Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Vienna Pride"

Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

15. 6. 2012 - 14:33

Vienna Pride

Beratung, Information und Unterhaltung: Seit einer Woche steht vor dem Wiener Rathaus das "Vienna Pride"-Village.

Den ganzen Monat fahren in Wien schon die Straßenbahnen mit Regenbogen-Fahnen auf dem Dach herum. Denn Juni ist der „Pride-Monat“, in dem sich Lesben, Schwule und Transgenders ordentlich feiern bzw. für Gleichberechtigung demonstrieren. Es gibt Informationsveranstaltungen, Filmvorführungen, Partys und vieles mehr. Seit Montag steht vor dem Wiener Rathaus das „Vienna Pride“-Village. Dort gibt es eine Bühne mit Musikprogramm und Diskussionen, es gibt Essen, Trinken, einen Beachvolleyballplatz – und Zelte, in denen zahlreiche Organisationen informieren und beraten. So habe ich heuer endlich Mitglieder der Gay Cops Austria kennengelernt. Die schwulen Polizisten und lesbischen Polizistinnen vernetzen sich bereits seit 2004 und haben 2007 einen Verein gegründet.

Gay Cops Austria

„Viele sind ganz erstaunt, dass es überhaupt schwule Polizisten und diesen Verein gibt“, sagt Roman. „Wenn man einfach mehr Sichtbarkeit hätte als Polizist, wenn die Menschen sehen würden – so kann ein Schwuler auch sein – dann wäre die Scheu genommen und es wäre ein schöneres Miteinander. Es wäre keine Angst mehr da auf beiden Seiten“. Die Gay Cops Austria wollen also einerseits Menschen aus der schwulesbischen Szene die Angst vor der Polizei nehmen und ermutigen, Diskriminierungen oder Gewalt gegen Schwule nicht zu verschweigen. Andererseits klären die Gay Cops intern bei der Polizei über Homo- und Transsexualität auf, und sie beraten Schwule und Lesben die gern auch zur Polizei möchten.

Spielende Kinder im Sand

Christoph Weiss

In der Mitte der Zeltstadt ist Sand aufgeschüttet, in dem Kinder spielen. Der Verein „FAmOS“ oder „Familien Andersrum Österreich“ hat dafür gesorgt. Denn in Österreich gibt es immer mehr sogenannte „Regenbogenfamilien“, entweder weil Kinder aus einer früheren, heterosexuellen Beziehung da sind, oder weil Kinder in eine bereits bestehende gleichgeschlechtliche Beziehung hineingeboren werden. Diese Familien werden aber schwer benachteiligt. „Meine Partnerin und ich sind seit zwei Jahren in Deutschland verheiratet“, sagt Michaela. „Seit einem Jahr haben wir eine gemeinsame Tochter. In Österreich ist die Partnerschaft zu den rechtlichen Bedingungen hier anerkannt. Für das Kind heißt das beispielsweise: Weil meine Partnerin das Kind bekommen hat, habe ich nur den Stand einer Pflegemutter, sie hat das alleinige Sorgerecht.“

Volleyball beim Vienna Pride

Christoph Weiss

Die rechtliche Situation von Regenbogenfamilien ist in Österreich wesentlich schlechter als in Deutschland. Erschwernisse für homosexuelle Menschen, eine Familie zu gründen, sind absurderweise gerade dann besonders gravierend, wenn die PartnerInnen in einer „Eingetragenen Partnerschaft“ leben. Es existiert ein Verbot der Stiefkind-Adoption; Pflegeeltern können Homosexuelle in Österreich nur in Wien und Oberösterreich werden; es besteht ein generelles Adoptionsverbot für homosexuelle Paare, und alleinstehenden Frauen oder lesbischen Paaren ist die medizinisch gestützte Fortpflanzung verboten.

Stand der Buchhandlung Löwenherz

Christoph Weiss

Zu den Ausstellern im „Vienna Pride“-Village gehört auch das Löwenherz – das ist die einzige schwulesbische Buchhandlung in Österreich. Dort gibt es Romane, wissenschaftliche Literatur, DVDs und Krimskrams wie regenbogenfarbene Regenschirme (für die ist zumindest in den nächsten Tagen aber kein Bedarf). Einer der Verkäufer am Löwenherz-Stand ist Michael - er ist hochmotiviert, weil er es geschafft hat, Lehrling in seiner Lieblingsbuchhandlung zu werden: „Ich war Stammkunde in der Buchhandlung und dachte mir: Ich kann’s ja mal mit einer Bewerbung probieren. Die werden mich schon nicht umbringen, sondern mir vielleicht Tipps geben, wie ich es besser machen kann. Ich war dann ziemlich überrascht, dass sie mich wirklich genommen haben!“

Vienna Pride ist also informativ, gemütlich und sehr unterhaltsam. Morgen Samstag ist dann der Höhepunkt des Ganzen: Am Nachmittag die Regenbogen-Parade auf der Ringstraße, dann die große Abschlussfeier wieder auf dem Rathausplatz.