wieder ausgegraben. Nie getragen - wohl aus allzu großer Ehrfurcht und weil es einfach zu groß herabhing an meinem Mädchenkörper. Inzwischen bin ich aber reingewachsen in das Ding. Ein Vorteil des Älterwerdens. Aber was erzählt Rob Sheffield nun über den feschen, bärbeißigen Blues-Punk-Helden Paul Westerberg aus dem Mittleren Westen der Staaten, in seinem Kapitel "The Replacements - Left Of The Dial"?

"Die Replacements betraten die Bühne und fingen an, "Hold My Life" zu spielen. Es war purer Lärm, pure Zerstörung. Alle schubsten, rempelten und hüpften - genau wie ich. Paul Westerberg jaulte durch seine Mähne hindurch etwas von Kleinstadtverlierern und den Verlockungen der Großstadt. Tommi Stinson zog die Backen ein und plusterte sich vor den Mädchen auf. Bob Stinson rief uns immer wieder "Ya gotta boo" zu, und der Kerl neben mir ruderte wild mit den Ellenbogen und schrie lauthals nach "Take Me Down to the Hospital"."

Rob Sheffields "Mit Mädchen über Duran Duran reden" ist ein recht amerikanisches Buch, oder zumindest eines aus einer amerikanischen (Pop-)Sichtweise, was nicht uninteressant ist. "Mit Mädchen über Duran Duran reden" geht an vielen Stellen zu Herzen, aber anders als "Love Is A Mixtape". Es ist jedenfalls ein Nachfolge-Buch, das sich absolut sehen, pardon, lesen lassen darf.