Erstellt am: 9. 6. 2012 - 19:04 Uhr
Mythos Pommesgabel
"Irgendwas mit Satan", antwortet eine Festivalbesucherin auf die Frage des gestrengen Neo-Metallogen Alex Wagner auf die Frage, was die Faust mit den gespreizten Randfingern, weltweit Erkennungszeichen von Metalfans aller Lager und Altersklassen, denn eigentlich zu bedeuten habe. Und sie könnte nicht richtiger liegen.
Patrick Wally
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So geht folgende Kunde um in Metallerkreisen, die nur von Metallermund zu Metallerohr weitergegeben wird: In früher Zeit, als Metalfans beim Moshen Pits bildeten, dabei und beim Headbangen, Stagediven und was die sonst noch so erfunden und danach getrieben hatten, auf ihre Hände schauten, mussten sie sich eingestehen: nichts los. Schlaff baumelten diese herunter bei all diesen ansonsten so bewegungsintensiven Tätigkeiten. Einige wurden kreativ, versuchten währenddessen Zigaretten zu drehen, Nägel zu schneiden, Wayang Theater zu spielen, Schatten zu boxen, SMS zu schreiben, es wurde anfangs in Pits sogar versucht, dem Kinderspiel zu Metalruhm zu verhelfen, wo zwei Handpaare gemeinsam einen kompliziert geknüpften Faden gegenseitig aufnehmen und immer komplizierter machen (wie das heißt, weiß ich leider nicht mehr)... All das passte nicht zum Sound der Doppelbassdrum, also versteckten sie ihre Hände verlegen in den Taschen, während die Musik wütete.
Erlösung für dieses Ideenvakuum in einer ansonsten in Emblematik so versierten Szene sollte von einer gläubigen älteren Dame kommen. Diese Dame, ihr Name war vermutlich Padavona, war eines Tages einigen Heavy Metal Liebhabern begegnet, hatte sie ob ihres ungehobelten Äußeren für den Leibhaftigen oder einen ihrer Jünger gehalten und bediente sich eines in ihrer Heimat gebräuchlichen Abwehrzaubers. Die Darstellung des Teufels mit den Fingern und Zeigen der Hand nach unten sollte laut sizilianischem Volksglauben dazu dienen, den "Malocchio" oder bösen Blick abzuwehren, der für Kopfschmerz über Hagel bis Missgeburten für alles verantwortlich gemacht wurde.
Anderen Quellen zufolge ist die Geste - weil der böse Blick in alten Zeiten auch nur Frauen zugeschrieben wurde - auch der einzige Teufelsabwehr-Zauber, der Frauen zur Verfügung steht (außer den Huf eines Elchs bei sich zu tragen, aber wer hat so einen schon parat, in Sizilien). Bei Männern soll der Griff an die Hoden ein probates Mittel sein, weshalb, laut einem Malocchio-Forscher, auch Mussolini auf Fotos mit Hitler stets mit einer Hand in der Hosentasche zu sehen ist.
Einer der jungen Metal-Männer, der Enkel der Dame, hieß Ronnie James Dio und gilt seither als Einführer der "Devil's Hand" in die Metalszene. Auch Gene Simmons beansprucht dies für sich, aber der jüdische Glaube ist nicht so sehr für seine abergläubischen Abwehrzauber bekannt wie der katholische. Wir wollen froh sein, dass Frau Dio Senior sich nicht der anderen Teufelsabwehr-Hand bedient hat, der so genannten "Neidfeige". Die Faust mit der zwischen Zeige- und Mittelfinger durchgestreckten Daumenspitze würde auf Slayer Konzerten wohl ein wenig lächerlich aussehen.
In der Emoticon Welt sieht die Pommesgabel im Übrigen so aus : \m/
Warum diese martialische und aus Furcht geborene Geste in deutschen Metalkreisen ausgerechnet "Pommesgabel" heißt, ist einerseits unerklärlich, andererseits auch ein unerwartet starker Hinweis auf die selbstironischen Fähigkeiten der als so streng und ernsthaft verschrienen Heavy Metal Welt.
Die Teufelshand, die in Italien auch Mano Cornuta heißt, außerhalb des Metalzusammenhangs zu verwenden, kann böse enden und schon mal zu einer Abreibung führen, vor allem ebendort.
Der "Cornuto" (der Gehörnte) ist nämlich der Mann, dessen Frau ihn betrogen, ihm "Hörner aufgesetzt" hat. Jemanden so zu bezeichnen, kommt oftmals nicht gut an.
Und, dies sei Pommesgabel-Neulingen gesagt: Es ist verboten, den Daumen wegzustrecken - außer man möchte eventuell vorhandene amerikanische Gehörgeschädigte ins Bett deuten - in der dortigen Gebärdensprache bedeutet dieses Zeichen nämlich: "Ich liebe dich".