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Marc Carnal

Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, hat die bessere Luft. Lach- und Sachgeschichten in Schönschrift.

3. 6. 2012 - 15:00

Zweifellos lächerliche Küchengeräte

Eier, Butter, Bier - Texte zu Einkaufslisten unbekannter Provenienz (23)

marc carnal

Marc Carnal, der schönste Mann von Wien, sammelt seit geraumer Zeit Einkaufslisten.

Unterstützt wird er dabei von einem stetig wachsenden Kreis an redlichen Helfern, die ihn regelmäßig mit am Wegesrand oder in Supermärkten aufgelesenen Zettelchen beliefern, auf denen Fremde seltsame, amüsante, wirre, ungesunde oder fragwürdige Gedankenstützen notiert haben.

Zu diesen teils zauberhaften Stichwortsammlungen verfasst Herr Carnal dann Texte und trägt diese zwischendurch auch öffentlich vor.

Termine findet man hier.

Wer jemals im Rahmen eines Campingurlaubs versucht hat, auf einem Gaskocher irischen Rauchlachs auf Stangenspargel in Bärlauch-Vinaigrette und zum Dessert eine Pfirsich-Verveine-Grütze mit Sauerrahmreis auf Himbeerspiegel zu zaubern, wird mir bestätigen, dass dies kein Problem ist.

Man kann auch mit dem bescheidensten Koch-Equipment beachtliche Ergebnisse erzielen.
Der entscheidende Faktor im Inventar einer funktionierenden Küche ist ein guter Koch. Beherrscht er sein Handwerk, wird er mit Töpfen, Pfannen, Messern, Schneidbrett, Schüsseln und Schalen, Kochlöffel, Quirl, zwei Kochplatten und einem Backrohr auskommen.

Doch viele Freizeit-Köche neigen dazu, ihr fehlendes Talent mit der Anschaffung einer Unmenge an Hilfswerkzeugen und Spaßgeräten zu kompensieren und sammeln dutzende Schränke voller special interest - Geräte.

marc carnal

Es wird mir ewig delphisch bleiben, wo und wie man dieses ganze Teleshopping-Klimbim unterbringen soll. Meine Küche ist geräumig und quillt trotzdem über, ohne hunderte Raspeln, Schmortöpfe und Präzisionswaagen zu beherbergen. Das überflüssigste Utensil ist ein Mörser, der trotz der Größe einer Kaffeetasse rund vierzig Kilo wiegt. Eine kurze Erinnerungs-Auswertung ergab, dass ich ihn bisher zweimal benutzt habe.
Schlimm war die letzte Übersiedlung. Jeder Umzugs-Karton brach augenblicklich durch, nachdem ich den scheiß Mörser hineingelegt hatte. Bevor ich mich nun aber mit der Frage verzettle, ob wohl schon jemals das Wort Mörser gemorst wurde, erfreue ich die Leserschaft mit einer Selektion an lächerlichen Küchengeräten:

Entsafter

Im Zuge einer Nachjustierung des Lebenswandels nimmt man sich mitunter vor, gesünder zu essen. Man kauft frische Früchte ein, drapiert sie kunstvoll in einer Schüssel, die man zentral platziert und erfreut sich zwar an diesem farbenfrohen Stillleben, wirft zwei Wochen später dann aber schwarze Bananen und vergreiste Äpfel in den Müll, weil man keine Lust hatte, sich davon zu ernähren.

Um sich zum regelmäßigen Vitaminverzehr zu zwingen, schreitet man schließlich zu einer Verzweiflungstat und kauft einen Entsafter, schließlich fließt Fruchtsaft rasch die durstige Kehle hinunter. Nach durchschnittlich dreimaligem Gebrauch verstaubt das zuerst enthusiastisch benutzte Gerät dann in einem Karton im Keller. Entsafter neigen neben einem beträchtlichen Raumvolumen dazu, aus hunderten Einzelteilen zu bestehen, die nur zu einem geringen Prozentsatz Geschirrspüler-tauglich sind. So kratzt, spachtelt, spült, reibt und scheuert man nächtelang eingetrocknete Birnen-Kleinstteile aus Sieben, Filtern und Röhren und entschließt sich bald leichten Herzens, künftig wieder auf den minderwertigen Supermarkt-Nektar zurückzugreifen.

Apfelentkerner

Einfach beizeiten aufhören zu essen oder zu schneiden. Eine lohnende Besteckfach-Kubikzentimeter-Einsparungsmaßnahme!

Butterdose

Auf obiger Einkaufsnotiz sinnlos mit "für den Kühlschrank" ergänzt, weise ich lediglich darauf hin, dass es vollkommen ausreicht, die Butter im mitgelieferten Papier einzuwickeln. Der Kühlschrank ist eigentlich ein großer Behälter. Man muss keine Essens-Mamuschkas konstruieren und Sub-Behälter anschaffen.

Zitruspresse

Nachdem Küchentische traditionell von einem Papiermüll-Konglomerat aus Rechnungen, Tageszeitungen und Prospekten bedeckt sind, sollte man durch die Lektüre von Orangen-Magazinen oder Grapefruit-Illustrierten nicht zusätzliches Druckwerk ins Haus bringen.

Salatschleuder

Oft wurde ich als Kind darum gebeten, den Salat trocken zu schleudern. Mein Unrechtsbewusstsein soufflierte mir schon damals, dass es keinen triftigen Grund gibt, Blattsalat trocken zu schleudern. Doch meine gute Kinderstube ließ mich meinen leidvollen Küchendienst demütig ertragen.

Heute besitze ich keines dieser primitiven Geräte, zaubere trotzdem weitflächig berüchtigte Salatkreationen und interpretiere meine Schleuder-Verweigerung küchenpsychologisch als endgültige Abnabelung vom Elternhaus.
(Hinweis für Querleser: Der doppelte Wortsinn von "küchenpsychologisch" im letzten Absatz verdient große Bewunderung!)

Eieruhr

Die Schnittmenge junger Menschen, die mit ihrem Smartphone Überweisungen tätigen, Flüge buchen, Gitarren stimmen und Sauftermine verwalten mit jenen, die regelmäßig eine Eieruhr benutzen, ist wahrscheinlich erschreckend hoch.
Eine kühne Behauptung! Doch ich bin eben kühn!

Entenpresse

Diese Errungenschaft ist äußerst unhandlich und dient dem Auspressen von Entenknochen. Wer mir beweisen kann, im Besitz einer Entenpresse zu sein, gewinnt eine Eieruhr.

Teller

Teller sind natürlich sinnvoll. Man kann Speisen drauflegen und sie herumtragen. Ich wollte nur kontrollieren, ob Sie noch aufmerken!

Raclettegrill

Ich möchte nicht behaupten, Raclette sei unbekömmlich. Allerdings verschlingt es Stunden, in den winzigen Schälchen halbwegs sättigende Mengen des zähen Käses zu schmelzen. Dieser Umstand korrespondiert allerdings nicht mit meinem schlangenähnlichen Essverhalten. Ich genieße im Fast-Forward-Modus. Das mag schlecht für Magen und Gewissen sein, aber langsam macht es mir einfach keinen Spaß. Ich habe eigentlich auch keine Freunde, die langsam essen. Will ich damit sagen, dass bedächtiges Schmausen auf schlechte Menschen schließen lässt? Nein, o mon dieu!

Vielleicht lasse ich mich aber zu dem Nebensatz hinreißen, dass man schon eine etwas fragwürdige charakterliche Grundierung aufweisen muss, wenn man sogenannte Spieleabende veranstaltet. Und Raclette und Spieleabende im selben Atemzug zu nennen ist beinahe pleonastisch!

Champagnersäbel

Eigentlich kenne ich zwar den Begriff, weiß aber nicht genau, was ein Champagnersäbel ist. Vermisst habe ich ihn jedenfalls noch nie.

Gemüsebürste

Wenn man bedenkt, dass sich nicht wenige für Mittelalter-Rollenspiele, Squaredance oder Operetten begeistern, vermag es kaum zu verwundern, dass tatsächlich Gemüsebürsten existieren. Auf amazon.de findet man zu einer Gemüsebürste immerhin drei Rezensionen. Der erste Rezensent bemängelt, dass die Borsten zu hart seien und man damit Champignons zerstöre. Er vergibt zwei von fünf Sternen. Doch Rezensent Nummer zwei ist mit dem Produkt sehr zufrieden und kann sich einen Seitenhieb auf den Bürsten-Kritiker nicht verkneifen:

Ein spitzen Produkt, bin total begeistert, vor allem mega günstig! Wie der Name schon sagt, es handelt sich hier um eine Gemüsebürste, leider gibt es immer wieder geistlose Zeitgenossen, die diese Bürste auch für Pilze verwenden.

Bei einem Konkurrenzprodukt wurde ein ebenso begeistertes Review hinterlassen, dieses wurde erneut mit einer Anspielung auf den Pilz-Tölpel versehen. Dieser passionierte Gemüse-Reiniger ist bei Amazon übrigens der zweiterfolgreichste Rezensent.

Man kann mit dem eigenen Alltag rasch ins Reine kommen, wenn man sich vor Augen führt, womit andere ihre Stunden totschlagen.

Abkühlgitter

Ein Abkühlgitter hat so wenige Funktionen, dass es Vorlage für den vielleicht kürzesten Wikipedia-Artikel aller Zeiten ist.

Und damit dieser nicht zum längsten FM4-Artikel aller Zeiten wird, ist er nun recht unvermittelt zu Ende.