Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Economy Death Match"

Robert Zikmund

Wirtschaft und Politik

4. 6. 2012 - 16:58

Economy Death Match

Vermögenssteuern - Wunderwaffe oder Neiddebatte?

Aktuell reißt es die Eurozone wieder einmal wild herum. Während die Deutschen annähernd null Prozent Zinsen für ihre neuen Schulden zahlen müssen, klettern die Kreditkosten für Länder wie Spanien und Portugal in luftige Höhen. Aber selbst im vergleichsweise gut aufgestellten Österreich wird das Geld für den Sozialstaat knapp, denn auch wir bleiben auf etlichen Griechenland- und Banken-Milliardenhilfen sitzen. Und wenn schon die Ausgaben für Soziales und Gesundheit beschnitten werden, ist meist etwa für Dinge wie Kulturbudgets gar kein Geld mehr da. Auf die Frage wer das künftig alles bezahlen soll, haben vor allem sozialdemokratische und grüne Politiker eine häufige Antwort parat: Die Reichen

Economy Death Match: Wirtschaftsfragen aufs Wesentliche runter gebrochen

Sprich, Vermögen soll stärker besteuert werden.
Vermögenssteuern - eine Wunderwaffe oder doch nur eine sozialromantische Neiddebatte?
Robert Zikmund und Paul Pant mit einem Show-Boxkampf im altgriechischen Vollkontakt-Argumentieren.

Das Wort "Money" aus Holztäfelchen gelegt

flickr.com/9731367@N02/

Pro

Man muss sich nicht zum Verbündeten der sozialdemokratischen Machteliten von Faymann bis Hollande machen, um zu erkennen, dass eine vernünftige Steuerbelastung großer Vermögen und parallel eine Entlastung von Arbeitseinkommen ein wichtiger Schritt aus der Krise ist. Denn was ist denn in den letzten Jahren passiert?

Robert Reich, ehemaliger Wirtschaftsberater von Bill Clinton, fasst dies schön zusammen: Seit Reagan hat man in den USA damit begonnen, die Superreichen steuerlich zu entlasten, so gibt es etwa Milliardäre, die eine durchschnittliche Abgabenquote unter 20 Prozent haben - also weniger als die Hälfte der Steuern auf Erwerbsarbeit bezahlen müssen. Selbst der Milliarden-Spekulant George Soros, ein Mann der sonst über Leichen ging, gibt zu, dass er in Relation weniger Steuern zahlt, als seine Putzfrau. Doch genau mit dieser Dynamik ist die Schere exponentiell aufgegangen, das oberste Prozent der Bevölkerung besitzt über einem Drittel des Geld- und über die Hälfte des Immobilienvermögens.

Das oberste Zehntel ist Zins-Netto-Empfänger während alle anderen diese Zinsen mit ihrer Arbeit erwirtschaften müssen, das treibt die Schere weiter auseinander.

Dadurch entgeht dem Staat Geld, das er beim Sozialstaat einsparen muss, somit geht wieder Nachfrage flöten und es kommt zu einem Teufelskreis.
Währenddessen erhöht sich durch wachsendes Kapital in wenigen Händen natürlich auch der politische Einfluss dieser superreichen Eliten, womit sie sich Gesetze und Politiker bis hin zum Präsidenten nach Gutdünken kaufen können. In Europa und auch in Österreich ist die Situation übrigens nicht um so vieles anders, wie etwa Markus Marterbauer von der Arbeiterkammer bestätigt. Und genau diese Schieflage muss endlich bereinigt werden, neben einer überfälligen Erbschaftssteuer (Erbe ist noch ungleicher verteilt als Vermögen und zementiert diese gesellschaftliche Schere in die Unendlichkeit) braucht es dafür natürlich auch endlich eine Vermögenssteuer.

Aktuell ist die Besteuerung von Vermögen in Österreich lächerlich gering, was dazu führt, dass vor allem die werktätigen Menschen die gesamte Schuldenlast bedienen müssen - mit ihren Lohn- und Einkommenssteuern sowie anderen unsozialen Massensteuern, wie der Umsatzsteuer.
Die Zinsen der Staatsschulden bezahlen sie so mit ihren Steuern (während die Vermögenshalter daraus Einkommen beziehen), jene der Unternehmen über höhere Preise und ihre eigenen müssen sie sowieso zahlen. Was dazu führt, dass man von vielen 40 Stunden Jobs immer schlechter leben kann.
Und genau hier muss eine zu schaffende Vermögenssteuer Ausgleich schaffen, sprich, die Steuerprogression für Arbeit senken und die 700 Milliarden angreifen, die in Österreich von wenigen Privatpersonen gehalten werden.
Die Familien Glock und Co werden es sicher verschmerzen und da die Vermögen eben dermaßen ungleich verteilt sind, muss man sich auch keine Sorgen darüber machen, dass etwa der Mittelstand wieder zum Handkuss kommt.

Denn über Freibeträge sind die klassischen "Häuslbauer", deren Schutz sich die ÖVP verschrieben hat und damit in Wirklichkeit die Superreichen decken will, ganz leicht von einer Vermögenssteuer ausgenommen.

Contra

Wenn die Vermögenssteuer so ein eierlegendes Wollmilchsau-Erfolgsprojekt ist, frage ich mich, warum sie mit Ferdinand Lacina ausgerechnet ein sozialistischer Finanzminister vor Jahrzehnten abgeschafft hat?

Wobei diese Frage ehrlicherweise ein bisschen rhetorisch ist, die Antwort lautet nämlich: Weil sie sinnlos war. Die Leidtragenden dieser alten Steuer waren vor allem kleinere und mittlere Unternehmen, die bürokratischen Kosten zur Erhebung der Steuer standen dabei in keinerlei Relation zum Ertrag. Und jetzt soll alles anders sein? Warum?

Die Frage ist, wen man mit so einer Steuer treffen will - als Antwort bekommt man dann meistens "die Superreichen".
Leider werden dabei aber zwei wesentliche Dinge vergessen:

Erstens sind ja auch diese Vermögen bereits versteuert worden, entweder durch Lohn- oder Einkommensteuer, durch Kapitalertragssteuern oder was auch immer. Eine weitere Substanzbesteuerung dieser Vermögen, und darum geht es den Sozialisten ja, wäre also nichts anderes als eine Doppelbesteuerung, quasi eine Enteignung durch die Hintertür.

Und zweitens, und das ist meiner Meinung nach noch schwerwiegender, stellt sich die Frage, wo diese Vermögen liegen.

Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass wenn es sogar Karl Heinz Grasser geschafft hat, seine paar Millionen "steuerschonend" zu veranlagen, nicht jeder tatsächliche Milliardär nicht auch diese Möglichkeiten hat? Gerade in Österreich, das neben Schnitzel und Wörthersee auch für sein kapitalfreundliches Stiftungsrecht international berühmt ist?
Mit der Schweiz und Liechtenstein vor der Haustür?

Wenn die Sozialromantiker nun also planen, diese Milliardenvermögen fürs Budget heran zu ziehen, wird folgendes passieren:
Die wirklich großen Geldpatzen sind für den Fiskus unantastbar, wer die Mittel zur Steuerkreativität hat (mittlerweile gibt es eigene Masterkurse dazu), wird diese auch nutzen und die Wege sind dermaßen vielfältig, dass von diesen Vermögen nichts zu holen sein wird. Außer eben von jenen, die nicht flüchten können. Und das sind naturgemäß eben keine bösen Raubtier-Kapitalisten, sondern alte Leute mit den Ersparnissen eines Lebens, Häuslbauer oder wieder kleine Unternehmer. Die kommen dann dran, also wie immer, die Steuerquote erhöht sich für all jene, die bereit sind, Leistung zu erbringen.

Und was die Freibeträge betrifft:
Wenn man die hoch genug ansetzt, um den berühmten Häuslbauer zu verschonen, während sich die wirklich großen Vermögen längst vertschüsst haben, dann bleibt so gut wie kein Ertrag über. Die Steuer wird dann zu einem Rohrkrepierer, der den Aufwand nicht mal deckt. Von der künftigen Finanzierung unserer Schuldenlast kann also keine Rede sein.

Die romantische Vorstellung, dass "die Reichen blechen sollen", wird uns demnach nicht davor schonen, in Zukunft ein bisschen weniger Geld beim Fenster raus zu werfen. Auch wenn man damit sicher ein paar Stimmen fangen kann.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar