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Eva Umbauer

Popculture-Fan und FM4 Heartbeat-moderierende Musikjournalistin.

14. 6. 2012 - 17:00

Haight-Ashbury am Donauinselfest

Das Trio aus dem schottischen Glasgow spielt wieder in Österreich. Und ihren neuen Longplayer haben Kirsty, Jen und Scott auch dabei.

Kirsty, Jen und Scott Ashbury sind die Band Haight-Ashbury, und in diesem Rahmen immer weniger in ihrer Stadt Glasgow anzutreffen. Touren heißt die Erklärung. Konzerte spielen, im Vereinigten Königreich, längst aber auch abroad. Da muss die eine oder andere Party jetzt schon mal ohne diese drei sympathischen jungen Menschen auskommen.

Trio Haight-Ashbury, Glasgow

Lime

Kirsty, Jen und Scott heißen mit Nachnamen eigentlich gar nicht Ashbury, wer aber stets im Trio auftritt, wird schnell mal zusammengefasst - in diesem Fall eben unter "The Ashburys".

Als Bandname würde das aber dann doch irgendwie zu hausbacken klingen, zu sehr nach braven Folkband-Geschwistern. Haight-Ashbury passt viel besser, handelt es sich doch dabei um jenen popgeschichtsträchtigen Ort in San Francisco, dem Epizentrum der Hippie-Bewegung. Wir schreiben das Jahr 1967, und Grace Slick und Paul Kantner sind mit ihrer Band Jefferson Airplane ("White Rabbit") das coolste Paar der Szene.

Kirsty und Scott von Haight-Ashbury sind Schwester und Bruder. Jen ist eine Freundin der beiden. Kirsty ist neben Bandleader Scott die starke Persönlichkeit im Trio, aber Jen steht ihr in Sachen Stimme und musikalischem Können insgesamt in nichts nach. Schneeweißchen und Rosenrot sind die beiden auf den ersten Blick ein wenig, und Scott ist der Dornröschen-Prinz in ihrer Mitte.

Drei Kleine Kinder, Geburtstag, Glasgow.

Reid

Kirsty und ihr kleiner Bruder Scott waren schon als Kinder mit Jen befreundet.

Etwas Märchenhaftes haben die drei SchottInnen ja an sich, etwas von einem fairy tale. Vielleicht sind es ja nur die wallenden Kleider und die Kopfbedeckungen, die einen auf diesen Weg führen, oder doch auch der Harmoniegesang, den Haight-Ashbury so wundervoll praktizieren. Im Märchen gibt es hell und dunkel. Optisch ist das blondes Haar und schwarzes Haar, und überhaupt steht es für das Leichte, das Hübsche und das Schwere, das Düstere.

In der Haight-Ashbury-Szene der Flower-Power-Ära gab es ebenfalls Licht und Dunkel. Grace und Paul sind das beste Beispiel, und diese hell/dunkel Dualität strahlen auch Haight-Ashbury aus. So süß die drei auch immer wieder klingen mögen, ihre (Indiepop-)Songs können ganz schön heavy sein.

Selbst wenn Scott diesen einst magischen Ort Haight-Ashbury in San Francisco natürlich einmal besucht hat - von der Kreuzung der Straßen Haight und Ashbury über den BuenaVista Park die Haight Street entlang bis zum Golden Gate Park - Haight-Ashbury sind nicht ausschließlich von diesem Sound beeinflusst. Jennifer Thompson und Kirsty und Scott Reid - da wird es ja doch keine Verwandschaft mit den Reid-Brüdern von The Jesus & Mary Chain geben? - sind so viel mehr als eine gute Sixties-Tribute-Band. Vielleicht haben Jen und Kirsty ja heimlich unter der Bettdecke ein wenig Black Mountain gehört, während Scott nichtsahnend Gitarre geübt und die Sitar zu spielen gelernt hat.

Was könnten die Freundinnen und Wohnungsgenossinnen noch gehört haben? Nico und die Velvet Underground vielleicht? Kim Deal und ihre Breeders? Das (schon vergessene?) 90er Jahre-Frauen-Duo Veruca Salt aus Chicago? Stevie Nicks von Fleetwood Mac wohl ohnehin, die 80er-Jahre Frauen von den Bangles auch, ein wenig Rriot Grrrl der 90er, und vielleicht sogar die New Yorkerin Pat Benatar, die in den späten 70er und frühen 80er Jahren eine der großen US-Rocksängerinnen war. Sandy Denny, Großbritanniens tragische First Lady Of Folk und ihre Band Fairport Convention, sowieso.

Here In The Golden Rays

An ihrem ersten Album haben Haight-Ashbury eine ganze Weile gebastelt. Mit "Here In The Golden Rays" waren sie auch letzten Herbst erstmals in Österreich. Beim Waves-Festival in Wien spielten sie, und heuer waren sie wieder hier, etwa im Wiener Haus der Musik, und stellten auch schon Songs vom neuen Abum vor. Jetzt ist der Longplayer endlich da.

"Haight-Ashbury 2: The Ashburys" nennen Kirsty, Jen und Scott das 12 Songs umfassende Ding. Viel schneller ging alles diesmal, als in der ersten Album-Runde, und das empfanden Haight-Ashbury auch als gut. Wir würden sonst womöglich wieder ewig daran arbeiten und zu keinem Ende gelangen, sagen Haight-Ashbury.

Can´t Walk On Water, Can´t Kiss The Sky

Albumcover UK-Band Haight-Ashbury

lime

"Haight-Ashbury 2: The Ashburys" ist bei Lime/Rough Trade erschienen.

Da ist der Sitar-bestimmte, irgendwo in äußeren Spähren agierende Album-Opener "Maastricht (A Treaty)", die - ganz andere, nämlich fokussiertere, poppige - erste Single "Sophomore", und da ist die neue Single "She´s So Groovy 86", weiters ein Song namens, ah, "Freelove", und einer der "Ta Wit Ta Woo" heißt, außerdem einer der sich "Dum Dee Dum" nennt, sowie ein quasi self-empowerment-Stück namens "Everything Is Possible".

An manchen Texten könnten Haight-Ashbury noch etwas arbeiten, meinen manche Kritiker, etwa wenn es heißt: "Thunderbolt and lightning, very very frightning...I feel the earth move under my feet, avoid the cracks I walk down the San Francisco street, in the San Francisco heat...".

Haight-Ashbury spielen am Samstag dem 23.Juni auf der FM4 Bühne am Donauinselfest.

Aber wollen wir mal nicht so sein, weil da sind ja noch das wahrlich hypnotische "2nd Hand Rose", das mit einem Kichern beginnende "Moondog" oder mein ganz persönlicher Liebling "Hole In The Ground", samt den Textzeilen "All my life I´ve been let down, no amount of money is gonna save this town." Ist da etwa Glasgow, die Heimatstadt der Band, gemeint? Nicht dass wir es uns vertun mit dieser Band und womöglich etwas sagen, was gegen Glasgow gerichtet sein könnte. "I´m gonna give you one last chance", warnen Kirsty und Jen ja schließlich eindringlich - in "Buffalo Trace", bevor die Band kurz so klingt als wäre sie Anton Newcombes Brian Jonestown Massacre.

"And the beat goes on", singen Kristy und Jen. Aha. Mit dem versöhnlichen, superschönen "Love, Haight And Ashbury" schließt die Band dann aber das neue Album. Scott mutiert zum Piano-Man, setzt sich hin und greift in die Tasten, während Jen und Kirsty singen "Make the world go away, I can´t face another day.When you feel you need a break, there´s just so much one heart can take. When the darkness falls, when the nightingale calls, when you feel there´s nothing to lose. I can´t walk on water, I can´t kiss the sky. I can´t move mountains." Nein, nein, das braucht ihr auch nicht.

Was soll man da noch sagen? Vielleicht ja einfach bloß Thank you for the music.