Erstellt am: 8. 6. 2012 - 14:36 Uhr
EM-Journal '12-18.
Das EM-Journal 2012 begleitet täglich die Euro in Polen und der Ukraine, ähnlich wie schon das WM-Journal '10 beim letzten Großereignis.
Hier die genauen Blicke auf die sechzehn teilnehmenden Teams:
1) England
2) Tschechien
3) Portugal
4) Irland
5) Dänemark
6) Schweden
7) Kroatien
8) Polen
9) Italien
10) Ukraine
11) Russland
12) Niederlande
13) Frankreich
14) Griechenland
15) Deutschland
16) Spanien
Das alles im Rahmen des heurigen Fußball-Journals '12, welches sich - wie schon 2011 - mit den aktuellen Unwägbarkeiten dieses besten aller nicht lebenserhaltenden Systeme beschäftigt.
Siehe auch: Afrika-Cup-Journal '12. Upcoming, im August: ein Journal zu den London-Olympics.
FM4 hat auch diesmal wieder ein EM-Quartier im Wiener WUK, mit Public Viewing, Moderation und netten Gästen.
Zwei Wochen jeden Tag ein Team vorstellen, das bedeutet: kennenlearning by doing. Und im Lauf von vierzehn Tagen verändern sich die Blickwinkel. Mannschaften, die vorige Woche noch gut geschminkt waren, lassen die Fassade bröckeln, andere, die wenig attraktiv aussahen, haben sich gemausert, Favoriten zeigen ungeahnte Schwächen, Außenseiter plustern sich auf.
Letztlich bleibt die Ausgangslage aber klar: eine Drei-Klassengesellschaft der üblichen Verdächtigen trifft auf ein knappes Dutzend an Außenseitern, aus denen sich dann in der 1. Runde ein Geheimfavorit herausschälen wird.
Zuerst die Üblichen-Verdächtigen.
Top-Favoriten, trotz diverser Wehwehchen, Ausfälle und Rückschläge: die beiden aktuell deutlich besten Nationalmannschaften Europas, Spanien und Deutschland. Als Geheim- oder Naja-vielleicht-doch-Favoriten dahinter rangieren Frankreich, die Niederlande und Italien; in dieser Reihenfolge. Nur eine Wunderwelle kann wohl Portugal und England ins Finale schwappen.
Jetzt zu den Außenseitern. Da sind zuerst eh immer die Veranstalter zu nennen: und weil es bei der Ukraine derzeit so matt aussieht, werden viele Hoffnungen auf Polen gesetzt. Die müssen sich gleich im ersten Spiel beweisen: nur wenn sie sich gegen das bockige Griechenland durchsetzen, haben sie Chancen in einen Lauf zu kommen.
Ein möglicher Geheimtipp folgt dann gleich heute Abend: Tschechien, sagen einige, Russland könnte ich mir eher vorstellen. Der Rest des Feldes kann eventuell Überraschungen liefern (Schweden, Kroatien...), aber insgesamt ist der jeweilige Wissensstand der Camps so hoch, dass es kaum noch so etwas wie unerwartete Varianten geben wird, mit denen Coach X Coach Y austricksen kann.
Ähnliches gilt auch für die Fan-Community.
Nie waren Mannschaften und Camps so gläsern wie heute, nie die Vorab-Information so gut, noch nie haben sich so viele Berufene mit Strategie, Taktik und Hintergrund beschäftigt.
Weshalb Kaffeesud-Vorausschauen (wie auch die meine) und intensive Nachbetrachtungen allerorten und auf allen Niveaus nur einen Mausklick entfernt sind.
Das EM-Journal wird sich deshalb auf das Risiko-Parkett der Live-Begleitung begeben und das, was bereits während des Spiels an strategisch-taktischen Varianten auffällt, aber weder in den (gezwungenermaßen) allzu breit streuenden TV-Kommentaren noch in den rein Event-orientierten Live-Tickern vorkommt, analysieren.
Auffälligkeiten und Veränderungen...
... sind in den letzten Tagen vor allem bei zwei Teams aufgetreten. England hat sich im Vergleich zu vor 14 Tagen in eine Abwärtsspirale begeben; Frankreich hat zugelegt.
Ein paar kursorische Statistik-Klaubereien:
Die meisten EM-Starter sind in England, Deutschland und Spanien beschäftigt, auch recht viele in Italien und Frankreich, dazu auch in Russland und der Ukraine. Das spricht für die zunehmende Bedeutung der dortigen Ligen.
Die Engländer haben keine Legionäre, die Iren nur, der Rest bewegt sich dazwischen.
Der Klub, der die meisten Spieler abstellt, ist Bayern München. Es folgen Real, Dinamo Kiev, Chelsea, Dortmund und dann erst Barcelona. Danach wären noch Man City, Shakhtar Donetsk, Zenit St. Petersburg und Arsenal, Liverpool, Man U, Juve und ZSKA Moskau zu nennen.
Österreich kommt in keiner einzigen Wertung vor. Der einzige Liga-Kicker, der aktuell in einer Nationalmannschaft von Bedeutung aufläuft, ist Dusan Svento bei der Slowakei. Der beste Liga-Spieler Mendes da Silva, auch Salzburg, steht bei den Niederlanden nicht einmal im Blickfeld.
Zudem hat die Untersuchung der Équipe Tricolore am meisten widersprüchliche Meinungen zutagegefördert. Wie nämlich die dortige Mittelfeld-Zentrale tatsächlich bestellt sein wird; wer dort neben Cabaye auflaufen wird - Verletzungen und Formschwäche geben da Rätsel auf; ob Blanc mit einem 4-2-3-1 oder mit einem 4-3-3 ins Turnier gehen wird etc.
Bei England haben sich mit Lampard, Barry, Cahill und Ersatztormann Ruddy gleich vier Akteure des eigentlichen Kaders verletzungstechnisch verabschiedet; die Nachrücker sind bis auf Phil Jagielka irrelevant, die Schwäche des Kaders, der wegen Sperre auch zweimal auf Rooney verzichten muss, wird so evident.
Zudem verspielte Coach Roy Hodgson mit einer ultrakonservativen, hypervorsichtigen Aufstellungs-Politik viel Kredit bei jenen, die aus einer gewissen Traditionssicht heraus England immer dann, wenn es mutig nach vorne spielt, unterstützen mögen.
Verändert hat sich auch etwas bei Kroatien: die simple Tatsache des Ausfalls von Ivica Olic beraubt Slaven Bilic einer gesamten taktischen Option, das ist bitter.
Das wohl interessanteste Vorbereitungsspiel fand auf Schweizer Boden zwischen Italien und Russland statt. Prandellis Team spielte zumindest 70 Minuten furiosen Angriffs-Fußball, brachte aber sein gefühltes Dutzend an 100%en nicht im Tor unter. Wäre da der Damm gebrochen, hätte man 4:0 gewinnen können. So setzte sich Team Advocaat mit seinem ebenfalls rollenden Konterfußball durch und die Russen schafften ein 0:3.
Noch interessanter als der Spielverlauf die Rezeption in Mainstream-Media. Menschen, denen maximal die Clips mit den Toren bekannt waren, plapperten flächendeckend etwas von offensivschwachen Azzurri daher. Wie immer reagieren die Mainstream-Medien nur aufs Resultat, ohne das Herz, den Kern des Fußballs, das Spiel nämlich, wahrzunehmen.
Weil die Euro-Matches aber von ganz vielen Menschen recht intensiv angeschaut werden und man sich da eine derart primitive und resultatsfetischisierende Schlagzeilen-Berichterstattung nicht wird leisten können, wird es auch hochinteressant werden, die Live- und Nachberichte von diesem Aspekt her zu verfolgen.
Ab heute Abend, im Screening eurer Wahl.
Und hier im EM-Journal 2012; mit einem Eintrag pro Spiel.