Erstellt am: 15. 6. 2012 - 20:51 Uhr

EM-Journal '12-41.

Und eng drangepickt kommt abends dann Schweden gegen England daher - wird es der befürchtete Langeweiler? Nein.

Noch zehn Minuten und ich glaube nicht, dass Schweden noch einmal zurückkommt. Obwohl sie jetzt noch einmal Fahrt aufnehmen wollen: 22 Rosenberg kommt für 11 Elmander, ein Stürmertausch; 21 Wilhelmsson kommt für 6 Elm auf die linke Seite. Aber man bewirkt nur noch bei Standards sowas wie Gefahr. Mellberg bleibt wie immer in solchen Spielphasen fast dauerhaft vorne und wartet auf Flanken.

Als sich Walcott verletzt steht 20 Chamberlain bereit. Aber erst in der 89. kommt er für Welbeck, eine Absicherungsmaßnahme. Es gibt vier Minuten Nachspielzeit (in der Premier League fast ein Torgarant) und gelb für Ibrahimovic. Und dann einen Konter, ideal von Walcott gespielt, stümperhaft von Gerrard vergeben - Isaksson kann sich den Ball mit der Brust holen.

Und so geht das Spiel dann so aus, wie es ausgehen sollte: die weniger unkreative Mannschaft gewinnt, das Team, das sich von einem pampigen Leader abhängig und so keine Ideen möglich gemacht hat, verliert.

Es gab viele Tore, in der 2. Halbzeit auch viel Spannung, aber erstaunlich wenig Niveau. Schweden ist ohnehin draußen, England wird so nicht weit kommen, hat ein Finale gegen die Ukraine vor der Brust. Rooney hilf!

Dann reißen die Engländer das Spiel noch einmal herum

Reaktion 5: eine Bogenlampe vom frisch eingewechselten Walcott, ein Bananenschuß aus 20 Metern in der 64. Minute, ein fast brasilianisches Tor zum 2:2.
Reaktion 6, allerdings schon auf was ganz anderes: weil sich sein Ersatz Granquist verletzt, kommt in der 66. erst recht wieder 2 Mikael Lustig als Rechtsverteidiger.
Reaktion 7: England will jetzt das dritte Tor machen und rennt planlos aber mit viel Verve nach vorne.
Reaktion 8: Ibrahimovic hat seine Mitwirkung eingestellt, hat noch weniger Puste als Sheva im ersten Match.

Meine Reaktion: das ist zwar jetzt ein lustiger Schlagabtausch, und spannend isses auch. Aber: das Niveau, das Niveau! Das sucht man immer noch mit der Lupe.

Dann, in der 70., hebt Carroll den Ball übers Kreuzeck, in der 74. Young. Zwei Minuten davor kriegt Jonas Olsson eine gelbe Karte, weil ihn Joe Hart anschießt - auch die Schiedsrichter passen sich dem Level hier an.

Die 75. Minute sieht den ersten echten Vorstoß eines dänischen Außenverteidigers, Martin Olsson bedient Källström, der vergibt. Eine Minute später holt Hart einen Spannstoß von Stehgeiger Ibrahimovic aus der Ecke.

Reaktion 9: Danny Welbeck macht in der 78. Minute das vielleicht schönste Tor des Turniers bisher. Nach einem Rechtsvorstoß und flachem Cross von Walcott macht Welbeck mit dem Rücken zum Tor stehend den Ball mit der Ferse rein. Ein Traum.

Dann kopiert Schweden die Ukraine - 2:1 nach 0:1

Dass auch das zweite Tor aus dem Nichts, und noch dazu aus einem Gemurkse samt Hosenbodenrutschereien entsteht, verwundert nicht. In der 49. Minute hebt Ibrahimovic den Rebound eines zu lässig getretenen Freistoßes zufällig auf den vorn postierten und fast abseits gestellten Mellberg, dessen Schusserl dann vom rutschenden Glen Johnson endgültig über die Linien gekaspert wird. Ein Abbild des Spiel-Levels, dieses 1:1.

Immerhin ist das Spiel fair: erst in der 58. Minute kriegt Milner die erste Karte.

Schweden bleibt trotzdem schwächer als nötig. Auch wenn angesichts der personellen Probleme klar ist, dass von den Außenverteidigern nichts kommt - dass auch die Flankenspieler im Mittelfeld (wo ist Larsson, wo bleibt Elm?) komplett ausfallen, ist nicht nachvollziehbar. So ist der weite Ball aus dem Halbfeld tatsächlich die einzige Option.
Auch in dieser Hinsicht ist das englische Team einen Dreh besser eingestellt. Es nützt aber nichts.
Mellberg steigt am 5er ungehindert hoch und köpft einen Larsson Freistoß aus dem Halbfeld unhaltbar ein. Wie Carroll beim ersten Tor.

Schweden dreht das Spiel - von 0:1 auf 2:1, wie es die Ukraine in Spiel 1 gegen sie geschafft hat.

Reaktion 1 in der 61. Minute: 7 Walcott für 16 Milner, das ist ein reiner Postionswechsel im rechten Mittelfeld.
Reakton 2: ein Konter von Ibrahimovic endet fast im kurzen Eck.
Reaktion 3: Doppeltorschütze Mellberg sieht gelb (63.)
Reaktion 4: Kopfballchance von Terry nach Freistoßflanke aus dem Halbfeld, direkt auf Isaksson.

Halbzeit-Tweet

Schwach, schwach, schwach. Die weniger schwache Truppe hat ein Tor gemacht, die ganz schwache keines.

In der ARD erklärt Mehmet Scholl in schönen Worten warum beim Aufeinanderprallen von vier Viererketten nichts gehen kann und stellt die Systemfrage.

Sunderland - Bolton oder so...

Gut, nach einer Viertelstunde lässt sich sagen, dass es nicht das erwartete Langeweiler-Spiel ist; es geht flott hin und her. Allerdings auf inhaltlich höchst bescheidenem Niveau. Die Engländer docken damit an ihre jammervolle Vorstellung im 1. Spiel an, die Schweden sind nach der Auftakt-Niederlage verhalten & verstockt unterwegs.

In so einem Match kann dann nur ein Tor aus dem Nichts etwas lösen: Andy Carroll stößt in eine Gerrard-Flanke, steht dort fast doppelt so hoch wie Mellberg und köpft das Ding wuchtig neben Isaksson ein. 0:1 in der 23. Minute.

Das aktivere von zwei recht ideenbefreiten Teams führt somit. Das weniger aktive leidet unter den Ballschleppereien von Ibrahimovic, die schnelle Angriffe dann ad absurdum führt. Ich könnte mir vorstellen, dass ein schneller Abschied bei der Euro auch zu einem schnellen Abschied von Zlatan aus dem nationalteam führen könnte. Was wiederum, Blickpunkt 2013, für Österreich von Bedeutung sein könnte... So gesehen spielt Schweden jetzt auch für (oder gegen?) den geliebten/gehassten Teamleader.

Ashley-Kombi in der 36. Minute: Cole schickt Young links los, Außennetz-Schuß. In der Minute drauf schießt Kim Källström, ein gefürchteter Schütze, aus 20 Meter sauknapp drüber. In der 41. rettet dann Tormann Hart im Rauslaufen vor Elmander - alles was von gelb-blau kommt sind weite Bäller und Weitschüsse. Das ist auch das öde Rezept der Engländer, die peppen das dann hin und wieder mit ein wenig Kombinatorik auf.

Irgendwie ist das hier wie bei irgendeinem Match in den unteren Regionen der Premier League, wie Sunderland gegen Bolton. Nicht katastrophal, aber international nicht gesellschaftsfähig.

Die ersten Erkenntnisse in den ersten Minuten...

... sollten vor allem Einsicht in die Arbeitsaufteilung im schwedischen Mittelfeld geben.

Zuerst aber zu den Engländern: die agieren mit zwei klaren Viererketten (Johnson-Terry-Lescott-Cole und Milner-Gerrard-Parker-Young), vorne sind Carroll und Welbeck oft auf gleicher Höhe. Offenbar ist doch nicht dran gedacht, dass der eine eher der Ableger und Lochschicker und der andere eher der Finalisierer ist. Rooney ist eben nicht zu ersetzen. Hodgson spielt heute mit einem glatten 4-4-2.

Trotzdem sind es die Briten, die sich zuerst festsetzen und handeln. Parkers guter Schuß in der 8. Minute (Isaaksson rettet) unterstreicht das. Die Schweden reagieren nur.

Dass 4 Granquist rechts verteidigen muss, zeigt dass die Rechtsverteidiger-Krise der Tre Kronor auf, im Gedenken an den großen Roland Nilsson ein übler Scherz. Abwehrchef Olaf Mellberg spielt rechts innen, der zottelige 13 Jonas Olssen halblinks neben Namensvetter, dem dunkelhäutigen Martin.

Davor ziehen die Schweden wie ihr Kontrrhent eine zweite Viererkette ein: Larsson-Svensson-Källström-Elm. Davor ist nicht so recht klar ob Superstar Ibrahimovic hinter/um Elmander herumspielt oder umgekehrt. Die beiden haben aber ein offensichtliches gutes Grundverständnis.

In der 15. Minute gibt es, fast unbemerkt, die erste echte Chance, als Welbeck eine Milner-Flanke nicht optimal erwischt.

Die Ausgangslage vor dem Spiel...

... ist doch recht klar: beide müssen gewinnen um im Turnier zu bleiben, die ein wenig unglücklich dem Gastgebner unterlegenen Schweden noch mehr als die größten Ödnis-Produzenten bisher, Roy Hodgsons Engländer.

Die absolvierten ihr erstes Spiel so:
1 Hart; 2 Glen Johnson, 6 Terry, 15 Lescott, 3 Ashley Cole; 16 Milner, Kapitän 4 Gerrard, 17 Parker, 20 Oxlade-Chamberlain; 11 Ashley Young, 22 Welbeck. Wechsel: 21 Defoe, 7 Walcott, 8 Henderson.

Erik Hamren liess seine Schweden in Match 1 so auflaufen
1 Isaksson; 2 Lustig, 3 Mellberg, 4 Granqvist, 5 Martin Olsson; 7 Sebastian Larsson, 6 Rasmus Elm, 9 Källström, 20 Toivonen; Kapitän 10 Ibrahimovic; 22 Rosenberg. Wechsel: 8 Svensson, 21 Wilhelmsson, 11 Elmander.

Und er holt ein paar Neue rein: 13 Jonas Olsson kommt ins Abwehr-Zentrum, Granqvist spielt statt des matten Lustig rechts hinten, dazu Oldie 8 Svensson für die Zentrale und der gesundete 11 Elmander als Spitze statt Rosenberg. Dafür muss Toivonen weichen.

Schweden in gelb-blau, also mit
1 Isaksson; 4 Granqvist, 3 Mellberg, 13 Jonas Olsson, 5 Martin Olsson; 7 Sebastian Larsson, 8 Svensson, 9 Källström, 6 Rasmus Elm; Kapitän 10 Ibrahimovic, 11 Elmander.

England verändert sich auch, leicht, aber vielleicht entscheidend. Die Rooney-Rolle als hängende Spitze hinter Welbeck (das ist das Man U-System, ein 4-4-1-1) muss nicht mehr Ashley Young spielen, der darf die Ashley Young-Rolle als linker Flügel, also seine beste Rolle, mit der er heuer mit zu den allerbesten Premier League-Spielern zählte, aufnehmen.
Eigentlich unglaublich erschütternd, dass die Coaches ein ganzes Länderspiel zu brauchen um da draufzukommen. Dafür kommt 9 Andy Carroll, der freundliche Schläger-Typ mit dem Zopferl. Und Jungstar Chamberlain bleibt draußen.

Team England heute in edeldunkelrot mit
1 Hart; 2 Glen Johnson, 6 Terry, 15 Lescott, 3 Ashley Cole; 16 Milner, Kapitän 4 Gerrard, 17 Parker, 11 Ashley Young; 9 Carroll, 22 Welbeck.

Das Spiel findet in Kiev/Kyiv im Olympiastadion, Schiedsrichter ist der Slowene Skomina. Anpfiff ist ein Viertelstündchen später als gewohnt, das ist dem verregneten Ukraine-Match geschuldet.