Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Online-Museum für gefährdete Sounds"

Paul Pant

Politik und Wirtschaft

2. 6. 2012 - 11:53

Online-Museum für gefährdete Sounds

Wer erinnert sich, wie das Rattern einer VHS-Kassette klingt, oder ein 3,5 Zoll Diskettenlaufwerk? "The Museum of Endangered Sounds" will die Klänge aus der elektronischen Vergangenheit retten.

Was waren das für Zeiten? Kassetten mussten zurück gespult werden, im Fernseher grießelte es noch bei schlechtem Empfang und die ersten 14,4k Modems blockierten die Telefonleitungen. Alles rauschte, piepste und ratterte irgendwie, am Anfang der 1990er. Geräusche und Töne, die Gefahr laufen, irgendwann im Technologie-Nirvana zu verschwinden, befürchtet der US-Amerikaner Brendan Chilcutt. Deswegen hat er ein ehrgeiziges Projekt gestartet: Mit dem "Museum of Endangered Sounds" will er die elektronische Soundkulisse seiner Kindheit für die Ewigkeit speichern und erhalten.

Screenshot: Museum of Endangered Sounds

Screenshot: Museum of Endangered Sounds

Elektronischer Artenschutz

Seit Jänner ist die Seite seines Klang-Museums online. Die ersten 15 Sounds, die Chilcutt für konservierungswürdig erachtet hat, kann man sich bereits anhören. Darunter der Startsound von Windows 95, die Ohrwurm-Melodie von Tetris und der vermutlich bekannteste Klingelton der Welt, der Nokia Tune. Letzter hieß ursprünglich "Gran Vals" (deutsch: Großer Walzer), weil die Melodie aus dem gleichnamigen Gitarrenstück des spanischen Musikers Francisco Tárrega geklaut war. Die Marketingstrategen des finnischen Handybauers waren allerdings irgendwann so von ihrer Schöpfung überzeugt, dass der Klingelton zur Hörmarke erklärt wurde.

Bis 2015 will Brendan Chilcutt sein Museum vervollständigen. Wer Ideen hat, welche Sounds unbedingt ins Museum gehören, kann sich vertrauensvoll per E-Mail an ihn wenden.

Schwelgen in Erinnerungen

Es ist gut vorstellbar, dass der Nokia-Tune bei mancher Hörerin und manchem Hörer heute eher dunkle Erinnerungen an pre-polyphone Klingelton-Dealer weckt, die uns seinerzeit mit Fernsehwerbung auf MTV gequält haben. Allerdings liegt im Kern genau da auch der Charme des Projekts. Beim Durchhören muss man zwangsläufig in seinen Erinnerungen schwelgen. Damit könnte das "Museum of Endangered Sounds" nicht nur ein Geräusch-Archiv werden, sondern auch für alle Besucher eine persönliche Zeitreise ins eigene Sound-Gedächtnis.

Übrigens: Was wurde eigentlich aus den Millionen von piepsenden Tamagotchis? Alle elendiglich eingegangen? Abgründe tun sich da auf.