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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

12. 6. 2012 - 21:10

The Horror! The Horror!

Bluttriefende Notizen zum House of Pain "Giallo" Special, einem Besuch in der Grusel Disco und zu dem kommenden schön-schiachen Wiener Wochenende.

Vielleicht fange ich am besten mit den funkelnden Augen meines Comoderators Dr. Nachtstrom an. So zirka jeden zweiten Mittwoch sehe ich ein ganz besonderes Flackern in seinem Blick. Da besucht uns nämlich ein sehr spezieller Gast im House of Pain. Jemand, den ihr auch von diesen Seiten hier gut kennt und schätzt.

Markus Keuschnigg, wandelndes Genrekino-Lexikon und Liebhaber tiefer gelegter Filmkultur, rollt in regelmäßigen Abständen im FM4 Haus der süßen Schmerzen den blutroten Teppich aus. Im „Movie Dungeon“ schwärmt er von grindiger Schönheit und subversivem Sex, von manischen Regisseuren und herumspritzenden Körperflüssigkeiten aller Arten. Und wir Sendungs-Hosts schließen uns mit lustvoller Freude den lehrreichen Radioreferaten über Blut und Beuschel an.

Blutige Seide

EMS DVD Company

Diesen Mittwoch werden wir uns wohl überschlagen mit deftigen Lobhudeleien und hämoglobinfarbenen Beschwörungen. Steht doch ein Subgenre im Mittelpunkt, das Herr Keuschnigg, Herr Nachtstrom und meine Wenigkeit beinahe religiös verehren.

Die Rede ist vom italienischen Giallo-Thriller, der von den späten Sechzigern bis zu den mittleren Achtzigern für elegantes Grauen und extreme Gänsehaut sorgte. Anlässlich einer Verneigung vor Dario Argento habe ich an dieser Stelle schon einmal über die Filme geschrieben, in denen oft mysteriöse Mörder in schwarzen Lederhandschuhen auf Opferjagd gehen, begleitet von einer entgrenzten Kamera und irritierend zärtlichen Soundtracks des Grauens.

Todes-Swing und Cineploitation

Im House of Pain wird es abseits des großen Dario auch um andere Größen des Genres gehen, in dem die Grenzen zwischen Krimi und Horror, Surrealismus und Sexploitation auf knallbunte Weise verschwommen sind.

Essentiell bei den grellen Meisterwerken von Regisseuren wie Mario Bava, Lucio Fulci, Aldo Lado oder Pupi Avati ist neben den stilisierten Bildern dabei die Tonspur. Im bewussten Kontrast zur Brutalität der Mordszenen setzten Komponisten wie der göttliche Ennio Morricone, die umwerfenden Progrocker Goblin, aber auch Stelvio Cipriani oder Fabio Frizzi auf sanftes Hauchen und Seufzen, auf gespenstische Kinderlied-Assoziationen oder funky Loungeklänge.

Malabimba

Cineploit Records

Unzählige Musiker, von Trip Hop bis Industrial, Doom- und Death-Metal bis zur Electroszene, ließen sich über die Dekaden von diesen Mördermelodien betören und inspirieren. Der Wiener Alex Wank, Ex-Drummer der Todesblei-Stars Pungent Stench, hat aus dieser Leidenschaft heraus ein Label gegründet. Die Bands auf Cineploit Records, mit so malerischen Namen wie Thelema, Malabimba oder Zoltan, tauchen tief ein in das eigenartige Musikuniversum der Giallo Movies. Fingerschnippender Todes-Swing aus der (Blut-)Rotlicht-Ecke ist das, bisweilen auch hypnotische Synthesizersounds für die Spaghetti-Vorhölle.

Giallo Beats in der Disco Frisco

Auf ganz andere und nicht minder faszinierende Weise nähert sich ein britisches Label den (Un-)Tiefen der Filmmusik-Kunst.

Dessen Gründer mit dem exotischen Namen Antoni Maiovvi hat sich innerhalb kurzer Zeit im Dance-Underground einen Namen gemacht. Dieser Tage feiert sein Label Giallo Disco seine erste Veröffentlichung, inklusive Legowelt-Remix. Auf seinen Releases und in seinen DJ-Sets verdichtet der Brite retrofuturistischen Italo Disco, Oldschool-Electro und sogar EBM mit Horror-Soundtrack-Motiven zu episch-düsteren Hymnen.

giallo disco records

giallo disco records

Am Freitag gastiert der von Auskennern gefeierte Mann mit seinen Analogsynths im Wiener Club U, bei der „Disco Frisco“, einer Anlaufstelle für verhextes, zombifiziertes und zersplattertes Nachtleben. Der heimische DJ Johnny Yen, der den Clubabend mit diversen Freunden betreibt, bringt ins House of Pain einen sinistren Mix-Vorgeschmack mit, der unserem Giallo-Motto mehr als entgegenkommt.

Vom Club Kaputt zur Autogrammstunde des Schreckens

FM4 House of Pain, Mittwoch, 22h

Klub Kaputt presents "Grindhouse", Freitag 15.06., Filmcasino/Wien.

Disco Frisco presents "A Night Of Tropical Horror", Freitag 15.06., Club U/Wien.

Weekend of Horrors, Samstag 16.06 und Sonntag 17.06., MGC Messe/Wien.

Dabei passt die „Disco Frisco“ Nacht einfach perfekt zu diesem im besten Sinne horriblen Freitag in Wien. Vor dem Trockeneis-Tanzen zu Neo-Giallo-Beats lädt nämlich bereits um 20.30h der „Klub Kaputt“ im Filmcasino, eng verbandelt mit dem verehrten /slash Filmfestival, zu einem Grindhouse-Doublefeature der ganz besonderen Art.

Eigentlich hätte ja die Genrekino-Ikone Linda Blair, die in „The Exorzist“ auf unvergessliche Weise Erbsensuppe spuckte, einem Screening ihres kultisch verehrten Rape-Revenge-Klassikers „Savage Streets“ beiwohnen sollen, leider kommt sie nun doch nicht nach Österreich. Der Film in wahnwitziger 80ies-Ästhetik ist dennoch Pflicht. Den zweiten Teil des schundigen Specials bestreitet dann Rutger Hauer, der als „Hobo With A Shotgun“ (heimische Kinopremiere!) in einer moralisch verkommenen Großstadt zur Knarre greift.

Klub Kaputt

Slash Filmfestival

Linda Blair war auch als einer der Stargäste des „Weekend of Horrors“ geplant, das am Samstag und Sonntag in Wien Station macht. Zu der Fanconvention gehören Filmscreenings, Trailershows, Kostümwettbewerbe und vor allem Autogrammstunden mit Horrorgrößen wie Doug „Hellraiser“ Bradley, David „American Werewolf“ Naughton oder der oberösterreichischen B-Movie-Queen Sybill Danning, die es vom verträumten Ried im Innkreis nach Hollywood schaffte.

Meine Damen und Herren, schalten sie ein beim House of Pain, swingen sie zur groovigen Cineploitation, wackeln sie mit dem Popo zum Giallo Beat, lassen sie sich die vergilbten Videokassetten-Cover von Pinhead persönlich signieren. Das Leben kann so herrlich schrecklich sein.