Erstellt am: 12. 6. 2012 - 20:25 Uhr
EM-Journal '12-32.
Das EM-Journal 2012 begleitet täglich die Euro in Polen und der Ukraine, ähnlich wie schon das WM-Journal '10 beim letzten Großereignis.
Die erste Runde der Gruppe A: Polen - Griechenland 1:1 und Russland - Tschechien 4:1.
Und das Nachmittagsspiel Griechenland gegen Tschechien endete 1:2.
Die Profile der sechzehn teilnehmenden Teams:
Gruppe A
Polen
Griechenland
Russland
Tschechien
Gruppe B
Niederlande
Dänemark
Deutschland
Portugal
Gruppe C
Spanien
Italien
Kroatien
Irland
Gruppe D
England
Frankreich
Schweden
Ukraine
Das alles im Rahmen des heurigen Fußball-Journals '12, welches sich - wie schon 2011 - mit den aktuellen Unwägbarkeiten dieses besten aller nicht lebenserhaltenden Systeme beschäftigt.
FM4 hat auch diesmal wieder ein EM-Quartier im Wiener WUK, mit Public Viewing, Moderation und netten Gästen.
Bei Regenwetter gibt es Indoors-Screens.
Gut, dass ich schon nach dem ersten Match drauf bestanden habe: die Russen sind kein Wunderteam, sie funktionieren nur gut, wenn sie wirklich ins Rollen kommen, können aber mehr als sie heute gezeigt haben, liessen sich heute bewußt noch Reserven. Zeitweise war das wirklich klasse, manchmal dann wieder ein wenig mutlos.
Polen hat heute das, was gegen Griechenland nur eine Hälfte aufgegangen ist, zumindest einmal übers ganze Spiel gezogen und mit Wucht, Lust, leichter Verzweiflung und zunehmendem Mut ein herzhaftes Spiel geboten, sich einem spielerisch doch übnerlegenen Gegner nicht und nicht geschlagen gegeben.
Ich freu mich, das habe ich eh hier auch schon erwähnt auf das direkte Duell um den Aufstieg zwischen diesen Polen und den Tschechen.
Geht das, ist das eine gute Idee, auf ein Remis zu spielen?
In der 70. Minute dann der erwartete Stürmertausch 14 Pavlyuchenko für 11 Kerzhakov. Allerdings haben sich auf der Gegenseite gerade Kuba und Lewandowski vorne festgesetzt, für Pavlyuchenko interessiert sich keiner,
Smuda bringt erstmals (endlich) 18 Mierzejewski der zentral hinter Lewandowksi spielen kann; dort wo eh eine Lücke klafft. In deer 73. geht Dudka (5), der defensivste im Mittelfeld raus. Smuda stellt auf ein offensives 4-3-3 um, mit einem echten Zehner. Den gibt Obraniak, Mierzejewski hingegen übernimmt die linke Seite.
Polen hat jetzt eine moralische Überlegenheit, Russland schwächelt - Dzagoev sieht eine dumme Gelbe wegen Kritik, das ist ein Zeichen dafür. Sich jetzt mit dem Remis zu begnügen, ist vielleicht keine gute Idee, dafür geht es noch zu lang. Die polnischen Angreifer schießen jetzt aus alles Rohren.
In der 80.Minute kommt 9 Izmailov für Dzagoev, um den abzukühlen, aber auch um die mutlose Phase zu beenden. Aber irgendwie sieht es so aus als wäre Advocaats Team froh mit einem Punkt aus diesem Match zu gehen.
Auf der anderen Seite humpelt Polanksi verletzt raus (nach eigenem Foul, was ihn auch gelb einbrachte), was Polen im Moment den Nipf nimmt. In der 85. Minute kommt dann 6 Matuszczyk für ihn, auch ein defensiver.
Danach ist die Luft draußen, beide Teams hängen nur noch erschöpft in den Seilen, bringen nur noch Stückwerk zusammen. Macht nix, gut war's, danke!
Nachspielzeitwechsel: 23 Brożek für Obraniak.
Von Deja-Vu an der Kippe bis zum Ausgleich
Die zweite Halbzeit startet mit ohne Wechseln und einem Vorstoß von Polanski, der sich dann aber von Tormann Malefeev abdrängen lässt; und zwei guten Obraniak-Cornern. Das ist Polens einzige Chance - sofortiger Druck. In der 50.) taucht Malefeev gegen Lewandowksis Bein und gewinnt.
Russland lässt sich nicht rauslocken und versucht es mit nur drei Offensiven gegen sechs Verteidiger - auch sowas lässt sich ausspielen.
Ich hab ein Deja Vu: zweite Halbzeit Russland - Tschechien, als es nach dem Anschluß an der Kippe stand, als jede Situation weine Entscheidung hätte bringen können, und als es zweiminütlich torgefährliche Situationen gab.
Und in der 57. nützt Polen nach einem Angriff über die, erraten, rechte Seite das Momentum: Kuba haut einen 20-Meter-Schuß nach einem guten Querlauf ins Kreuzeck, 1:1.
Drei Minuten später, nach einem harmlosen Foul, sofortige Rudelbildung und Wirbel, der mit Gelb für Denisov und Lewandowski beendet wird.
Das russische Spiel verändert der Ausgleich keinen Millimeter; sie spielen wieder geduldig ihre Flachpasses in die Spitze, bis einer dann ankommt. Trotzdem droht Kerzhakov demnächst der Pavlyuchenko. Dzagoev hingegen zeigt in der 68. Minute einmal wieder fest auf.
Das polnische Spiel findet in dieser Phase nach dem Ausgleich nicht statt. Erst in der 69. kommt wieder Kuba wieder rechts durch und erzeugt Gefahr.
Diverse Fazits zur russischen Halbzeitführung
Auch Polens Matchplan spielte Russland wieder in die Karten, wie schon die tschechische Marschroute in Spiel 1. Gegen ungestüm angreifende Teams tun sich Advocaats Jungs vergleichsweise leicht: sie stehen hinten recht gut, lassen nicht viel zu und greifen immer wieder, durchaus geduldig und ohne sich einzukrampfen mit Tempogegenstößen auf höchstem Niveau an. Irgendwann wird einer der präzise gespielten Durchstecker-Passes ankommen und einer der schwarmartig ausströmenden Offensivkräfte wird dann schon einen dieser Bälle verwerten. Zur Not auch einen aus einer Standard-Situation.
Nach so einer Führung lässt sich genau dieses Spiel noch besser inszenieren - weshalb ich eine zweite Halbzeit wie die gegen Tschechien erwarte.
Polens Team tat sich gegen einen deutlich besseren Gegner als die Griechen genauso schwer die Euphorie, die man immer für drei,vier Minuten zu entfachen imstande ist, in Zählbares zu verwandeln.
Wieder ging nur über die rechte, die Dortmunder Seite etwas - ausrechenbarst für jeden Gegener, wieder war das zentrale Mittelfeld zu unkreativ, die linke Seite zu matt. Eine gute Abwehr-Leistung konnte das nur partiell vorhandene Offensivspiel nicht aufwiegen.
Der minimale Gefährlichkeits-Unterschied manifestiert sich
Als es für Polen einmal, ganz in russischen Manier, flach durch die Mitte geht, schafft Polanski in der 17. Minute immerhin ein Offsidetor. Russland wirkt mit seinen nur angedeuteten Chancen jedoch deutlich gefährlicher, Polen setzt zwar wuchtige Akzente, die wirken aber schon recht grob.
Sonst, auf dem Feld, bei den Duellen, sieht vieles recht ausgeglichen aus. Bei den gefährlich vors Tor gezogenen Freistoßflanken haben jedoch die Polen (Ludovic Obraniak, der Franzose, macht das gut) Vorteile.
Kein schlechtes Spiel, so insgesamt, man belauert einander auf technisch-taktisch hohem Niveau, in gutem Tempo - das allerdings beide Teams auch noch ordentlich verschärfen können. Nur Stark pfeift ein wenig kleinlich und verschleppt.
Etwas überraschend und ein wenig aus dem Nichts kommt dann das 1:0 für Russland in der 37. Minute: Arshavin hebt einen guten Freistoß-Cross an den Fünfer und im Tumult erwischt Dzagoev, der bislang noch nicht auffällig war, den Ball; mit der Schulter und indem er ihn Ignashevich wegschnappt, aber erfolgreich.
Und auch der zweite Feuerwerkskörper, den ich bei dieser Euro auf dem Feld landen sehe, kommt von den russischen Fans.
Captan Kuba setzt dann zwei Minuten später ein Ausrufungszeichen und ballert von rechts aufs kurze Eck, Malefeev taucht den Ball raus. Allerdings kann jetzt die russische Konterwalze wieder rollen, mit ganz schnell ausgespielten Kontern, Passes bis zur Grundlinie...
Die ersten Erkenntnisse der ersten Minuten
Zhirkov drückt sofort über links an und lässt die polnische Abwehr schlecht aussehen. Wird ein interessantes Duell zwischen Kuba und ihm...
Über rechts macht Dzagoev Druck - Polen kann sich nur mit Kontern, natürlich ausschließlich über rechts befreien, ist bereits massiv eingeengt, kommt kaum aus der eigenen Hälfte.
POLEN
Tor: 1 Wojciech Szczęsny (Arsenal/ENG), 22 Przemysław Tytoń (PSV Eindhoven/NED), 12 Grzegorz Sandomierski (Jagiellonia Białystok -> Genk/BEL).
Abwehr: 20 Łukasz Piszczek (Borussia Dortmund/D), 2 Sebastian Boenisch (Werder Bremen/D), 13 Marcin Wasilewski (Anderlecht/ BEL), 15 Damien Perquis (Sochaux/FRA), 14 Jakub Wawrzyniak (Legia Warszawa), 3 Grzegorz Wojtkowiak, 4 Marcin Kamiński (Lech Poznań).
Mittelfeld: 16 Jakub "Kuba" Błaszczykowski (Borussia Dortmund/D), 5 Dariusz Dudka (Auxerre/FRA), 6 Adam Matuszczyk (Fortuna Düsseldorf/D), 7 Eugen Polanski (Mainz/ D), 11 Rafal Murawski (Lech Poznań), 10 Ludovic Obraniak (Girondins Bordeaux/FRA), 8 Maciej Rybus (Terek Grozny/ RUS), 21 Kamil Grosicki (SivasSpor/TUR), 19 Rafał Wolski (Legia Warszawa).
Angriff: 18 Adrian Mierzejewski (Trabzon/ TUR), 23 Paweł Brożek (Celtic Glasgow/ SCO), 9 Robert Lewandowski (Borussia Dortmund/D), 17 Artur Sobiech (Hannover/ D).
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RUSSLAND
Tor: 1 Igor Akinfeev (ZSKA Moskau), 16 Vyacheslav Malafeev (Zenit St Peters-burg), 13 Anton Shunin (Dinamo Moskau).
Abwehr: 2 Aleksandr Anyukov (Zenit St Peters-burg), 21 Kirill Nababkin, 12 Aleksei Berezutski, 4 Sergei Ignashevich (ZSKA Moskau), 19 Vladimir Granat (Dinamo Moskau), 3 Roman Sharonov (Rubin Kazan), 5 Yuri Zhirkov (Anzhi Makhachkala).
Mittelfeld: 7 Igor Denisov, 6 Roman Shirokov, 8 Konstantin Zyryanov (Zenit St Petersburg), 22 Denis Glushakov (Lokomotiv Moskau), 23 Igor Semshov (Dinamo Moskau), 9 Marat Izmailov (Sporting/POR), 17 Alan Dzagoev (ZSKA Moskau), 18 Aleksandr Kokorin (Dinamo Moskau), 15 Dmitri Kombarov (Spartak Moskau).
Angriff: 10 Andrey Arshavin, 11 Aleksandr Kerzhakov (Zenit St Petersburg), 14 Roman Pavlyuchenko (Lokomotiv Moskau), 20 Pavel Pogrebnyak (Fulham/ ENG).
Polen spielt ein 4-3-3, und spiegelt somit die Russen exakt.
Dudka (5) ist der zentrale, Polanksi (7) spielt halbrechts vor ihm, Murawski (11) halblinks. Das ist die vorsichtige Variante.
Bei Russland ist 7 Denisov der hinterste des Dreier-Mittelfelds, 6 Shirokov ist halbrechts, 8 Zyryanov halblinks.
Erst eine Obraniak Freistoß-Flanke sorgt dann in der 6. Minute für eminente Gefahr, der Ball flippert zwischen Boenisch und Malefeev hin und her. Bei solchen Standards geht für Polen was.
Arshavin besorgt alle für Russland.
Guter Lewandowski-Schuß in der 11. Minute - gut fürs Selbstbewußtsein. Polen hat sich befreit.
Uh, dann kommt Perquis gegen Kershakov, der mit einem dieser steilen flachen Longpasses geschickt wurde, fast zu spät.
Nach einer Viertelstunde haben sich beide Teams gezeigt. Russland wird es mit exakten Passes durch die Nahtstellen probieren, Polen mit schnellen Vorstößen über rechts; und über Standards.
Die Ausgangslage vor dem Spiel...
... ist ganz klar.
Polen steht unter Druck, zwar nicht wirklich rechnerisch, man wäre auch mit einem Remis noch im Rennen, es kommt sowieso zu einem direkten Duell mit Tschechien im letzten Spiel, aber wegen der Heimspielhauptrolle.und überhaupt.
Russland könnte mit einem Punkt zufriedensein, kann also abwarten und sein Konterspiel aufziehen.
Smudas Polen in Spiel 1 sah so (im 4-2-3-1) aus:
1 Szczesny; 20 Piszczek, 13 Wasilewski, 15 Perquis, 2 Boenisch; 7 Polanski, 11 Murawski; Kapitän 16 Kuba Blaszczykowski, 10 Obraniak, 8 Rybus; 9 Lewandowski.
Wechsel: 22 Tyton - Szczesny ist rotgesperrt.
Das ging eine Halbzeit lang gut, dann bröselte das inkonsistente Team auseinander.
In Spiel 2 wird Tyton im Tor stehen, zudem rechnet man mit 5 Dudka kommt ins defensive Mittelfeld, Obrabniak rückt statt Rybus nach links, das ist dann eher ein 4-3-2-1, wobei 11 Murawski dann eventuell offensiver spielen könnte
Für Spiel 2 bedeutet das also - Polen in weiß mit rotem Brustbalken, mit
22 Tyton; 20 Piszczek, 13 Wasilewski, 15 Perquis, 2 Boenisch; 7 Polanski, 5 Dudka, 11 Murawski; Kapitän 16 Kuba Blaszczykowski, 10 Obraniak; 9 Lewandowski.
Nur auf der Bank: 8 Rybus, 21 Grosicki, 18 Mierzejewski, 23 Brożek... 1 Szczesny ist natürlich gesperrt.
Polens Nationalmannschaft wird sich gegenüber Spiel 1 deutlich steigern müssen, wenn man gegen Russland eine Chance haben will.
Advocaats Russland in Spiel 1, ein echtes 4-3-3:
16 Malafeev; 2 Anyukov, 12 Aleksei Berezutski, 4 Ignashevich, 5 Zhirkov; 7 Denisov, 6 Shirokov, 8 Zyryanov; 17 Dzagoev, 11 Kerzhakov, 10 Kapitän Arshavin.
Wechsel: 14 Pavlyuchenko, 18 Kokorin.
Tormann 1 Akinfeev ist angeschlagen.
Spiel 2 nimmt die identischen Startformation in Angriff, warum auch nicht?
Russland in rot, mit kleiner blau/weißer Schärpe:
16 Malafeev; 2 Anyukov, 12 Aleksei Berezutski, 4 Ignashevich, 5 Zhirkov; 7 Denisov, 6 Shirokov, 8 Zyryanov; 17 Dzagoev, 11 Kerzhakov, 10 Kapitän Arshavin.
Akinfeev fehlt weiter. Russland muss heute beweisen, dass die hohen Erwartungen länger als ein Match lang halten können.
Das wegen der gemeinsamen, gerne unterschiedlich interpretierten Geschichte ziemlich lastende Nachbar-Duell findet in Warschau, also weit weg von Katyn statt, Referee ist, historischer Treppenwitz, der Deutsche Wolfgang Stark.