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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

9. 6. 2012 - 14:29

EM-Journal '12-21.

Besserwissereien zwischendurch: wieso der erste überragende Sieger nie der echte Erste wird.

Das EM-Journal 2012 begleitet täglich die Euro in Polen und der Ukraine, ähnlich wie schon das WM-Journal '10 beim letzten Großereignis.

Die gestrigen Spiele der Gruppe A: Polen - Griechenland, das ging 1:1 aus; und Russland - Tschechien, das endete 4:1.

Die Profile der sechzehn teilnehmenden Teams:
Gruppe A
Polen
Griechenland
Russland
Tschechien
Gruppe B
Niederlande
Dänemark
Deutschland
Portugal
Gruppe C
Spanien
Italien
Kroatien
Irland
Gruppe D
England
Frankreich
Schweden
Ukraine

Das alles im Rahmen des heurigen Fußball-Journals '12, welches sich - wie schon 2011 - mit den aktuellen Unwägbarkeiten dieses besten aller nicht lebenserhaltenden Systeme beschäftigt.

FM4 hat auch diesmal wieder ein EM-Quartier im Wiener WUK, mit Public Viewing, Moderation und netten Gästen.
Bei Regenwetter gibt es Indoors-Screens.

Es war schon gestern nachts nicht aufzuhalten: das Geraune über den "neuen" Geheimfavoriten Russland. Vor allem die, die sich gerne an Zahlen festklammern, die Sportwettenwetter, die kein Gefühl für das Spiel an sich haben, weswegen sie sich von Resultaten abhängig machen, schichten jetzt ihr Risiko-Kapital um.

Nichts gegen die Sbornaja, meinen Champ mit dem Glaskinn: aber einen derart optimalen Spielverlauf und ein 4:1 werden sie nicht immer geschenkt bekommen. Das tschechische Team hat ihnen zu ideal in die Karten gespielt.

Da man, um hier vorsichtig in seiner Einschätzung zu sein, über die letzten Jahre schon ein paar russische Spiele miterlebt haben muss (und sie auch lesen können sollte, über das Resultat hinaus) ist die Nachvollziehbarkeit für die reinen Event-Schauer und Ergebnis-Kleber gering. Die wenden sich immer dann, wenn es um Differenzierung geht, mit Grauen ab - auch weil eine Schwarz-Weiß-Welt leichter zu durchqueren ist.

Deshalb heute: eine Ausnahme, eine Argumentation via Zahlen und Statistik. Warum der erste überragende Sieger im Turnier oft keine überragende Rolle spielt.

Historische Argumente gegen den russischen Durchmarsch

Bei der Euro 2008 feierte Portugal im 1. Gruppenspiel gegen die Türkei ein glanzvolles 2:0; die Holländer besiegten Italien noch frenetischer 3:0.
Für beide Teams war es dann aber im Viertelfinale vorbei.

Bei der WM 2006 fegte Tschechien die USA mit einem überragenden 3:0 vom Platz - und überstand danach die Gruppenphase nicht. Für Argentinien war trotz eines sensationellen 6:0 gegen Serbien im Viertelfinale Schluss.

Bei der Euro 2004 putzte Schweden mit dem neuen Supermann Ibrahimovic im 1. Match Bulgarien mit 4:0, gewann seine Gruppe überlegen und flog im Viertelfinale raus.

Dann könnte ich noch einige historisch legendäre Beispiele anführen, etwa die Dänen bei der WM 86 - jedermanns Favorit nach der Vorrunde, Out im Viertelfinale. Spanien bei der WM 02, grandiose Gruppenphase, die eine Vorahnung auf das, was später kommen sollte, gab, und dann out im Viertelfinale.

Die Ausnahmen von der Ausnahme betreffen die Creme der Üblichen-Verdächtigen, also Mannschaften, die den Druck des Favoritentums gewohnt sind: Deutschland bei der Euro 96 - durchmarschiert; der regierende Weltmeister Frankreich bei der Euro 2000 - ähnlich.

Russland hat es mit einer vergleichbaren Performance bei der Euro 2008 immerhin ins Semifinale geschafft, mit den selben Spielern, die halt vier Jahre jünger und dem Gegner vergleichsweise unbekannter waren.

PS:
Und, vergessen wir nicht: sportwetting is killing football.